Landesjagdverband: Einsatz für Natur- und Artenschutz

In der rein städtischen Zivilgesellschaft Deutschlands haben Jäger meist keinen leichten Stand. Nicht selten unterstellen ihnen urban geprägte Menschen, sie seien seelenlose Schießgesellen, deren fragwürdiger Zeitvertreib lediglich darin bestehe, arg- und wehrlosen Wildtieren aufzulauern und sie zu erlegen. „Das ist ein stark verzerrtes Meinungsbild“, erläutert Kai Hamann (Foto), Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Brandenburg (LJVB), und stellt klar: „Das Jagen selbst macht im Zeitablauf den geringsten Anteil aus. Wir erbringen vor allem eine umfassende und von der nichtkundigen Öffentlichkeit wenig erkannte oder anerkannte private Gratisleistung beim Arten-, Biotop- und Naturschutz.“ Und neuerdings fungiert der Verband auch als digitale Plattform für die Vermarktung von Wildfleisch, das sich gerade in der städtischen Kulinarik besonderer Beliebtheit erfreut.

Aufgaben und Ziele des Verbandes sind laut Satzung u.a. die umfassende Unterstützung und Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege; dazu gehört auch die Pflege und Sicherung der Lebensräume der Gesamtheit wildlebender Arten. „Aufgrund unserer Ausbildung, Erfahrung und der ständigen Präsenz in der Natur tragen wir Jäger eine besondere Verantwortung“, heißt es auf der LJVB-Website. Mehr noch: „Wir wollen die Jagd als moderne Form der Naturnutzung und als Kulturgut erhalten.“ In Brandenburg gibt es ca. 13.500 Jagscheininhaber, davon sind etwa 10.600 als Mitglieder im LJVB organisiert.

Damit habe man im Bundesvergleich die höchste Mobilisierungsrate von Mitgliedern, so Kai Hamann. Dem LJVB als regionalem Dachverband sind insgesamt 29 Mitgliedsverbände im ganzen Land Brandenburg angegliedert, die ihrerseits jeweils über eigene Organisationen verfügen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Aufgaben und Ziele sowie die Standards der intensiven Aus- und Weiterbildung (Schießwesen, Jagdhundehaltung etc.) einheitlich vermittelt und eingehalten werden.

Aufgrund der immer wieder aufkeimenden Image-Probleme ist für den Verband als Interessenvertretung seiner Mitglieder (und des Jagdwesens insgesamt) eine stringente Öffentlichkeitsarbeit unabdingbar, und zwar nicht nur von Fall zu Fall, sondern stetig. Dazu zählt etwa die aufmerksamkeitsstarke Kampagne „Lernort Natur“, in deren Rahmen die so genannten Lernort Natur Mobile durch‘s Land tingeln – ausgerüstet mit Präparaten und Schulungsmaterial für Kitas, Schulen oder Dorffeste (auch beim pro agro-Schlachtefest ist man regelmäßig präsent). Ziel ist, Kinder für Natur und Umwelt in Brandenburg zu begeistern. Im Vordergrund steht dabei das erlebnisorientierte Lernen durch Experimentieren und Anfassen – auch vor dem Hintergrund der Jagd.

Erlebnisorientiertes Lernen: Gespannte Aufmerksamkeit der Kinder.

Über viele weitere Aktivitäten theoretischer und praktischer Natur hinaus nimmt der LJVB eine wichtige Funktion im Austausch mit Politik und Verwaltung wahr. Hauptansprechpartner ist das Brandenburger Landwirtschaftsministerium bzw. die dort angesiedelte oberste Jagdbehörde. Hier hat die neue Ministerin Hanka Mittelstädt als eine der ersten Maßnahmen eine zentrale Forderung des Verbandes erfüllt, nämlich die Trennung von oberster Jagd- und Forstbehörde. „Mit dieser Neustrukturierung setzt das Ministerium ein starkes Signal für eine lösungsorientierte Verwaltung im Bereich Jagd und Wildtiermanagement“, heißt es.

Ganz nah an der Praxis ist der LJVB mit seiner erst vor knapp drei Monaten etablierten bzw. freigeschalteten App „wild.shop“. Dabei handelt es sich um eine digitale Plattform zur Direktvermarktung von Wildfleisch. „Bisher wussten interessierte Verbraucher nicht so richtig, woher sie die Ware beziehen sollen, während umgekehrt den Jägern der notwendige Zugang zu den Kunden fehlte. Das ist praktisch der digitale Marktplatz für Wildfleisch in Berlin und Brandenburg geworden“, freut sich Kai Hamann. Und die Resonanz? „Ganz hervorragend“, sagt er. „Wir laufen stramm in Richtung 5.000 Kunden, und über 50 angemeldete Jäger nutzen die Plattform als Absatz-Instrument.“

Gezielter Artenschutz: Aufzuchtstation für Rebhühner in Pritzwalk (Prignitz)

Die Anforderungen von Seiten der Behörden sind bei Wild genauso hoch wie bei „normalem“ Fleisch. Wer als Jäger Wildfleisch verkaufen möchte, muss also bei den zuständigen Veterinär- und Gesundheitsbehörden gemeldet sein sowie über zertifizierte Räumlichkeiten, Kühlmöglichkeiten etc. verfügen. Und außerdem: Soll die Rohware zu Wurst veredelt werden, muss der Jäger entweder selbst gelernter Fleischer sein oder aber nachweisen, dass ein externer Profi-Fleischer die Wurst produziert hat. Der Verband bietet jedenfalls die notwendigen Schulungen für die Vermarktung von Wildfleisch an. Nicht ohne Stolz weist Kai Hamann darauf hin, dass dieses innovative Konzept mit dem pro agro Marketingpreis 2025 für Direktvermarktung ausgezeichnet worden ist.