Saisongeschäft mit Weihnachtsgänsen

Datum: 30. November 2023

Alle Jahre wieder…steht der Gänsebraten auf dem Tisch. In deutschen Haushalten wird das weihnachtliche Ritual nach wie vor gern zelebriert. Mag auch die festtägliche Speisekarte nicht den jährlichen Höhepunkt internationaler Kochkunst versprechen – für eine liebgewordene und gepflegte Tradition steht sie allemal: für deftige Hausmannskost im Kreise der Familie statt exotischer Kulinarik in Sterne-Restaurants. Wir sind der Frage nachgegangen, wie sich diese Tradition in Zahlen ausdrückt und welche Rolle das spezifische Marktgeschehen im Land Brandenburg spielt. Wobei es in diesem Bericht ausschließlich um Gänse geht und nicht um Puten, Enten & Co.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gesamtsituation in Deutschland. Hier liefert uns das Statistische Bundesamt (Destatis) recht eindeutige Zahlen. So wurden hierzulande über das gesamte Jahr 2022 knapp 1,8 Millionen Tonnen Geflügelfleisch verbraucht. Die Rede ist dabei von Hühnern, Enten, Gänsen und Puten. Hühnerfleisch liegt mit gut 1,3 Millionen Tonnen einsam an der Spitze, gefolgt von Puten- (406.000 Tonnen) und Entenfleisch (gut 55.000 Tonnen). Weit abgeschlagen liegt Gänsefleisch mit gerade mal 22.000 Tonnen Verbrauch auf dem letzten Platz – ein klarer Hinweis darauf, dass die Gans eher ein Saisonprodukt ist. Darüber hinaus berichtet Destatis, dass die deutschen Gänsefleisch-Importe 2022 insgesamt knapp 14.800 Tonnen betrugen, wovon der Löwenanteil (gut drei Viertel) aus Polen und 21,5 Prozent aus Ungarn stammten.

Ergänzend schickte uns der Geflügelwirtschaftsverband Brandenburg die Information, dass in Deutschland jährlich ca. 800.000 Gänse gemästet werden, was einer Produktion von rund 4.100 Tonnen Gänsefleisch entspricht; davon wird etwa die eine Hälfte direkt vermarktet bzw. privat gehalten und die andere in Gänseschlachtereien verarbeitet und vermarktet. Das Preisniveau für deutsche Gänse liegt in diesem Jahr etwa auf dem Niveau von 2022, der Abgabepreis an Verbraucher pendelt zwischen 18 und 21 Euro pro Kilo Frischware. „Importware ist wesentlich günstiger zu haben“, sagt Geschäftsführerin Dr. Katharina Standke. „Diese Gänse kosten neun bis zehn Euro für ganze Schlachtkörper. Dabei handelt es sich allerdings um Tiefkühlware.“

Soweit die „Großwetterlage“ des Gänsefleischmarktes. Wie aber stellt sich die Situation hier in der Region dar? Der Verband schätzt die gezüchtete und verkaufte Zahl der Tiere in Brandenburg auf ca. 100.000 bis 120.000 Stück, was „über die letzten Jahre als recht stabil“ einzustufen sei. Es sei ferner davon auszugehen, dass etwa 60 Prozent frisch an Weihnachten und 40 Prozent zum Martinstag (ebenfalls frisch) oder als TK-Ware vermarktet werde. Die Nachfrage nach deutschen Gänsen wird als gut bezeichnet. Und: „Da die Geflügelhalter ihre Bestände als Folge der Vogelgrippe etwas reduziert haben, dürfte es keine Überhänge im Markt geben.“

Wie man sich das Weihnachtsgans-Geschäft (einschl. Martinstag) in der Praxis vorzustellen hat, soll am Beispiel zweier Betriebe aus Brandenburg dargestellt werden, nämlich Hof Kremmen und Dithmarscher Geflügel (Seddiner See).

Hof Kremmen. Hier werden vor Ort ca. 5.000 Tiere gemästet und nach der Schlachtung direkt (regional) vermarktet. Die Haltung ist artgerecht, d.h. die Gänse können sich „rund um die Uhr im nahrhaften Grünland des Rhinluchs bewegen. Wir nennen das auch gern bäuerlich, da wir das zugefütterte Getreide in unserem Betrieb selbst anbauen und ernten“, betont Geschäftsführerin Beate Gebauer. Etwa 55 Prozent der Tiere werden über den eigenen Hofladen stationär und online (kein Versand, nur Bestellservice) sowie 23 Prozent auf Wochenmärkten vermarktet; im Hofrestaurant kommen 17 Prozent des Bestandes zum Verzehr auf den Tisch und 5 Prozent verlassen als fertige Braten mit allen Beilagen den Betrieb. Der Kilopreis beträgt wie im Vorjahr 18,90 Euro. „Wir rechnen mit einer steigenden Nachfrage“, sagt die Geschäftsführerin.

Dithmarscher Geflügel. Im Unterschied zu regionalen Direktvermarktern ist der Vertrieb dieses Unternehmens bundesweit aufgestellt; verkauft wird die Ware praktisch ausschließlich über Absatzmittler. Entsprechend hoch liegen die Zahlen, die uns Geschäftsführer Mirko Pabel zur Verfügung gestellt hat. Da reden wir beispielsweise über eine Stückzahl von rund 200.000 Gänsen, die während der Saison in ganz Deutschland vermarktet werden, davon die Mehrzahl (60 Prozent) als tiefgekühlte Ware. Ebenso sieht das Verhältnis von ganzen Tieren zu Teilstücken aus, nämlich 60 zu 40 Prozent. Gut zwei Drittel der verarbeiteten Gänse (65 Prozent) werden an den LEH, ein Viertel an den Großhandel und der Rest anderweitig vermarktet.

Bei diesen hohen Stückzahlen stellt sich die Frage, woher das Unternehmen die Gänse bezieht. „Wir arbeiten mit ca. zwanzig Mastbetrieben in Nord- und Ostdeutschland zusammen, rund ein Drittel davon ist in Brandenburg angesiedelt.“, sagt Mirko Pabel. An den Endverbraucher geht frische Ware zum Preis von rund 18 Euro pro Kilo, wobei er je nach Region und Vertriebsweg zwischen 16 und 20 Euro schwanken kann. „Die Nachfrage ist lebhaft, Gänse werden rege gesucht“, fügt er hinzu. Sehr wichtig ist ihm der Hinweis, dass die von den Partnerbetrieben gemästeten Gänse ausschließlich in „bäuerlicher Freilandhaltung“ aufwachsen. Das sei durch unabhängige Kontrollen des Bundesverbands Tierschutz sichergestellt. „Die Gänse bekommen ausschließlich natürliches, gentechnikfreises Futter ohne Soja“, ergänzt er. Versteht sich, dass Lebendrupf und Stopfmast ein absolutes Tabu sind.