Existenzsorgen bei Erzeugern und Verarbeitern

Datum: 23. Februar 2023

Die Brandenburger Ernährungswirtschaft bleibt im Krisen-Modus. Die schon im Corona-Jahr 2021 arg gebeutelten Unternehmen – landwirtschaftliche Erzeuger ebenso wie verarbeitende Betriebe – sahen sich 2022 nahtlos mit der nächsten Krise konfrontiert: Ukraine-Krieg, Kosten-Explosion, Inflation. Die Stimmung hat sich aufgrund jener überaus negativen Rahmenbedingungen weiter verschlechtert. Das hat sich auch im Mitte Januar veröffentlichten pro agro-Branchenbarometer 2022 niedergeschlagen.

Das düstere Bild spiegelt sich beispielsweise in der Beurteilung des Geschäftsjahres 2022 wider: 59 Prozent der Befragten gaben zu Protokoll, die Lage sei im Vergleich zum Vorjahr schlechter geworden (ein Viertel klassifizierte sie sogar als „deutlich schlechter“); 19 Prozent sahen weder eine positive noch negative Entwicklung und nur 23 Prozent hielten die Situation für besser als 2021 (siehe Grafik „Wie beurteilen Sie das Geschäftsjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr?“).

„Die Kostenspirale bei gleichzeitig stagnierenden Preisen durch die Handelspartner sowie die inflationsbedingte Flucht der Verbraucher in No Name- und Billigprodukte bereiten unseren Mitgliedern und Patnern heftige Existenzsorgen“, fasst pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold die wirtschaftliche Bestandsaufnahme zusammen.

Als Vermarktungsweg nutzen über zwei Drittel der befragten Unternehmen (67 Prozent) hauptsächlich den Lebensmitteleinzelhandel (LEH), der somit der wichtigste Absatzkanal der Ernährungswirtschaft in der Hauptstadtregion ist. Gleichzeitig erzielen 48 Prozent der Unternehmen im LEH auch den stärksten Umsatzanteil.

Eine große Rolle bei der Vermarktung spielen ferner die Direktvermarktung und die Gastronomie mit 54 bzw. 53 Prozent, gefolgt von Großhandel/Gemeinschaftsverpflegung (49 Prozent) und Online-Handel (35 Prozent).

Ein „Dauerbrenner“ in der Branche ist das heikle Thema, ob und in welchem Umfang Kostensteigerungen der Produzenten an den Handel weitergegeben werden können, zumal in derart schwierigen und belastenden Zeiten wie gegenwärtig. Bei der Frage, um wieviel Prozent die individuellen Erzeugerpreise steigen müssten, um eine deutlich nachhaltige Zukunftsperspektive entwickeln zu können, sah nur eine verschwindend geringe Minderheit (4 Prozent) keine Notwendigkeit für eine Erhöhung. Die deutliche Mehrheit war der gegenteiligen Meinung und stellte in der Spitze (42 Prozent) sogar notwenige Preissteigerungen von mehr als 20 Prozent in den Raum.

Hanka Mittelstädt, Vorstandsvorsitzende von pro agro und gleichzeitig Inhaberin der Ucker-Ei GmbH, brachte das Dilemma folgendermaßen auf den Punkt: „Im Klartext muss aber auch gesagt werden: Von den extrem gestiegenen Preisen im Regal oder an der Ladentheke sehen wir als Hersteller recht wenig.“ 

Vom Verband selbst wünschen sich die Befragten die Unterstützung bei Projekten zu Nachhaltigkeit und bei der Förderung regionaler Wertschöpfungsinitiativen, gefolgt von aktiver Interessenvertretung gegenüber Politik und der breiten Öffentlichkeit. Um die künftige Vermarktung regionaler Produkte aus Brandenburg weiter zum Erfolg zu führen, hat der Verband eine breit angelegte Marktstudie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse demnächst vorgestellt werden. Erste Auswertungen zeigen bereits, dass mit verstärkten Anstrengungen in der Verbraucherkommunikation große Erfolgspotenziale für regionale Produkte aus Brandenburg zu realisieren sind.

Informationen zur Umfrage

Von den rund 650 Unternehmen haben sich 85 an der Online-Befragung beteiligt. 51 Prozent der teilnehmenden Unternehmen erwirtschaften bis zu einer Million Euro Umsatz und 35 Prozent über drei Millionen Euro (davon 10 Prozentpunkte über 50 Millionen Euro). Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf wissenschaftliche Repräsentativität, ist aber aussagekräftig genug für ein klares Meinungsbild. 79 Prozent der Umfrageergebnisse kommen direkt von pro agro-Mitgliedern. Grafiken zur Umfrage können Sie unter folgender Adresse anfordern: presse@proagro.de.