Tag der Direktvermarktung und des Ernährungshandwerks

Bewährtes Format: Gelungener Mix aus unternehmerischer Praxis und politischer Flankierung

Auch die 16. Ausgabe der von pro agro und dem „Forum ländlicher Raum – Netzwerk Brandenburg“ organisierten Veranstaltung fand großen Zuspruch. Insgesamt 65 Teilnehmer aus Unternehmen der Direktvermarktung und des Ernährungshandwerks im Land Brandenburg, Vertreter der regionalen Wirtschaftsförderung und der ländlichen Entwicklung sowie Gäste aus Politik und Vermarktung waren am 19. Oktober der Einladung in die Heimvolkshochschule am Seddiner See gefolgt, um über innovative Vermarktungsstrategien zu diskutieren. Der von pro agro-Bereichsleiterin Kristin Mäurer moderierte inhaltliche Mix aus Grundsatzfragen, Praxiserfahrungen und Handlungsempfehlungen hatte sich auch diesmal bestens bewährt.

Zu Beginn der Veranstaltung wies die Unternehmerin und stellvertretende pro agro-Vorsitzende Dorothee Berger auf die fundamental wichtige Rolle der Ernährungswirtschaft in Brandenburg hin. Sie machte deutlich, dass es eben nicht nur um die Herstellung von Produkten, sondern auch um die Rolle der Branche im sozialen Gefüge des Landes geht. „Wir gehören zur ländlichen Familie“, sagte sie und ergänzte: „Wir sind das Rückgrat des ländlichen Raumes. Wir sind das Gesicht Brandenburgs.“ Es müsse darüber diskutiert werden, „wie wir unsere Bedeutung für das Land nicht nur in die Köpfe der Verbraucher, sondern auch in die Köpfe von Handel und Politik bekommen“.

Aus Sicht der Politik thematisierte MLUK-Staatssekretärin Anja Boudon die derzeit größten Herausforderungen der Branche, nämlich die massiv gestiegene Kostenbelastung der Unternehmen und die hohe Preissensibilität der Konsumenten. Politik und Wirtschaft müssten angesichts dieser Situation die Lieferketten resilienter gestalten und die regionalen Wertschöpfungsketten stärken. Sie bekräftigte, dass das Brandenburger Landwirtschaftsministerium weiter an der Seite der heimischen Lebensmittelerzeuger und -verarbeiter steht. Beispielhaft nannte sie unter anderem die Unternehmerinitiative „Regionale Lebensmittel kaufen – jetzt erst recht!“, die vom Ministerium unterstützt wird; weitere Förderung der Kampagne im nächsten Jahr stellte sie in Aussicht.

Der Wert der Veranstaltung besteht indessen nicht nur in der gegenseitigen Vergewisserung des kooperativen Miteinanders von Politik und Wirtschaft, sondern vor allem in der Wissensvermittlung über den Einsatz geeigneter und erfolgversprechender Vermarktungsinstrumente. So wurden auch diesmal etliche Best Practice-Beispiele präsentiert – wie immer aus berufenem Munde, meistens von handelnden Personen aus Brandenburg und nicht ohne Blick über den regionalen Tellerrand. Hier die Beispiele:

Dorothee Berger (links) und Anja Boudon (Mitte) sprachen die Eröffnungsworte, Benedikt Bösel war als einer von insgesamt acht Referenten eingeladen.

Kristin Rotherm, HOF Direkt – Die Zeitschrift für Direktvermarkter. Die Journalistin aus dem Landwirtschaftsverlag (Münster) stellte interessante Direktvermarktungs-Varianten vor, die über den üblichen Online-Shop oder Hofladen hinausgehen: z.B. Verkaufsautomaten (mit und ohne Bargeld) oder Selbstbedienungsläden. Alle Maßnahmen müssen von modernem Marketing (Website, Social Media etc.) begleitet werden. Informationen zur Zeitschrift finden Sie hier.

Benedikt Bösel, Gut & Bösel. Der Landwirt des Jahres 2022 aus Briesen (Mark) referierte über sein innovatives Konzept der regenerativen, multifunktionalen Landnutzung, das auf dem Leitmotiv beruht: „Vom Boden aus denken“. Zentrale Bausteine sind u.a. Biodiversität, Agroforst, neue Kompostierungs-Ansätze oder nachhaltige Weidewirtschaft und Tierhaltung.  Weitere Informationen finden Sie hier.

Hannes-Peter Dietrich, Ökohof Kuhhorst. Der Leiter des landwirtschaftlichen Betriebes in der Gemeinde Fehrbellin sieht ein „riesiges Potenzial“ für regionale Produkte. 120 Mitarbeiter, darunter 93 mit Behinderung, produzieren ein vielfältiges Lebensmittelsortiment nach Demeter-Standard. Direkter Kundenkontakt, Verlässlichkeit und authentisches Storytelling sind aus seiner Sicht unabdingbar für den Vermarktungserfolg. Weitere Informationen finden Sie hier.

Christoph Lehmann, Bergsdorfer Weiderind. Der Landwirt berichtete von der Rinderzucht seines in der Oberhavel gelegenen Betriebes. Die Besonderheit liegt hier in der geschlossenen lokalen Wertschöpfungskette – Geburt, Aufzucht, Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung der Tiere geschehen ausschließlich vor Ort. Die Produkte werden über den Hofladen, den Einzelhandel, die Gastronomie und die Marktschwärmereien vermarktet. Weitere Informationen finden Sie hier.

Marie Läser, Café Schauwerk. Die Konditormeisterin aus Altdöbern (Oberspreewald-Lausitz), erzählte, wie sie ihren Kindheitstraum von einem eigenen Café realisierte. Entstanden ist ein moderner Betrieb, dessen Name Programm ist: Die Kunden können den Genusshandwerkern nach dem Prinzip der „Gläsernen Produktion“ bei der Arbeit zuschauen. Das gilt auch für die Herstellung von Eis, dessen Qualität selbst Kunden aus der Ferne anlockt. Weitere Informationen finden Sie hier.

Uwe Schieban, Agrargenossenschaft „Unterspreewald“. Der Geschäftsführer präsentierte einen stark diversifizierten Betrieb, dessen Angebot auf drei Standbeine verteilt ist: Hofladen, Hofküche und Landtechnik. Die Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Erzeugung firmieren in Anlehnung an den Standort des Betriebes unter dem Label „Der Dürrenhofer“. Großveranstaltungen sorgen neben dem vielfältigen Sortiment für Kundenbindung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Franka Pätzke, Marktschwärmer. Die Netzwerkkoordinatorin Berlin-Brandenburg beschrieb die Online-Plattform für Direktvermarktung als ein dezentrales Netzwerk von Erzeugern und Verbrauchern aus einer Region. Beide Seiten sollen davon profitieren: die Verbraucher durch direkten Zugang zu regionalen Lebensmitteln und die Erzeuger durch faire Bezahlung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Maik Neumann, Mobile Käserei Nordfriesland. Mit einem zur Käserei ausgebauten Kühl-Lkw steuert der Molkerei-Experte auf Bestellung Milchviehbetriebe in Schleswig-Holstein an und stellt vor Ort unterschiedliche Käsesorten her. Der Auftraggeber kann dadurch ohne hohe Investitionskosten das Angebot in seinem Hofladen vergrößern und erzielt darüber hinaus wesentlich bessere Erträge aus seinem Rohstoff Milch. Weitere Informationen finden Sie hier.