Das handwerklich strukturierte Unternehmen ist in mehrfacher Hinsicht ein Sonderfall: Im Jahre 1924 von Paul Lehmann als Fleischerei mit angeschlossenem Ladengeschäft in Trebbin gegründet, wurde die Familie nach 1945 von Staats wegen genötigt, den Betrieb einzustellen und auf Landwirtschaft umzusatteln. Was blieb, ware Hausschlachtungen. Als die Familie nach der Wende den ursprünglichen Haupterwerb reaktivieren konnte, ging sie allerdings nicht den Weg der Expansion wie so viele Wettbewerber, sondern beließ es beim einzigen Standort in Trebbin (Foto). Das war und ist allerdings kein Ausdruck von unternehmerischem Stillstand. Im Gegenteil: Das Geschäftsmodell hat sich äußerst flexibel entwickelt, wie wir von Phillip Kliem erfuhren, dem Urenkel des Firmengründers und Geschäftsführer in der vierten Generation.
Die 32 Mitarbeiter sind ein Beweis dafür, dass in dem Betrieb von morgens bis abends viel bewegt wird. Das beginnt mit der Administration, wo die Buchhaltung komplett in Eigenregie gemacht wird, und setzt sich fort in der Schlachtung, die nicht nur den Eigenbedarf deckt, sondern darüber hinaus für Dritte arbeitet (Lohnschlachtung). Ganz abgesehen vom Verkaufspersonal und den „dienstbaren Geistern“ wie Kraftfahrer, Handwerker und Hausmeister, die den Betrieb am Laufen halten. „Das klappt alles sehr gut“, lobt Phillip Kliem (Foto).

Rund 80 bis 100 Schweine werden hier pro Woche geschlachtet, zerlegt und verarbeitet. Für ein Unternehmen wie die Fleischerei Lehmann ist das nicht eben wenig. Rund 60 Prozent davon dienen dem Eigenbedarf, 40 Prozent fallen unter die Lohnschlachtung. Auch Rinder, Lämmer und Wild werden in Trebbin verarbeitet, jedoch deutlich weniger als Schweine. Außerdem handelt es sich bei diesen Tieren hauptsächlich um Lohnarbeit.
Großen Wert legt die Fleischerei Lehmann auf Regionalität. Die Schweine (Rasse: Duroc) bezieht man von der Jüterboger Agrargenossenschaft, und zwar vor allem aus zwei Gründen: Der Mastbetrieb liegt nur rund dreißig Kilometer von Trebbin entfernt (kurze Wege!); außerdem werden die Schweine konsequent gemäß Tierwohl-Aspekten gehalten: Futter weitgehend aus eigenem Anbau und mit Stroh ausgelegte, weitläufige Stallbuchten für je 150 Schweine, also Großgruppen-Haltung mit viel Bewegungsspielraum.

„Inzwischen schlachten wir den gesamten Bestand der Jüterboger und führen alles, was über unseren Eigenbedarf hinausgeht, als Schweinehälften zurück“, erklärt Phillip Kliem – ein Wirtschaftskreislauf, von dem beide Seiten direkt profitieren. Außerdem ist das gut für die Produktionsauslastung, „und wir müssen uns nicht um den Verkauf kümmern“. Worauf man indessen immer ein Auge hat, verbirgt sich hinter der selbstverpflichtenden Formel „5 x Fläming“, was da heißt: Das Lebendvieh wird geboren, gemästet, geschlachtet, zerlegt und verarbeitet im Fläming. Dieser Grundsatz lässt sich verständlicher Weise nicht immer einhalten, zumal in Zeiten saisonaler Nachfragespitzen. Dann muss Ware aus anderen (deutschen) Regionen zugekauft werden. „Das muss man aber auch ehrlich kommunizieren“, sagt er.
Damit ist die Vermarktung angesprochen. Wie erwähnt, verfügt das Unternehmen nur über ein stationäres Ladengeschäft am Hauptstandort in der Trebbiner Bahnhofstraße. Weitere Standorte sind nicht geplant, weil eine solche Expansion mit höherem Administrationsaufwand, zusätzlichen Ladenmieten, mehr Personal, steigenden Kosten etc. verbunden ist. Die Geschäfte laufen auch ohne Expansion gut. Dazu trägt neben der Lohnschlachtung nicht nur das stationäre Geschäft bei; auch die mobilen Einheiten, also der Verkaufs-Anhänger und als separate Einheit das Verkaufsmobil, die auf etlichen Wochenmärkten in der Region und im Tourenverkauf präsent sind.
Außerdem beliefert die Fleischerei Großhandel, Gastronomie und einige Hofläden – hier allerdings mit verpackter Frischware, wozu die Inhaber nicht wenig Geld in eine entsprechende Maschine investiert haben. Nicht zu vergessen das Catering, was jedoch nicht als Full-Service-Angebot zu verstehen ist, sondern – quasi als „Überbleibsel“ aus der Corona-Zeit – praktisch nur für Selbstabholer gedacht ist. Entsprechend umfangreich ist das gesamte Sortiment – Ladengeschäft und mobiler Verkauf – aufgestellt: Frischfleisch, Wurst und Schinken (jeweils roh und gekocht) sowie Wurst und verzehrfertige Fleischprodukte im Glas.
Und über allem steht folgende Erfahrung von Phillip Kliem: „Bei uns auf dem Land wird Regionalität ganz groß geschrieben; das trifft bei den Kunden hier vor Ort auf größere Wertschätzung als Bio. Auf dem Land zählen eben authentische Produkte. Bio ist eher was für die Berliner.“

