pro agro – Branchenbarometer: Ernährungswirtschaft in Brandenburg leidet 2022 stark unter aktuellen Krisen

Berlin/Schönwalde-Glien. Die lebensmittelproduzierende Land- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg schneidet nach dem bereits schwierigen Pandemie-Jahr 2021 noch schlechter ab und sieht sich mit einer Ausweitung der Umsatz-Kosten-Schere konfrontiert. Der Agrarmarketingverband pro agro hat die Unternehmen der Land- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg nun bereits zum dritten Mal in Folge zur wirtschaftlichen Lage befragt. Im Vergleich zum Vorjahr beurteilen 34 Prozent der teilnehmenden Unternehmen das Geschäftsjahr 2022 als schlechter, 25 Prozent davon sogar als deutlich schlechter. Auch Optimismus für 2023 ist kaum in Sicht: 38 Prozent der Produzenten erwarten eine weitere Verschlechterung der eigenen wirtschaftlichen Lage.

„Es ist nicht allein die Kostenexplosion bei den Energieträgern Gas und Strom, sondern ein Bündel an Kostensteigerungen, die von den Unternehmen kaum zu verkraften sind. Zu den Strompreiserhöhungen bis zum fünffachen des Vorjahreswerts, kommen steigende Rohstoffpreise, rasant anziehende Personalkosten durch Inflation und Mindestlohngesetzgebung, sowie galoppierende Logistikkosten. Diese Kostenspirale bei gleichzeitig stagnierenden Preisen durch die Handelspartner und die inflationsbedingte Flucht der Verbraucher in No-Name- und Billigprodukte bereiten unseren Mitgliedern heftige Existenzsorgen.“ fasst Kai Rückewold, Geschäftsführer von pro agro, die wirtschaftliche Bestandsaufnahme zusammen.

Aktuelle Preise passen nicht zu den Kosten – Unternehmen fehlt Aufmerksamkeit für die Branche

67 Prozent der befragten Unternehmen nutzen den Lebensmitteleinzelhandel als Vermarktungsweg. Somit ist dieser unter den Befragten der häufigste Absatzkanal der Ernährungswirtschaft in der Hauptstadtregion. Darüber hinaus geben fast 50 Prozent der Befragten an, daß der größte Umsatzanteil ihres Unternehmens auch über den Lebensmitteleinzelhandel erzielt wird. Selbst wenn es in der Hochphase der Pandemie preisliche Zugeständnisse des Handels gab, sind aktuell kaum Steigerungen der Erzeugerpreise erkennbar. Nach Aussagen einiger Unternehmen drehen die bezahlten Preise sogar deutlich nach unten. Befragt nach notwendigen Preissteigerungen, um eine reale Zukunftsperspektive zu erhalten, nennen 42 Prozent der Befragten 20 Prozent höhere Preise als notwendig. Die weitere Hälfte der Unternehmen sieht bei 10 bis 15 Prozent die richtige Schwelle. „Als Vorstandsvorsitzende bin ich gleichzeitig Unternehmerin und höre meinen Kollegen aufmerksam zu. Bis heute sind keine Signale des Handels zu vernehmen, die Preise für uns anzupassen. Im Klartext muss aber auch gesagt werden: Von den extrem gestiegenen Preisen im Regal oder an der Ladentheke sehen wir als Hersteller recht wenig.“ erklärt Hanka Mittelstädt, Inhaberin der Ucker-Ei GmbH und Vorstandsvorsitzende des pro agro e.V., das aktuelle Dilemma.

Befragt nach den Wünschen und Forderungen an die Landesregierung sind die Antworten der Unternehmen auch eindeutig: Zwei Drittel der Unternehmen fordert den Abbau von Bürokratie unter anderem bei der Komplexität von Förderanträgen und damit verbundene Beschleunigungen bei Genehmigungsverfahren. Über die Hälfte der Antwortenden wünschen sich mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung der Branche durch die politischen Entscheidungsträger. Noch immerhin weitere 37 Prozent erwarten eine verbesserte Unterstützung bei Investitionen. Ein interessanter Aspekt, da 50 Unternehmen angaben auch 2023 investieren zu wollen, davon einige Unternehmen trotz angespannter wirtschaftlicher Lage in Millionenhöhe.

Vom Verband selbst wünschen sich die Befragten die Unterstützung bei Projekten zu Nachhaltigkeit und der Förderung regionaler Wertschöpfungsinitiativen, gefolgt von aktiver Interessenvertretung gegenüber Politik und der breiten Öffentlichkeit. Um die zukünftigen Potentiale der Vermarktung regionaler Produkte aus Brandenburg weiter zum Erfolg zu führen, hat der Verband eine breit angelegte Marktstudie beauftragt, deren Ergebnisse nach der Internationalen Grünen Woche vorgestellt werden sollen. Erste Auswertungen zeigen bereits, dass mit verstärkten Anstrengungen in der Verbraucherkommunikation große Erfolgspotentiale für regionale Produkte aus Brandenburg zu realisieren sind.

Hintergrundinfo zum pro agro Branchenbarometer 2022:

Rund 650 Unternehmen wurden an der Online-Befragung beteiligt. 85 Unternehmen haben mitgemacht. Die Hälfte der befragten Unternehmen befindet sich in einer Umsatzklasse bis zu einer Million Euro, 35 Prozent der Unternehmen machen über 3 Millionen Euro Umsatz, davon 10 Prozent über 50 Millionen Euro. Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf wissenschaftliche Repräsentativität. 75 Prozent der Umfrageergebnisse kommen direkt von pro agro – Mitgliedern. Grafiken zur Umfrage können auf Anfrage übermittelt werden.

Eine Übersicht über die Aktivitäten des Verbandes pro agro in der Brandenburg-Halle zur IGW erhalten Sie mit gesonderter Presseinformation am 16. Januar 2023.

Der Verband pro agro engagiert sich seit über 30 Jahren für die Vernetzung und Vermarktung von Brandenburger Angeboten und Dienstleistungen aus den Bereichen Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie Land- und Naturtourismus.