Viele Unternehmen suchen nach neuen Absatzwegen – schwaches Halbjahr für die Ernährungswirtschaft in Brandenburg

Datum: 11. Juli 2023

Anhaltende Absatzkrise führt auch zu Überlegungen beim Personalabbau aber keine bedrohliche Tendenz bei Betriebsschließungen

Schönwalde-Glien. Zum Ende des ersten Geschäftshalbjahres hat pro agro – der Verband zur Förderung des ländlichen Raumes in der Region Brandenburg-Berlin e.V. – im Rahmen seiner Trendumfrage zur Jahresmitte wieder die Unternehmen der Land- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg zur wirtschaftlichen Lage befragt. Knapp 100 Unternehmen haben auf den detaillierten Online-Frageborgen reagiert und geantwortet.

27 Prozent der teilnehmenden Unternehmen sehen sich nach wie vor mit rückläufigen Umsätzen konfrontiert, ein Drittel  konstatiert Stagnation und ein weiteres Drittel sieht das Ende der Talsohle erreicht und hofft auf einen leichten Positivtrend. Das sind die harten Fakten, mit denen die Produzenten regionaler Lebensmittel in Brandenburg seit Beginn der Ukrainekrise leben müssen. Kai Rückewold, Geschäftsführer des Verbandes pro agro: „Trotz der andauernden Krisen durch Ukrainekrieg, Inflation und Energieteuerung für die regionalen Lebensmittelhersteller, stecken die meisten Unternehmen den Kopf nicht in den brandenburgischen Sand, sondern suchen aktiv in ihren Netzwerken und in Kooperation mit unserem Verband nach neuen Absatzkanälen und neuen strategischen Partnerschaften.“

In der Tat muss zwar bei den Personalkosten angepasst werden und  es gaben auch 18 Prozent der teilnehmenden  Unternehmen an, real Mitarbeiter entlassen zu haben oder zu müssen Auf die Frage welche strategischen Anpassungen in der Krise vorgenommen werden, steht die Suche nach neuen Absatzchancen (59 Prozent) und strategischen Kooperationen (32 Prozent) ganz oben auf dem Aktionsplan. Im Produktionsbereich wird teilweise mit der Anpassung der Sortimente auf die betriebswirtschaftlichen Herausforderungen reagiert. An den Verkauf oder die Schließung des Unternehmens denken ganz wenige der Befragten.

Negativer Trend bleibt: Kostenexplosion bei der Herstellung kann nicht weitergegeben werden

Düster ist das Bild bei den Aussichten für das laufende Geschäftsjahr. 81 Prozent der teilnehmenden Unternehmen beurteilen ihre Geschäftsaussichten als schlechter als im Vorjahr. Nur 12 Prozent der Unternehmen beurteilen die Aussichten als besser. Ein direkter Zusammenhang besteht dabei sicherlich mit den beschränkten Möglichkeiten gegenüber dem Handel oder Verbraucher Preissteigerungen durchsetzen zu können. Die Mehrzahl der teilnehmenden Unternehmen konnte weniger als 30 Prozent der Kostensteigerungen kompensieren. „Um das plastisch zu machen: Zahlt der Verbraucher heute einen Euro mehr für ein Produkt im Laden, so kommt davon nur ein Bruchteil beim Produzenten an. Ich schätze auf den Euro bezogen sind es weniger als 10 Cent“  skizziert Kai Rückewold die Situation.

Insbesondere bedrückend bei dieser Bewertung ist folgendes Umfrageergebnis: Überhaupt nur die Hälfte aller befragten Unternehmen konnte Preissteigerungen beim jeweiligen Handelspartner durchsetzen.

Hintergrundinfo zum pro agro Branchenbarometer

 – Trendumfrage zur Jahresmitte

98 Branchenunternehmen aus Brandenburg haben sich an der Online-Befragung beteiligt: davon sind über 50 Prozent als GbR, GmbH, OHG oder KG organisiert, der andere Teil besteht aus KMUs (kleine und mittelständische Unternehmen) sowie Einzelunternehmen. Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf wissenschaftliche Repräsentativität. Über 60 Prozent der Umfrageergebnisse kommen direkt von pro agro – Mitgliedern.

Warenbörse am 11. Juli in Klaistow

Mit der auch im Branchenbarometer formulierten Zielstellung,  bestehende Absatzkanäle zu intensivieren oder neue aufzubauen, nahmen am 11. Juli einundvierzig regionale Produzenten an der 2. pro agro-Warenbörse in Klaistow teil. Die pro agro-Warenbörse ist eine Plattform auf der Lebensmitteleinzelhandel, Gastronomie, Hotellerie, Catering, Handel, Gemeinschaftsverpflegung sowie Betreiber von Markthallen oder Online-Plattformen in direkten Kontakt zu den Produzenten treten können, um sich über neue Produkte zu informieren und bestehende Geschäftsbeziehungen auszubauen oder neue zu begründen. Zur diesjährigen Veranstaltung hatten sich 196 Vertreter der genannten Branchen angemeldet.  

Der Agrarmarketing-Verband pro agro e.V. engagiert sich seit 30 Jahren für die Vernetzung und Vermarktung von Brandenburger Produkten und Dienstleistungen aus den Bereichen Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie Land- und Naturtourismus. Ein Team von aktuell 16 Mitarbeitern betreut zudem eine Vielzahl von Zukunftsprojekten zur Stärkung der Branche und des ländlichen Raums in Brandenburg/Berlin.