Havelicious: Kleines Gebinde, großer Markenauftritt

Grüne Schoten: Ernte in den Bergen Madagaskars.

Ein Start-up, wie es im Buche steht: Als der US-Amerikaner und Pilot vor vielen Jahren nach Berlin kam und bei einer namhaften Fluggesellschaft anheuerte, hätte er sich nicht träumen lassen, dass er Jahre später, nach seiner Frühverrentung, hier ein Lebensmittel-Unternehmen gründet. Typisch Amerikaner, möchte man sagen – kurz entschlossen, zupackend und unbeirrt. Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis die Geschäftsidee reif für den Markt war, bis James Phillips die Produktion starten konnte. Als Firmenzentrale und Produktionsstätte dient ihm sein Privathaus, wo er gemeinsam mit Sohn Sören in einer separat eingerichteten gewerblichen Küche ein exotisches Rohprodukt in mehreren Aggregatzuständen und für unterschiedliche Verwendungszwecke verarbeitet. So wird mit viel Handarbeit die Vanille aus Madagaskar in Falkensee zu einem Markenprodukt veredelt.

Hinter der Geschäftsidee stand ein ganz praktischer Grund: Als sich herausstellte, dass die Tochter – ein Fan von selbst fabriziertem Vanille-Gebäck – gegen bestimmte Zutaten in den von ihr verwendeten Vanilleextrakten allergisch ist, haben Vater und Bruder so lange in der privaten Küche herumexperimentiert, bis sie die Rezeptur für ein Extrakt ohne Nebenwirkungen gefunden haben. Des Rätsels Lösung war letztlich einfach: Durch Verzicht auf künstliche Zusätze wie Geschmacksverstärker, Aromen und andere Zutaten war es ihnen gelungen, dem Familienmitglied Linderung zu verschaffen.

Bitte recht freundlich: James Phillips und sein Sohn Sören präsentieren ihr Vanille-Sortiment während der Grünen Woche 2024 in der Brandenburghalle.

Das war die Geburtsstunde des Unternehmens zur Herstellung von Vanilleprodukten. Vater James und Sören, der gerade sein BWL-Studium abgeschlossen hatte, gründeten die Firma „Havelicious“, einer begrifflichen Mixtur aus „Havelland“ (Sitz der Firma) und dem englischen Wort „delicious“ (lecker, köstlich). Die beiden familiären Gesellschafter des Zwei-Mann-Betriebs ohne weitere Mitarbeiter, fungieren dabei als „Mädchen für alles“: Verwaltungskram erledigen, Rohware besorgen, Produktion bewerkstelligen und vieles mehr. Jedenfalls jetzt noch, praktisch in der Startphase. Von der Idee bis zum Produktionsstart hatte es allerdings noch fast zwei Jahre gedauert. Es begann mit einem Teilumbau des Familien-Wohnhauses, um dort Räume unterzubringen wie eine gewerbliche Küche oder ein Lager (dafür muss zur Zeit noch Sörens Kinderzimmer herhalten) und dergleichen. Hinzu kam der Papierkrieg mit den Behörden zwecks Bio-Zertifizierung.

Vor allem die Suche nach geeigneten Lieferanten erwies sich als äußerst zeitraubend. Die beiden Männer haben praktisch den ganzen Erdball abgeklappert – per Internet und Telefon natürlich, nicht physisch.

„Die meisten Anbieter kamen nicht in Frage, weil sie Groß- und Zwischenhändler waren“, erzählt James Phillips. „Wir wollten unsere Rohware aber direkt von landwirtschaftlichen Erzeugern beziehen. Außerdem waren die Bio-Zertifikate häufig äußerst suspekt.“ Schließlich führten die umfangreichen Recherchen zu einer landwirtschaftlichen Genossenschaft in Madagaskar, der rund 500 Bauern angeschlossen sind. „Das ist eine sehr vertrauenswürdige und zuverlässige Organisation, die über viele internationale Kontakte und Partnerschaften verfügt und unsere Ansprüche voll und ganz erfüllt“, sagt er. Gerade im Februar 2024 habe man sich auf der Biofach in Nürnberg getroffen; dort sei die Genossenschaft Aussteller gewesen.

Fermentierte Schoten: Exakt gestapelt für den Export in alle Welt.

Derzeit bezieht Havelicious rund eine Tonne Vanille-Rohware (hauptsächlich Schoten und Pulver) von seinem Lieferanten. In zwei bis drei Jahren wird nach Einschätzung von James Phillips die Menge von fünf Tonnen erreicht. Das ist bei Berücksichtigung der ziemlich kleinen Gebinde der fertigen Produkte eine ganze Menge. „Wir bekommen in Kürze die nächsten 400 kg Pulver geliefert, die wir in 15gr-Gläser abfüllen. Das sind über 26.000 Gläser“, rechnet er vor.

Zur Vanille-Produktpalette gehören neben Pulver auch Schoten, Extrakt, Paste, Zucker und Sirup. Vermarktet wird das Sortiment auf unterschiedlichen Wegen. Dazu zählt z.B. der Verkauf auf Wochenmärkten, was gewissermaßen als authentischer Live-Test für die Kundenresonanz betrachtet wird.

Außerdem hat das Unternehmen einen eigenen Online-Shop und ist zusätzlich auf digitalen Plattformen wie amazon und Etsy präsent. Was den stationären Lebensmittelhandel angeht, ist noch einige Aufbauarbeit zu leisten. Doch immerhin sind die Produkte seit zwei Monaten in den Regalen von Denns-Biofachmarkt zu finden – nicht bundesweit, aber in Berlin/Brandenburg. Bei den Handels-„Dickschiffen“ Edeka und Rewe Fuß zu fassen, ist keine leichte Übung. Wenigstens einen Fuß in der Tür, um im Bild im bleiben, hat Havelicious jetzt bei Edeka.

So ist es gelungen, ab Eröffnung des neuen E-Centers in Nauen (Mitte August, wir berichteten darüber) beim regionalen Sortiment dabei zu sein. Inhaber Christian Dorfmann hat Newcomer James Phillips eingeladen, die Vanille-Produkte im Rahmen des so genannten Hofladen-Konzepts auf separater Fläche anzubieten und zeitweise auch persönlich vor Ort vorzustellen. „Das ist natürlich ein Traum, in diesem Rahmen direkt mit Kunden ins Gespräch zu kommen“, freut er sich. Und hofft natürlich auf gute Abverkaufszahlen, denn das könnte für die Listungschancen bei Edeka förderlich sein. Vor diesem Hintergrund forciert das Inhaber-Duo derzeit den Markenauftritt der Produkte.

Verarbeitete Schoten: Neuer Markenauftritt für den Verkauf im Lebensmitteleinzelhandel.

Auf dem Etikett werden beispielswiese die Text-Informationen wegen der besseren Lesbarkeit größer geschrieben sowie der Produktname hervorgehoben und das Logo kleiner dargestellt. Außerdem befinden sich Regalständer in der Entwicklung, deren Material sowie Form- und Farbgebung sehr aufmerksamkeitsstark sind. „Wir wollen aus einem Nischenprodukt ein hochwertiges Markenprodukt in verschiedenen Variationen und Anwendungen machen“, fasst James Phillips zusammen.