Vermarktung regionaler Produkte

Eine Verbraucherbefragung der Bonner Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) im Frühjahr 2025 hat ergeben, dass regionale Lebensmittel weiterhin sehr beliebt sind. Mehr noch: Beim Wocheneinkauf der Verbraucher spielen sie eine größere Rolle als nachhaltige oder ökologisch erzeugte Lebensmittel. Diese und andere interessante Brancheninformationen vermittelte Judith Dittrich (Foto), Marktanalystin Verbraucherforschung der AMI, auf der Fachtagung „Direktvermarktung und Ernährungshandwerk“ am 16. Oktober 2025 in der Heimvolksschule am Seddiner See. Gleichzeitig warf sie einen Blick auf die Vertriebskanäle und ihre wirtschaftliche Bedeutung im Rahmen dieses Vermarktungssegments. Hier die von der Expertin zusammengefassten Ergebnisse ihres Vortrages.

Die vergangenen Jahre waren von zahlreichen Krisen geprägt, die sich auch auf das Einkaufsverhalten der Verbraucher ausgewirkt haben. Zuletzt war es eine anhaltend hohe Inflation, die den Preis eines Produkts bei der Kaufentscheidung wieder stärker in den Fokus der Verbraucher gerückt hat. Ein kurzer Rückblick: Während der Corona-Pandemie stand vielen Verbrauchern mehr Geld zur Verfügung und dieses wurde damals zum großen Teil für Lebensmittel ausgegeben. Die Verbraucher gönnten sich höherpreisige Produkte und setzten sich bewusster mit dem Thema Ernährung auseinander.

Mit Beginn der hohen Inflation Anfang 2022 hat sich dies komplett verändert. Die Verbraucher schauen beim Einkaufen wieder mehr auf den Preis. Um dennoch beim Lebensmitteleinkauf zu sparen, nutzen die privaten Haushalte verschiedene Möglichkeiten. Eine Maßnahme ist dabei der Wechsel der Einkaufsstätte. Seit der hohen Inflation werden die Discounter wieder stärker von den Verbrauchern genutzt. Denn hier sind die Produkte in der Regel günstiger. Allgemein kann sich der Lebensmitteleinzelhandel aktuell behaupten, während kleinere eigenständige Geschäfte eine negative Entwicklung zeigen.

In diesem Jahr setzen sich diese Entwicklungen fort – auch in Brandenburg/Berlin. Die AMI analysiert auf Basis des Haushaltspanels von YouGov CP Germany das Einkaufsverhalten der privaten Haushalte. Im Rahmen eines Haushaltspanels erfassen die privaten Haushalte ihre Lebensmitteleinkäufe, die für den Verzehr zu Hause gedacht sind. Die Analyse bezieht auch Einkaufsstätten wie Hofläden, Wochenmärkte, Metzgereien und Bäckereien ein. Die Daten zeigen, dass im laufenden Jahr (Januar bis Juli) die Bio-Supermärkte in Brandenburg/Berlin das größte Wachstum verzeichnen. Für frische Lebensmittel sind hier die Verbraucherausgaben um rund 57 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die Bio-Supermärkte hatten vor allem in der Zeit der hohen Inflation mit sehr negativen Entwicklungen zu kämpfen. Allerdings steigen die Kundenzahlen wieder, und die Nachfrage entwickelt sich positiv – vor allem in Berlin. Neben den Bio-Supermärkten hat auch der Online-Handel in Brandenburg/Berlin in diesem Jahr kräftig zugelegt – ebenfalls getrieben durch die Ballungsregion Berlin.

Anders sieht es da bei den Fachgeschäften, Wochenmärkten und der Direktvermarktung aus. Diese zeigen im laufenden Jahr deutlich rückläufige Zahlen. So liegen die Verbraucherausgaben für frische Lebensmittel in Fachgeschäften wie Bäckereien, Metzgereien sowie Obst- und Gemüse-Fachgeschäften um 19 Prozent unter dem Vorjahr. Die Direktvermarktung verzeichnet ein Minus von rund 14 Prozent, die Wochenmärkte verloren sogar etwa 41 Prozent. Aufgrund der anhaltend hohen Preise reduzieren die Verbraucher vor allem in diesen Geschäften ihren Einkauf – sie kaufen seltener dort ein und in geringeren Mengen. Doch nicht überall geht das mit einem Verlust an Kunden einher. So ist die Kundenfrequenz bei den Bäckereien in Brandenburg und Berlin in diesem Jahr trotz höherer Preise bisher stabil geblieben. Und in der Direktvermarktung haben in diesem Jahr sogar etwa 11 Prozent mehr Haushalte eingekauft als im Vorjahr.

Die Zeiten bleiben wegen der wirtschaftlichen und geopolitischen Entwicklungen schwierig. Eine Verbraucherbefragung der AMI zeigt jedoch, dass regionale Lebensmittel weiterhin beliebt sind. Im Frühjahr dieses Jahres hat die AMI etwa 1.000 Verbraucher zu ihrem Einkaufsverhalten in Bezug auf regionale, nachhaltige und ökologisch erzeugte Lebensmittel befragt. Dabei hat sich deutlich gezeigt, dass regionale Lebensmittel beim Wocheneinkauf einen größeren Stellenwert haben als nachhaltige oder ökologisch erzeugte Lebensmittel. So gaben 46 Prozent der Verbraucher in Deutschland an, dass sie gezielt regionale Lebensmittel einkaufen. Bei nachhaltigen Lebensmitteln und Bio-Lebensmitteln fällt der Anteil mit jeweils 35 Prozent dagegen spürbar niedriger aus.

Wenn es um die regionale Herkunft geht, sind laut Verbraucherangaben die Top-3 Warengruppen: Eier, Brot/Backwaren sowie frisches Obst, Gemüse und frische Kartoffeln. In diesen Segmenten fällt das regionale Angebot häufig am größten aus. Bei Sortimenten wie Milch/Milcherzeugnisse, Fleisch/Wurstwaren sowie Fisch/Fischerzeugnisse, spielt die regionale Herkunft eine etwas geringere Rolle. Hier ist das Produktangebot in der Regel eingeschränkter. Besonders selten kaufen die Verbraucher verarbeitete Lebensmittel oder pflanzliche Alternativprodukte aus der Region. Tendenziell gilt: je stärker die Produktverarbeitung, desto geringer die regionale Bedeutung. Anders ausgedrückt: Je mehr Zutaten in einem Lebensmittel, desto schwieriger ist der komplette Bezug aus der Region.

Die Befragung hat außerdem gezeigt, dass die Verbraucher vor allem positive Aspekte mit regionalen Lebensmitteln verbinden. So assoziieren sie Themen, wie Frische, kurze Transportwege, Saisonalität und die Unterstützung der ansässigen (Land-)Wirtschaft, mit Regionalität. Doch auch eine hohe Qualität und einen guten Geschmack verbinden die Verbraucher häufig mit Lebensmitteln aus der Region.

Fazit: Trotz schwieriger Zeiten für die Branche sind regionale Lebensmittel weiterhin gefragt und von den Verbrauchern gewollt. Allerdings verschiebt sich häufig der Einkaufsort dieser Produkte hin zu Discountern und Supermärkten. Dies bietet aber auch Potenzial, die eigenen Produkte einer breiten Kundschaft anbieten zu können.

Die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) ist ein neutrales Marktforschungsunternehmen, das sich auf die Agrar- und Lebensmittelmärkte fokussiert. Sie stellt alle relevanten Fakten, Informationen und Nachrichten zu diesen Märkten zusammen und analysiert diese. Dabei nutzt die AMI eigene Primär- wie auch Sekundärerhebungen. Die Fakten-Analysen der AMI-Marktexperten geben ein objektives Bild über die komplexen und internationalen Märkte der Agrar- und Ernährungswirtschaft.