Edeka: „Wir werden die Zusammenarbeit vertiefen“

Datum: 29. Juni 2023

Das Branchentreffen, das kürzlich in den Räumen des Sanddorn-Produzenten Christine Berger GmbH & Co. KG in Petzow stattfand, beschäftigte sich diesmal vor allem mit dem Thema „Regionalität“. Dabei ging es u.a. darum, wie der Lebensmittelhandel in der Hauptstadtregion die Marktchancen regionaler Produkte einschätzt. Die zahlreich teilnehmenden Hersteller hatten Gelegenheit, die damit verbundenen Fragen direkt mit der Edeka Berlin/Brandenburg – vertreten durch Geschäftsführer Hans-Ulrich Schlender und den Leiter Regionaleinkauf Marcus Reh – zu erörtern. Intensiv diskutiert wurden außerdem die Potentiale für einen Ausbau der Zusammenarbeit und der Vermarktungschancen.

Gespannte Aufmerksamkeit: pro agro-Unternehmerstammtisch ganz im Zeichen der Zusam-menarbeit mit dem Handel.
Gespannte Aufmerksamkeit: pro agro-Unternehmerstammtisch ganz im Zeichen der Zusammenarbeit mit dem Handel.

Zur Einstimmung gab Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin/Brandenburg, einen aktuellen Lagebericht über den gesamten Einzelhandel in der Hauptstadtregion. Demzufolge sind die Verbraucher nach wie vor verunsichert, ob sie angesichts der Inflation mit ihrem Geld auskommen. Das spiegelt sich auch im Konsumklima wider, dessen Werte vom Sommer 2021 bis zum Herbst 2022 regelrecht abgestürzt sind; zwar hat sich die Stimmung inzwischen leicht erholt, aber noch längst nicht das Ausgangsniveau erreicht.

Die Kaufzurückhaltung hat, so der Verbandschef weiter, im Lebenshandel zuerst den Bio-Bereich getroffen, gefolgt von regionalen, fair gehandelten und veganen Produkten. Der Einzelhandel werde sich zwar behaupten können, aber ohne Investitionshilfen für Digitalisierung und Energieeffizienz werde das Überleben schwer. „Wir müssen uns darauf einrichten, dass bei uns die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, sagte er, zumal die Kaufkraft in Berlin und Brandenburg „nach wie vor nur schlechtes Mittelmaß“ sei. In Sachen Regionalität merkte Busch-Petersen an, dass das Thema in den Köpfen der Verbraucher offenbar noch nicht richtig angekommen sei. Da es sich hier auch um eine gesellschaftspolitische Frage handele, sei noch jede Menge Informationsarbeit zu leisten.

Mit dem Stichwort Regionalität gab er den rhetorischen Staffelstab weiter an Hans-Ulrich Schlender, der zunächst einige Kennziffern der Edeka Minden-Hannover des Jahres 2022 bekanntgab: knapp 11,3 Milliarden Euro Umsatz, rund 75.800 Mitarbeiter (einschließlich der selbstständigen Einzelhändler), zwei Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche, ca. 1.500 Märkte, 622 selbstständige Einzelhändler; hinzu kommen zwei Fleischwerke, fünf Backwaren-Betriebe und ein Fisch verarbeitender Betrieb. Überdies wurden im Vorjahr 65.000 Quadratmeter Verkaufsfläche neu erschlossen und 230 Millionen Euro in Märkte investiert (Renovierung, Umbau und Neubau); in Brieselang entsteht bis 2026 ein zusätzliches Edeka-Logistikzentrum für rund 1.000 neue Mitarbeiter. Kurzum: Mit diesen Zahlen repräsentiert Minden-Hannover die umsatzstärkste Regionalgesellschaft des Edeka-Verbundes; zum Verbreitungsgebiet gehören Ostwestfalen, Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin.

Edeka-Privatissimum: Hans-Ulrich Schlender (links) und Marcus Reh im Fachgespräch mit Constance Trautmann (Klosterfelder Senfmühle).

Was die Listung regionaler Produkte angeht, machte der Geschäftsführer deutlich, dass Edeka für diese Thematik stets offen ist – nicht nur aus Gründen der Verbrauchernachfrage und der Sortimentsvielfalt, sondern auch aus übergeordneten Überlegungen, denn „wir wollen die Region stärken“, wie er betonte. Grundsätzlich stehe Edeka „beratend zur Verfügung, und zwar vom kleinen bis zum größeren Hersteller in der Region“. Marcus Reh erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass Regionalität allein als Verkaufsargument nicht reicht: „Das Produkt muss auch den Qualitätsansprüchen der Konsumenten gerecht werden“, sagte er und bekräftigte, dass er dies als Gesamtpaket einer Zusammenarbeit des Händlers mit den Herstellern sieht.

Zur Brandenburger Unternehmer-Initiative „Regionale Lebensmittel einkaufen – Jetzt erst recht!“ merkte Hans-Ulrich Schlender an, dass er eine solche Aktion für richtig und gut hält und der Handel gern von Anfang an dabei ist. Gleichzeitig gab er zum Ausdruck, dass er den Ruf nach Unterstützung durch die Politik nur bedingt für zielführend hält. Dahinter steht die Überzeugung, dass es Sache der Lebensmittelwirtschaft selbst ist, für eine erhöhte Nachfrage nach regionalen Produkten zu sorgen.  „Denn Regionalität kann nicht jeder“, bekräftigte er, „aber wir als Handelsunternehmen können und wollen das, um eine win-win-Situation für uns und die Produzenten zu schaffen“.

Sebastian Kühn (Eberswalder Wurst) erläuterte in diesem Zusammenhang das Ziel der Kampagne, nämlich Nachfragedruck beim Verbraucher aufzubauen. Da die notwendigen Marketingmaßnahmen viel Geld kosten (was die Initiatoren finanziell teilweise überfordert), hat man sich eben auch um Landesmittel bemüht. „Allein kommen wir nicht von der Stelle“, sagte Kühn und appellierte an die Edeka, „gemeinsam mit uns dafür zu sorgen, dass die Kunden verstärkt regionale Produkte kaufen“.

Entspannte Atmosphäre: Sebastian Kühn (Eberswalder Wurst, links) und Rainer Kempkes (Golßener).

Bei den beiden Edekanern fiel der Appell auf fruchtbaren Boden. „Wir werden die Zusammenarbeit vertiefen“, versprach Marcus Reh, wies aber gleichzeitig darauf hin, „dass wir unsere selbstständigen Einzelhändler für die regionale Sortimentsstrategie ebenfalls gewinnen müssen“. Hintergrund: Listung allein genügt nicht, die Marktleiter müssen die gelisteten Produkte auch ordern. Das ist mit individueller Überzeugungs- und viel Kleinarbeit verbunden.

Einen Tag nach diesem offenen und fruchtbaren Gedankenaustausch erreichte uns folgende Mail des Teilnehmers Frank Gersdorf (Gläserne Molkerei): „Es war für mich eine sehr informative und gelungene Veranstaltung, auch wenn es zu den Themen Regionalität und Zusammenarbeit mit dem Handel noch Luft nach oben gibt. Ansätze sind sichtbar, nur muss noch viel getan werden, um auch wirklich in der Fläche voranzukommen und regionale Produkte deutlich wahrnehmbar für den Kunden zu platzieren und in sein Bewusstsein zu rücken.“

Ein persönliches Fazit, das Inhalte sowie eine gewisse Aufbruchstimmung auf den Punkt gebracht hat!