Der 2020 gegründete Hersteller von veganen haferbasierten Produkten im Mehrweg-Gebinde unter der Marke „Havelmi“ hatte wahrlich keinen leichten Start. Kaum im Markt, brach in Deutschland die Corona-Pandemie mit allen bekannten wirtschaftlichen Nebenwirkungen aus: steigende Rohstoffpreise sowie höhere Logistik- und Produktionskosten bei gleichzeitiger Kaufzurückhaltung der Verbraucher. Als wäre das Unternehmerleben nicht allein dadurch schon schwer genug gebeutelt, überfiel Russland auch noch die Ukraine und es ging nach jahrelangem Wachstum in der Biobranche der Umsatz um 30 Prozent zurück „Alles in allem geriet unser Betrieb seinerzeit in eine beträchtliche Schieflage“, fasst Geschäftsführer Achim Fießinger die damalige Durststrecke zusammen (auf dem Foto mit seiner Kollegin Nina Sturm). Doch heute steht Havelmi wieder auf stabilem Boden, verfügt über resiliente Lieferketten und ein erweitertes Produktportfolio. Das war ein gehöriger Kraftakt, aber die Mühen haben sich gelohnt: Die Zukunftsperspektiven sehen vielversprechend aus.
Im Hintergrund des Unternehmens steht die Genossenschaft „Havelmi eG“, die heute rund 220 Mitglieder zählt – hauptsächlich Endverbraucher, die man in der Aufbauphase als „Mikro-Investoren“ ins Boot geholt hat. Deren zum Teil kleine Einzahlungen haben sich analog dem Modell des „Crowd Investing“ auf einen respektablen Betrag summiert; nicht zu vergessen natürlich etliche Groß- und Einzelhändler der Branche, die sich ebenfalls an der Genossenschaft beteiligt haben. „Für das operative Geschäft ist aber die HaferManufaktur GmbH zuständig, die als eigenständiges Unternehmen gegründet wurde“, erzählt Achim Fießinger.
Zu den wichtigsten Prinzipien unternehmerischen Handelns gehört bei Havelmi das Thema Nachhaltigkeit. „Deshalb ist die Vermarktung unserer Produkte in der bis zu 50 mal befüllbaren Pfandflasche aus Glas ein Muss“, sagt er. Und das nicht nur aus eigener Überzeugung, sondern auch mit Blick auf die Havelmi-Kernzielgruppe, die größten Wert auf Nachhaltigkeit legt. Als Veganer achten sie darüber hinaus auf das Tierwohl; und für das eigene Wohl ist ausschlaggebend, dass die Produkte glutenfrei sind. Dass die Ware Bio-Qualität haben muss, versteht sich von selbst.

Bei derart dezidierten Verbraucher-Anforderungen ist in der Praxis der Wunsch nach Regionalität nicht leicht zu erfüllen, und zwar aus ganz praktischen Gründen: „Wir würden die regionale Wertschöpfung gern fast ausschließlich in Brandenburg realisieren, doch die Wirklichkeit spricht leider dagegen“, erklärt der Haferdrink-Experte. „Es beginnt damit, dass wir per se ein Nischenprodukt herstellen. Hinzu kommt, dass Handel und Konsumenten glutenfreie Ware haben wollen. Das alles führt dazu, dass wir als relativ kleiner Betrieb nicht solche Mengen verarbeiten können, wie sich das ein landwirtschaftlicher Erzeuger vorstellt. Der nämlich möchte am liebsten seine komplette Ernte an einen einzigen Abnehmer verkaufen. Da können und wollen wir momentan nicht mithalten“, argumentiert er.
Da es in Brandenburg außerdem keine Mühle gibt, die glutenfreien Hafer in Bio-Qualität verarbeitet, musste sich das Unternehmen in den benachbarten Ländern nach geeigneten Kandidaten umschauen. In Niedersachsen hat man schließlich eine Mühle als Lieferant ausfindig gemacht. Allerdings kauft diese den Rohstoff in verschiedenen Regionen ein (auch in Brandenburg), so dass sich nicht sagen lässt, welche Anteile aus unserer Region stammen. Allerdings: „Wenn wir eine bestimmte Größe erreichen, können wir dem einen oder anderen Landwirt in Brandenburg die gesamte Hafer-Ernte abkaufen. Aber so weit sind wir noch nicht“, urteilt Fießinger. Vergleichbar sieht die Lage bei Sonnenblumen-Öl aus, das bei der Herstellung von Hafermilch zum Einsatz kommt: Auch hier musste man in ein anderes Bundesland ausweichen.
Die ursprüngliche Produkt-Palette (Hafer- und Kakaodrink, Kochsahne) ist inzwischen um eine Joghurt-Range auf Haferbasis erweitert worden, und zwar in den drei Sorten Natur, Zitrone/Holunderblüte und Schwarze Johannisbeere. Die Entwicklung dieser Produkte hat ziemlich viel Zeit und Kosten beansprucht, da es nicht leicht ist, Textur und Geschmack von Joghurt in einer haferbasierten Variante auf den Punkt genau hinzukriegen. „Wir haben mindestens anderthalb Jahre daran gearbeitet“, berichtet Achim Fießinger. Aber der Aufwand hat sich gelohnt: Erstens hat der Markt positiv auf das Produkt reagiert, und zweitens ist dieser Erfolg mit dem Brandenburger Innovationspreis 2024 geadelt worden (siehe auch hier: https://www.brandenburger-innovationspreis.de/preistraeger-2024/).

Den Kakaodrink wiederum hat man für einen begrenzten Zeitraum vom Markt genommen, um die Gebindegröße auf ein „handliches“ Maß zu verkleinern, nämlich von der bisherigen 1l- bzw. 0,5l- auf die 0,33l-Flasche. Grund: Es hat sich herausgestellt, dass die ursprünglichen Gebinde zu groß waren, da die Kunden das (gekühlte) Getränk als To Go-Produkt genutzt haben. Wer läuft schon mit einer gläsernen Liter-Flasche durch die Gegend? Das Drittel-Liter-Gebinde wird voraussichtlich ab Januar 2026 eingeführt. Bereits im Herbst dieses Jahres wird ein Schokoaufstrich auf Hafermilch-Basis auf den Markt kommen, natürlich ebenfalls im Mehrweg-Glas. Die erste Testproduktion ist bereits fertig und befindet sich zur Bemusterung im Lebensmitteleinzelhandel. „Ich denke, dass das Produkt im September/Oktober in den Handelsregalen steht“, sagt Fießinger. Sollte der Schokoaufstrich auf positive Resonanz stoßen, wird man überlegen, noch eine oder zwei weitere Geschmacksrichtungen ins Portfolio aufzunehmen.
Ferner gibt es Überlegungen, den Trester, der bei der Herstellung von Hafermilch anfällt, zu einem vermarktungsfähigen Produkt zu entwickeln. „Wir sind schon im Austausch mit Forschungseinrichtungen, ob und inwieweit diese so genannten Rückstände als Dünger oder Tierfutter verwertet werden können. Untersucht wird hier auch die Eignung von Trester als Rohstoff für die menschliche Ernährung. Aber hier befinden wir uns noch nicht im Umsetzungsstadium“, so Fießinger.
Vermarktet werden die Hafer-Produkte vor allem vom Biofachhandel, d.h. in inhabergeführten Bio-Läden und Filialisten wie Bio Company oder Denns. Weitere Abnehmer sind mehrere selbstständige Kaufleute von Edeka; mit Rewe ist man bezüglich einer regionalen Listung im Gespräch. Desweiteren gehören der Großhandel (Terra Naturkost) und einige Cateringunternehmen zu den Geschäftskunden. Und was hat sich das Unternehmen für die Zukunft vorgenommen? „Wir streben eine nachhaltige Expansion an, die über den Heimatmarkt Berlin/Brandenburg hinausgeht“, wirft Achim Fießinger einen Blick in die Zukunft. Mit anderen Worten: „Unser Ziel besteht ganz klar darin, dass unsere Produkte irgendwann in ganz Deutschland erhältlich sind.“

