Ein Branchentreffen, das es in sich hatte

Datum: 15. Februar 2024

Offenes Ohr: Minister Axel Vogel (hinten, Mitte) beim Stammtisch der Ernährungswirtschaft.

Das nennt man gutes Timing: Gerade mal eine Woche war es her, dass die wenig ersprießlichen Ergebnisse des Branchenbarometers der Brandenburger Ernährungswirtschaft veröffentlicht worden waren, als etlichen Unternehmen sich die Gelegenheit bot, ihre Sorgen und Nöte „live“ kundzutun. Anlass war der Stammtisch der Ernährungswirtschaft, der am 22. Januar 2024 wie gewohnt während der Grünen Woche in der Brandenburghalle stattfand. Im Unterschied zur anonymisierten Erhebung des Barometers war dies die Chance, den anwesenden Landwirtschaftsminister Axel Vogel persönlich mit ihren zum Teil sehr kritischen Äußerungen zu konfrontieren und ein direktes Feedback zu erhalten – ein offener Austausch, der für Klarheit sorgte.

Schon während der allgemeinen Vorstellungsrunde gingen die Teilnehmer zur Sache und nutzten die Gunst der Stunde, den Minister aus Unternehmersicht mit den Verwerfungen des Marktes und den zum Teil lähmenden politischen Rahmenbedingungen zu konfrontieren. Was die wirtschaftlichen Aspekte angeht, standen die Kostenprobleme (Energie, Rohstoffe, Logistik, Personal) im Vordergrund – Themen also, die schon in der Barometer-Befragung eine zentrale Rolle gespielt haben. So wies Willi Stollenwerk (Spreewald Feldmann) beispielsweise darauf hin, dass infolge der erhöhten Lkw-Maut die Transportkosten spürbar gestiegen sind; diese zusätzliche finanzielle Belastung würde voll bei den Erzeugern und Verarbeitern von Lebensmitteln hängenbleiben, da der Handel jede Beteiligung strikt ablehne.

An die Adresse der Politik wiederum wurde hauptsächlich über bürokratische Hemmnisse geklagt, verbunden mit der dringenden Bitte an Minister Vogel, „sich für mehr Planungssicherheit stark zu machen und den Genehmigungsmarathon zu verringern“, wie Hanka Mittelstädt (Ucker-Ei) sagte. Energisch unterstützt wurde diese Forderung von Thomas Syring (Syringhof), der sogar von bürokratischer „Gängelei“ sprach, wodurch seine Freiheiten als Landwirt zunehmend eingeschränkt würden. Überspitzt brachte Christoph Lehmann (Agrar GmbH Bergsdorf) diese Tatsache auf folgenden Nenner: „Es ist schon lange kein unternehmerisches Agieren mehr möglich, sondern im Wesentlichen nur noch ein Reagieren auf behördliche Auflagen.“

Deutlich zum Ausdruck gebracht wurde auch, dass die Regulierungswut aller politischen Ebenen (EU, Bund, Länder) nicht nur jedes unternehmerische Handeln belastet, sondern auch die nationale wie internationale Wettbewerbsfähigkeit in Mitleidenschaft zieht. „Wir brauchen gleiche Regeln für gleiche Märkte, um im Wettbewerb zu bestehen“, sagte Benjamin Meise (Fürstenwalder Agrarprodukte). Denn durch die immer höher geschraubten Standards „sägen wir im offenen Wettbewerb an dem Ast, auf dem wir sitzen“, kritisierte Malte Voigts (Spargelhof Kremmen). Oder, wie es Thomas Syring auf den Punkt brachte: „In dieser schwierigen Lage müssen alle Beteiligten lösungs- und problemorientiert arbeiten – Unternehmen wie Behörden.“

Minister Vogel seinerseits bekannte, dass er die praktischen Probleme der Branche zwar nachvollziehen, aber nicht in jedem Falle unmittelbar zur Lösung beitragen könne. „Ich bin primär Landwirtschaftsminister des Landes Brandenburg“, sagte er, „und habe in dieser Funktion zum Beispiel keinen Einfluss auf die Entwicklung der Energiepreise“. Unabhängig davon könne und werde er die genannten Probleme in die zuständigen Entscheidergremien einbringen.

Anders verhält es sich, so der Minister weiter, beim Thema Bürokratieabbau. Ministerpräsident Dietmar Woidke und er hätten sich am 18. Januar in einem Gespräch mit dem Landesbauernverband Brandenburg darauf geeinigt, dass die Landwirtschaft der Landesregierung konkrete Maßnahmen zur Lösung des Problems vorschlägt. „Ich werde dem Ministerpräsidenten zudem empfehlen, die Ernährungswirtschaft in die Überlegungen einzubeziehen. Denn beide Wirtschaftszweige sind untrennbar miteinander verbunden“, sagte er.

Gleichzeitig betonte er, dass die Brandenburger Landwirtschaft „ohne Fördermittel im Grunde nicht überlebensfähig ist.“. Deshalb werde sie auch weiterhin unterstützt. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass über die Europäische Innnovationspartnerschaft für Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (EIP-AGRI) und die vom Land dafür neu aufgelegte Richtlinie wieder Fördermittel für innovative Projekte zur Verfügung stehen. „Im ersten Aufruf“ handelt es sich um einen Topf mit 15 Millionen Euro. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 5. April (weitere Informationen finden Sie hier).

Überdies bekräftigte Vogel, dass sich sein Ministerium auch in Zukunft intensiv für die Belange der Ernährungswirtschaft engagieren wird. So informierte er die Teilnehmer, dass der Dienstleistungsvertrag für das Agrarmarketing, in der Praxis umgesetzt vom Verband pro agro, für weitere fünf Jahre gesichert ist. „Das ist mir wichtig zu betonen“, hob er hervor. Außerdem wird die Fortführung der Verbraucherkampagne „Regionale Lebensmittel kaufen – jetzt erst recht!“ in diesem Jahr mit bis zu 500.000 Euro unterstützt.