Ukraine-Krise und Lebensmittelversorgung

Datum: 31. März 2022

Anfang März schauten Ladenbesucher vielerorts in leere Regale

So weit wird’s nicht kommen: leere Regale im LEH

Der Krieg in der Ukraine lässt nicht nur die Energiepreise rapide steigen. Damit einher gehen erhebliche Lieferengpässe bei Rohstoffen (Getreide, Ölsaaten etc,), wodurch die Lebensmittelbranche einem doppelten Stresstest ausgesetzt ist: Anstieg der Rohstoffkosten auf der einen Seite, Hamsterkäufe der Verbraucher auf der anderen. Die Politik versucht die Märkte zu beruhigen: „Die Versorgung ist sichergestellt“, sagt Ernährungsminister Cem Özdemir. Ist das so? Wir haben uns beim regionalen Handel umgehört.

EDEKA Handelsgesellschaft Minden-Hannover mbH
„Aktuell können wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten eine ausreichende Versorgung mit allen Produkten des täglichen Bedarfs sicherstellen und blicken auf eine stabile Versorgungslage. Es kommt allerdings aufgrund des derzeitigen Einkaufsverhaltens unserer Kunden bei bestimmten Produkten (Speiseöle, Mehl) zu kurzzeitigen Lieferengpäs- sen. In solchen Fällen können unsere Kunden von der Vielfalt im EDEKA-Sortiment profitieren und auf Produktalternativen oder andere Marken- und Eigenmarken zurückgreifen.“
Marcus Reh, Abteilungsleiter Regionaleinkauf Berlin/Brandenburg, Sachsen-Anhalt

REWE Group
„Grundsätzlich ist die Lebensmittelversorgung gesichert. Nach einer ersten Hamsterwelle Anfang März, die auf Solidaritätskäufe für die Ukraine zurückzuführen ist, befinden wir uns aktuell in einer zweiten Hamsterwelle – einer Bevorratungswelle, um die eigenen Keller zu befüllen. Solidarisch einkaufen heißt, den anderen Kundinnen und Kunden auch etwas übrig zu lassen. Eben haushaltsübliche Mengen zu kaufen. Auf diese Größenordnung sind Produktion und Lieferlogistik ausgerichtet.“
Jan Schleicher, Leiter Category Management REWE Ost

BIO COMPANY SE
„Getreide und Sonnenblumen sind in vielen Produkten, vom Futtermittel bis zum Lebensmittel enthalten. Voraussichtlich werden die weltweit zur Verfügung stehenden Mengen in 2022 und darüber hinaus durch Ernteausfälle und Handelsbeschränkungen geringer ausfallen als gewohnt. Preissteigerungen und Knappheiten können die Folge sein. Vermutlich wird aber die ökologische Lebensmittelwirtschaft etwas weniger stark tangiert werden als die konventionelle. Denn der Anteil an eingesetzten Roherzeugnissen aus der Ukraine und Russland ist hier etwas geringer.“
Felix Wachsmuth, Leitung Sortiment & Einkauf

Netto ApS & Co. KG
„Auch wir haben aufgrund der immensen Nachfrage die Abgabe von Mehl und sämtlichen Ölarten seit letzter Woche auf mittlerweile zwei Stück pro Einkauf limitiert. Produkte mit ebenfalls erhöhter Nachfrage sind Konserven, Nudeln und Toilettenpapier. Wir werden bei allen Warengruppen weiterhin im Rahmen der vertraglich vereinbarten Mengen regulär beliefert, so dass bei normaler Nachfrage keine Engpässe entstehen (würden).“
Dr. Markus Ungruhe, Leiter Marketing & Kommunikation

Transgourmet Deutschland GmbH & Co. KG
„Bisher ist eine Verknappung von handelsüblicher Ware nicht in Sicht. Natürlich verschärfen die Hamsterkäufe durch die Medien getrieben die Situation kurzfristig. Wir versuchen solchen Hamsterkäufen mit Kürzungen auf die normal üblichen Mengen entgegenzuwirken. Mehr Sorgen machen uns die labilen Lieferketten in der Logistik, seitens unserer Lieferanten und deren Spediteuren. Das ist dem Fachkräftemangel zuzuschreiben, verschärft durch hohe Corona-Inzidenzen sowie den Wegfall der ukrainischen Kraftfahrer, die jetzt als Soldaten ihr Vaterland verteidigen müssen.“
Volker Lathwesen, Vertriebsleitung Gemeinschaftsverpflegung EVE Nord-Ost

Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V.
„Der Lebensmittelhandel in Berlin-Brandenburg bleibt stark, er verfügt über ein starkes Netzwerk. Hier wird keiner verhungern. Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gesichert. Mit temporären Lücken in einzelnen Warengruppen ist allerdings zu rechnen.“
Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer

Info-Tipp
Der Verein Food – Made in Germany e.V. (FMIG) hält zum Thema umfangreiches Informationsmaterial bereit, darunter BMEL-Marktstudien zu den Lebensmittelbranchen in der Ukraine und Russland:

Ukraine, BMEL Länderbericht, Mai 2021
Russische Föderation, Länderbericht, April 2020

Ausführliches Zahlenmaterial zum Außenhandel Deutschlands mit den Ländern Ukraine, Russland und Belarus (jeweils Waren der Land- und Ernährungswirtschaft 2021) stellt FMIG unter folgendem Link zur Verfügung:

Alle drei Länder, sortiert nach Wert.

Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln in Deutschland