pro agro-Branchenbarometer: Die Lage bleibt angespannt!

Brandenburgs Lebensmittelerzeuger und -produzenten zeichnen weiter ein düsteres Bild ihrer Lage, wenn auch das Urteil über die Geschäftsaussichten für den Rest des laufenden Jahres um Nuancen freundlicher ausfällt als im Januar 2024 für das gesamte Jahr. Das ändert nichts daran, dass die Stimmung generell weiter pessimistisch ist. Kein Wunder, dass die Appelle der Unternehmen an die Politik nichts an Dringlichkeit verloren haben – auch und gerade im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg (22. September 2024). Nachfolgend berichten wir über die wichtigsten Ergebnisse der pro agro-Onlinebefragung vom Juli-August 2024, die vor kurzem veröffentlicht worden sind.

Die jüngst erhobenen Daten für die Geschäftsaussichten im zweiten Halbjahr 2024 zeigen, dass die Stimmung in den Unternehmen der Ernährungswirtschaft nach wie vor miserabel ist. Mag sein, dass die positiven Erwartungen mit 25 Prozent leicht gestiegen sind und die Zahl der negativen Prognosen mit 32 Prozent im Vergleich zum Beginn des Jahres abgenommen haben (vgl. Ausgabe 01-02/2024 des Newsletters). Doch Zuversicht sieht anders aus. Denn 43 Prozent der Befragten geben jetzt zu Protokoll, dass sie ihre Meinung nicht geändert haben, also mehrheitlich negativ in die Zukunft blicken.

Als Hauptgründe für diese Lagebeurteilung werden die anhaltend hohen Kostenbelastungen bei Löhnen/Gehältern sowie Rohstoff- und Energiepreisen genannt; das sagt deutlich über die Hälfte aller Befragten. Von einem Drittel der Befragten werden weiter zurückgehende Absatzmengen beklagt. Nach positiven Tendenzen für die Erzeugerpreise befragt, glauben 49 Prozent, dass keine Veränderungen zu erwarten sind, 39 Prozent hoffen auf einen leichten Anstieg.

Dazu pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold: „Es gibt nach wie vor mehr Verlierer als Gewinner in der Inflationskrise, selbst wenn einige Unternehmen bei den Absatzmengen wieder ein kleines Plus vermerken. Für die Mehrheit der Unternehmen ist die Lage aber unverändert: Die Kosten sind hoch, Absatz und zu erzielende Preise stagnieren. Es wird also von der Substanz gelebt oder gespart, wo es nur geht. Das Hauptaugenmerk muss daher auf Absatzförderung liegen, um das Marktgewicht für regionale Produkte zu stützen.“

Angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg hat pro agro die Lebensmittelproduzenten exklusiv befragt, was sie von den politischen Entscheidern nach dem 22. September erwarten. Hier ein Auszug aus dem „Wunschzettel“:

  • Reduzierung der bürokratischen Lasten (49 Prozent)
  • Offensive der Landesregierungen in Berlin/Brandenburg zur Stärkung des Selbstversorgungsgrades (45 Prozent)
  • Bessere Förderangebote für Investitionen ohne KMU-Barrieren (44 Prozent)
  • Weitere finanzielle Unterstützung der Verbraucherkampagne für regionale Produkte (43 Prozent).

Ein weiteres aufschlussreiches Ergebnis der Befragung ist, dass die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) bei den Lebensmittel-Produzenten noch nicht in der Breite angekommen ist. 70 Prozent der Unternehmen haben bisher keine Berührungspunkte; 30 Prozent berichten zwar von ersten Anwendungen, allerdings hauptsächlich nur bei Textverarbeitung, Korrespondenz und Werbung. In Prozessen der Produktion, des Vertriebs oder der Personalplanung kommt KI indessen kaum vor (alle Werte unter 20 Prozent). Verankert ist das Thema überwiegend bei den Inhabern und in der Geschäftsleitung; bei den Nichtanwender fehlen Ideen für die praktische Anwendung oder das Wissen über die Vorteile von KI.

Zu den wirtschaftlichen Sorgen zählt bei 44 Prozent der Unternehmen nach wie vor der Arbeitskräftemangel. Hauptsorge ist nach wie vor die Stabilisierung der Personaldecke in den Bereichen Hilfskräfte und Fachpersonal in der Produktion (je 59 Prozent). Allerdings geben auch 37 Prozent der Unternehmen Engpässe beim Verkaufspersonal an. Und was tun die Unternehmen, um Personal zu gewinnen? 56 Prozent sagen, dass neue Mitarbeiter über bereits vorhandene Mitarbeiter geworben werden. 50 Prozent wählen Stellenangebotsoffensiven als wichtigen Punkt aus. Dabei nennen 79 Prozent der Unternehmen Social-Media als Hauptrekrutierungsplattform, gefolgt von der eigenen Unternehmenswebseite (68 Prozent). Im öffentlichen Raum werden Plakate/Aushänge (36 Prozent) und Zeitungen (29 Prozent) genutzt.

Viele Unternehmen glauben, dass ein starker Hebel bei einer Verbesserung der Angebote zur beruflichen Integration durch die Arbeitsagentur liegen könnte.  Jeweils 28 Prozent wünschen sich mehr überbetriebliche Schulungs- und Fortbildungsinitiativen der Branche und eine Landeskampagne zur Imageförderung von Arbeitsplätzen in der Land- und Ernährungswirtschaft.

Informationen zum pro agro Branchenbarometer

Rund 550 Unternehmen wurden an der Online-Befragung beteiligt, 111 Unternehmen haben mitgemacht: davon sind über 50 Prozent als GbR, GmbH, OHG oder KG organisiert, der andere Teil besteht aus KMUs und Einzelunternehmen. Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf wissenschaftliche Repräsentativität. Über 60 Prozent der Umfrageergebnisse kommen direkt von pro agro–Mitgliedern.

Hinweis: Die Grafiken zur Umfrage können Sie hier herunterladen:

Weinanbau in Brandenburg: Gewerbe mit Zukunft – aber keine Massenkultur

Im Einsatz: Matthias Jahnke bei der aktuellen Weinlese.

Weinanbau in Brandenburg? Klingt für unsere Breitengrade ein bisschen exotisch. Ist es aber nicht, wenn man vom Vergleich mit den traditionellen Anbaugebieten Deutschlands und deren Produktionsmengen absieht. „Klein, aber oho“, das kommt der Wirklichkeit schon näher – jedenfalls in Sachen Qualität. Und nicht nur das. Richtig spannend kann nämlich die Entwicklung in Zukunft werden, wie uns Matthias Jahnke erzählt: „Durch den Klimawandel entwickelt sich unsere Region allmählich zu einem ernstzunehmenden Weinbauland“, prognostiziert der Vorsitzende der Fachgruppe Weinbau im Gartenbauverband Berlin-Brandenburg. Limitierende Faktoren sieht er weniger im Wetter, vielleicht in den Böden und jedenfalls in den gesetzlichen Vorschriften. Nach unserer Analyse des Obst- und Gemüseanbaus in Brandenburg (siehe hier und hier werfen wir diesmal einen Blick auf die Weinproduktion.

Zu den Fakten: Derzeit gibt es in Brandenburg rund 50 Weinbau-Betriebe, die zum Teil in Vereinen bzw. Arbeitsgemeinschaften oder Genossenschaften organisiert sind. „Allein wären sie nicht überlebensfähig“, erklärt Jahnke, Mitinhaber des Weinguts Patke in Pillgram/Jacobsdorf (Oder-Spree). „Das darf man nicht mit den großen Weinbaugebieten in Deutschland vergleichen. Dort hat ein normaler Winzerbetrieb schon allein so große Rebflächen wie Brandenburg insgesamt. Die Rede ist hier von 45 Hektar Rebfläche (bundesweit 108.000 Hektar) mit einer durchschnittlich produzierten Menge von insgesamt 1.600 Hektoliter bzw. 90 Hektoliter pro Hektar Anbaufläche und Jahr.

Die 90 Hektoliter pro Hektar kommen nicht von ungefähr. Das ist nämlich das Maximum, was ein Winzerbetrieb derzeit pro Jahr produzieren darf. So steht es jedenfalls in der „Verordnung zur Durchführung des Weinrechts im Land Brandenburg“. Das hängt zusammen mit der politisch gewollten Agrarstruktur in der Region und natürlich mit der gewünschten Weinqualität. Dessen ungeachtet fallen die Erträge in Menge und Qualität von Jahr zu Jahr unterschiedlich aus – schon allein wegen der Wetterkapriolen. Für das Jahr 2023 stellt sich das folgendermaßen dar: Die produzierte Weinmenge lag im Schnitt zwischen 60 und 90 Hektoliter pro Hektar, wobei die Traubenqualität infolge des günstigen Wetters sehr gut war.

Früchte der Arbeit: Sehr gute Trauben- und Mostqualität.

Wie die Mengen-Resultate im laufenden Jahr aussehen werden, kann man heute, mitten in der Weinlese, noch nicht verlässlich sagen. Da muss nur ein Hagelschlag kommen, der alle Prognosen zunichte macht. „Eine einigermaßen sichere Aussage über Mengen und Qualitäten lässt sich frühestens ab Anfang Oktober machen“, so Jahnke. „Wir erwarten aber eine sehr gute Trauben- und Mostqualität, da wir in unseren Breitengraden eine relativ hohe Sonnenstunden-Zahl haben und unsere Weine durch die vergleichsweise kühlen Nächte eine gute und stabile Säure aufweisen.“

Eine Vorreiterrolle in Deutschland spielen die Brandenburger Winzer bei der Bepflanzung mit pilzwiderstandsfähigen Rebstöcken: Auf mehr als der Hälfte der Weinanbauflächen werden die „Piwi“-Sorten eingesetzt, was gut für die Umwelt und die Portemonnaies der Winzer ist. Und das sind die Vorteile: rund 70 Prozent weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, geringere Bodenverdichtung durch weniger Schlepper-Fahrten, weniger Dieselverbrauch und weniger Personalaufwand. Dies alles führt zu einer spürbaren Verringerung der gesellschaftlichen und persönlichen Kosten.

Vermarktet werden die Weine hauptsächlich in Brandenburg und Berlin, und zwar im Wege der Direktvermarktung, das heißt insbesondere über Hofläden an heimische Kunden oder Touristen und an regionale Gastronomen. Wieso nicht über den Lebensmitteleinzelhandel? „Hier haben wir keine guten Erfahrungen gemacht“, sagt der Winzer und Branchenvertreter und begründet kurz und knapp: „Der Preisdruck ist zu hoch, und die nationalen wie internationalen Weinbaubetriebe sind zu mächtig.“

Blitzblank: Tanks in der Kelterei.

Da die meisten heimischen Winzer die Kosten für Werbung und andere individuelle Marketing-Maßnahmen scheuen, sieht sich der Verband in der Pflicht, Vermarktungs-Plattformen zu schaffen, wo die Brandenburger Weine gezielt in Szene gesetzt werden können. So hat die Wein-Fachgruppe im Gartenbauverband für das kommende Jahr verschiedene verkaufsfördernde Aktivitäten geplant. Dazu zählt etwa eine Jahrgangspräsentation von Weinen in Potsdam und Cottbus sowie Ende August der im ganzen Land stattfindende „Tag des offenen Weinguts“ (ähnlich der alljährlichen „Brandenburger Landpartie“ von pro agro), wo die Winzer Gelegenheit haben, ihre Weingüter und Produkte im unmittelbaren Austausch mit den Kunden zu präsentieren. Über die konkrete Umsetzung befinde man sich mit pro agro bereits im Gespräch, heißt es.

Unabhängig von den Verkaufsförderungsmaßnahmen, die dem Absatz Brandenburger Weine einen positiven Schub verleihen können, beurteilt Jahnke die natürlichen Bedingungen für das heimische Weingewerbe positiv. Nicht nur, dass hier im deutschen Vergleich momentan die besten klimatischen Voraussetzungen herrschen, was im Übrigen „kein Hirngespinst“ von ihm sei, sondern Winzer anderer Regionen jederzeit bestätigen würden. Mehr noch: Durch den Klimawandel werde sich Brandenburg „allmählich zu einem ernstzunehmenden Weinbauland“ entwickeln. Das werde indessen nicht den Charakter einer „Massenkultur“ wie in den großen Weinbaugebieten erreichen. Drei Gründe sprechen seiner Meinung nach dagegen: „Erstens kann man das wegen der gesetzlichen Gegebenheiten nicht erwarten; zweitens sind die Lagen mit guten Böden für den Weinbau hierzulande eher begrenzt; und drittens ist der Weinbau ein äußerst investitionslastiges Gewerbe.“

Was heißt das – „investitionslastiges Gewerbe“? Das beginnt mit dem Kauf, dem Anbau und der Pflege der Pflanzen, gefolgt von der Ernte, der Verarbeitung zu Wein, der Abfüllung in Flaschen, der Etikettierung und schließlich dem Vertrieb. Die komplette Wertschöpfungskette befindet sich also praktisch im Betrieb – und damit auch die Kosten. Der Winzer bringt das auf eine kurze Formel: „In den ersten drei Jahren ist nur Arbeit und kein Ertrag.“ Diese Tatsache wiederum nimmt Matthias Jahnke zum Anlass für folgenden Appell: „Wir wünschen uns von der Politik, dass sie unserer Branche und Arbeit mehr Aufmerksamkeit schenkt; und wir hoffen, dass die Brandenburger Verbraucher die heimischen Produkte stärker wertschätzen.“

Bäckerei Bubner: Nah am Kunden – mit Herz und Verstand

Gutes Marketing: Monika und Thomas Bubner vor „ihrem“ Roggenfeld.

Handwerkliche Tradition und moderne Marketingmethoden: Diese Kombination hat Bäckermeister Thomas Bubner aus dem ländlichen Doberlug-Kirchhain zum nachhaltigen Geschäftsmodell entwickelt. Das 1897 von seinem Ur-Großvater gegründete Unternehmen – damals ein landwirtschaftlicher Betrieb mit angeschlossener Bäckerei – repräsentiert heute 23 Filialen, die in einem Radius von maximal 50 km um die Firmenzentrale im Herzen des Elbe-Elster-Kreises angesiedelt sind. Rund 340 Mitarbeiter halten das Geschäft in Schwung. Seinem Vater war eine solche Entwicklung nicht möglich, da die Betriebsgröße zu DDR-Zeiten auf höchstens zwei Filialen begrenzt war. „Wer sich nicht daran hielt, dem drohte die Enteignung“, erzählt Thomas Bubner, der 1987 in den elterlichen Betrieb einstieg, schon bald darauf die Wende erlebte und das Unternehmen in der freien Marktwirtschaft zur Blüte brachte.

Bubners Unternehmensstrategie und Marktbearbeitung werden bestimmt durch das Vertriebsgebiet. „Wir leben und arbeiten in einer sehr ländlich geprägten Region, das heißt unser Geschäft beruht kaum auf Laufkundschaft, sondern konzentriert sich auf die Stammkundschaft. Da Stammkunden Abwechslung im Angebot wollen, müssen wir uns immer wieder interessant machen“, sagt er. Zu diesem Zweck hat er eigens eine Mitarbeiterin eingestellt, die für Marketing und interne Kommunikation zuständig ist. Gemeinsam mit ihr entwickelt er innovative Sortimentsideen und Aktionen, die der Kundenbindung dienen und damit letztlich für den geschäftlichen Erfolg unabdingbar sind.

Gute Teamarbeit: Voraussetzung für den Erfolg.

Beim Stichwort Marketing nennt der in der vierten Generation tätige Firmenchef vielfältige Aktionen und Produkte, die zum einen saisonal bedingt sind (z.B. Früchte für Kuchen und Torten) oder sich an kirchlichen und weltlichen Ereignissen orientieren (z.B. Ostern oder Valentinstag). Mag man solche Aktivitäten noch als „business as usual“ ansehen, so haben andere Events schon eher außergewöhnlichen Charakter wie Specials zum Internationalen Kindertag oder eine Eis-Aktion am letzten Schultag und vieles mehr. Innovative Produktideen wie der „Sommersnack des Jahres“ (Brotwrap mit Grillgemüse) oder zeitlich limitierte Angebote wie der Apfel-Zipfel kommen der Maxime entgegen, sich selbst interessant und die Kunden neugierig zu machen und dadurch für Frequenz zu sorgen.

Bei so viel Action und wechselnden Produktangeboten ist es wichtig, seine Mitarbeiter zu motivieren, mitzunehmen und auf dem Laufenden zu halten. Das ist Aufgabe der internen Kommunikation. „Wir sind zwar nur ein regionales, aber weit verzweigtes Unternehmen. Unser Verkaufspersonal in den Filialen muss wissen, worum es geht, unsere Philosophie mittragen und unsere wechselnden Angebote erklären können. Damit zeigen wir, dass wir nah am Kunden sind. Das ist für uns viel Arbeit, aber notwendig fürs Geschäft“, betont der Bäckermeister.

Sein Geschäftsmodell versteht Bubner gewissermaßen als Rundum-Versorger: Neben einem umfangreichen und vielfältigen Sortiment, das zum Einkaufen einlädt, sieht er seine Filialen zusätzlich als Kommunikations- und Treffpunkt der Menschen, wo man sich niederlassen, etwas verzehren und sich unterhalten kann. „Wir wollen nicht nur gute Ware und kompetente Beratung anbieten, sondern auch Gastlichkeit leben“, sagt er. So ist rund die Hälfte der Standorte als Cafés eingerichtet, wo man in einer Wohlfühl-Atmosphäre verweilen kann. Die kleineren Filialen sind eher mit Sitzecken und/oder Stehtischen für den Verzehr zwischendurch ausgestattet.

Guter Standort: Bubner-Vorkassenfiliale bei Edeka in Finsterwalde.

„Gerade hier auf dem Land müssen wir dem Kunden viele Gründe bieten, zu uns zu kommen: zum Einkaufen, Frühstücken, Mittagessen und nachmittags zum Kaffeetrinken. Hat man ihn nämlich im Laden, dann wird er gewöhnlich zum Konsumenten“, so Bubner. Beides zusammen – Filialkonzept und Marketingmaßnahmen – fördert also Kundenfrequenz und -reichweite. Das gilt auch für seine acht Verkaufsstellen in den Vorkassenzonen einiger Supermärkte: Edeka, Rewe, Netto und Penny. Vermarktet werden die Produkte nicht nur in den eigenen Filialen, sondern auch partiell über den Online-Shop. Hinzu kommen einige Großverbraucher wie Krankenhäuser, Altenheime und gastronomische Betriebe.

Eine „besondere Herzensangelegenheit“ ist dem Unternehmer das Thema Regionalität. Das betrifft nicht nur Lieferanten und Rohstoffe sowie Verarbeitung und Vermarktung, sondern auch die „Handvoll Produkte, die wir in Bio-Qualität herstellen.“ Er ist also der Verfechter einer (möglichst) lückenlosen regionalen Wertschöpfungskette. Aushängeschild ist die seit neun Jahren bestehende Kooperation mit einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Nähe der Backstube, der in Bubners Auftrag eine bestimmte Roggensorte anbaut, die im Spreewald gemahlen und bei ihm verarbeitet wird. Und selbstverständlich von einer wirksamen Marketingmaßnahme begleitet wird: Schildern an strategischen Punkten „seines“ Roggenfeldes, die auf die exklusive Zusammenarbeit hinweisen.

Branchenkooperation auf Produktebene: Regionale Wertschöpfung, breiter aufgestellt

Linkes Bild: Phillip Kliem (Fleischerei Lehmann, links) und Steffen Papendorf (Neumarkt Fleischerei, rechts) erfreuen sich am Gewusel der Fläminger Duroc-Schweine; Rechtes Bild: Bernhardt von der Marwitz (Gut Friedersdorf, links) Isabella Krause (KIWERTa, Mitte) und Jan Heinemann (WDM, rechts) präsentieren die Kichererbse.

Regionale Wertschöpfungsketten schaffen und ausbauen – diese Devise ist in Brandenburg keine leere Floskel, sondern gelebte Praxis. Das gilt insbesondere für die Akteure der heimischen Ernährungswirtschaft – egal ob Erzeuger, Verarbeiter oder Konsumenten von Lebensmitteln. Und immer mit dabei die Politik, die dieses Verhalten nicht nur gutheißt, sondern auch aktiv fördert. Das steht nämlich schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag von 2019, dem „Pflichtenheft“ der Brandenburger Landesregierung, und wird vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) Zug um Zug umgesetzt. Mehr noch: Die Lebensmittelproduzenten selbst beziehen immer mehr Kollegenbetriebe und damit „seitliche“ Glieder der regionalen Wertschöpfungskette in die Prozessoptimierung sowie Produktentwicklung und -vermarktung mit ein. Wir zeigen Ihnen drei Beispiele einer erfolgreichen Kooperation auf Produktebene.

Das Bestreben, ein zu 100 Prozent natürliches Eis herzustellen, treibt die Eismanufaktur jeden Tag aufs Neue an. Die Zufriedenheit der Kunden bestätigt diese Mission. Die hauseigenen Rezepturen hat die Eismanufaktur über die Jahre verfeinert, um heute sagen zu können: „Unser Eis am Stiel schmeckt nach dem, was drin ist.“ Das Unternehmen verarbeitet echte Früchte, Milch und Joghurt aus der Region Brandenburg und verwendet ausschließlich Fairtrade Zucker.

„Besonders die Zusammenarbeit mit Benjamin Meise, Inhaber und Geschäftsführer der Fürstenwalder Agrarprodukte GmbH, ist für uns eine ganz besondere Verbindung und Vernetzung mit der Region. Die Qualität seiner Milch- und Joghurt-Produkte hat uns und unsere Kunden in der Weiterverarbeitung absolut überzeugt“, so Jörg Ellmer, Inhaber von California Pops. Die Fürstenwalder Agrarprodukte bestätigen dies ihrerseits mit einem Verkauf des Eis am Stiel auf ihrem eigenen Hof. Für die künftige Zusammenarbeit gibt es, so Ellmer, schon neue Ideenansätze.

Der bio-vegane Brandenburger Kichererbsen-Topf im Glas ist ein Ergebnis des vom Land Brandenburg geförderten Projekts KIWERTa. Im Rahmen von KIWERTa wird gemeinschaftlich versucht, in der Region eine nachhaltige Wertschöpfungskette rund um die Kichererbse zu entwickeln, die von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zum Handel und der Gastronomie reicht. Projektnehmerin ist die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg. Gut Friedersdorf baut die biozertifizierten Kichererbsen an und WDM („Wünsch Dir Mahl“) sorgt für die Weiterverarbeitung sowie den Vertrieb in der Region.

Um im Anbauspektrum neben klassischem Getreide, Körnermais oder Sonnenblume den Betrieb in Zeiten des Klimawandels zukunftsfähiger zu gestalten, experimentiert Gut Friedersdorf bereits seit 2021 mit Kichererbsen. Die regional angebauten Hülsenfrüchte sind die Hauptzutat des Eintopfs. Die Kichererbsen überzeugen, so WDM, durch ihren milden, nussigen Geschmack und ihre zarte Textur. Sie werden in einem ausgewogenen Mix aus frischem, saisonalem Gemüse wie saftigen Möhren und sonnengereiften Tomaten verarbeitet.

„Vom Futter bis zur Wurst – alles aus der Region Fläming“. So lautet das Motto der Neumarkt Fleischerei in Jüterbog „Im Herzen der Mark Brandenburg, auf den Feldern im Übergang vom Niederen zum Hohen Fläming, liegen unsere Weidelandschaften und Anbauflächen. Die Basis guten, ehrlichen Fleischgeschmacks erzeugen wir seit 1990 mit naturnaher, artgerechter Tierhaltung, eigener Futtermittelherstellung und Verarbeitung in handwerklicher Fleischertradition.“, so Geschäftsführer Steffen Papendorf. Als Tochtergesellschaft profitiert die Neumarkt Fleischerei im großen Umfang vom Anschluss an die Jüterboger Agrargenossenschaft, die die Futtermittelproduktion und die Aufzucht der Tiere (Fleckvieh-Kühe, Fläminger Duroc-Schweine) übernimmt.

Andere Fleischerbetriebe wurden nie als Konkurrenten, sondern stets als Chance für die Kooperation betrachtet. Durch den Strukturwandel bzw. die immer weniger werdenden Handwerksbetriebe bewährt sich die langfristig praktizierte Kooperation und wird auch die Zukunft bestimmen. Insbesondere in Zusammenarbeit mit der Fleischerei Lehmann aus Trebbin oder mit der Hoffleischerei Kaplick in Alt Bork im Fläming werden die Tiere der Neumarkt Fleischerei geschlachtet. Zur Verarbeitung und Verpackung geht das Fleisch zurück nach Jüterbog.

Regionalität bei Penny Ost

Hingucker: Präsentation der regionalen Eigenmarke für Obst und Gemüse in der Handzettelwerbung.

„Penny ist der Discounter mitten im Leben der Menschen“, sagt die REWE Group über ihre Tochtergesellschaft. Sie sei ein moderner Nahversorger, der die Nachbarschaft in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten und Kommunikation stellt. Diesen Nachbarschaftsgedanken lebt Penny konsequent in seinen rund 2.150 Filialen in ganz Deutschland. Darunter natürlich auch in seinen exakt 476 Standorten der Region Ost, also in Berlin und den fünf Bundesländern Ostdeutschlands. Wie bei REWE, der Vollsortiments-Schwester, werden auch hier Regionalität und Lokalität im Warenangebot großgeschrieben. Was das für Berlin und Brandenburg heißt, erzählte uns Bernd Kinzig (Foto), der Leiter des regionalen Einkaufs Penny Ost.

Wenn auch die Konzernzentrale in Köln prinzipiell die Hoheit über das Warenangebot ihrer Märkte hat, also die Einkäufer in der Domstadt entscheiden, was in die Regale kommt und was nicht, „können wir uns bei der Auswahl unserer regionalen Lieferanten innerhalb gewisser Leitplanken recht frei bewegen“, erklärt Bernd Kinzig. „Je nach Kategorie, also beispielsweise Fleisch oder Obst und Gemüse, haben wir eine Vermittlerfunktion zwischen Lieferant und nationalem Einkauf.“ In Klartext: Wenn auch die regionale Listungskompetenz bei den Einkäufern vor Ort liegt (sie kennen Lieferanten und Produkte), wird jeder Vorschlag im Einzelfall mit den nationalen Kollegen diskutiert, abgestimmt und dann über die Listung des Produkts entschieden. „Das ist ein ständiger Prozess.“

Übrigens sitzen die für Ostdeutschland zuständigen Niederlassungen von Penny und REWE in Teltow quasi Tür an Tür, also im selben Gebäude, arbeiten aber unabhängig voneinander. Bernd Kinzig und sein Team entscheiden mit Blick auf die Penny-Märkte (Performance, Handzettelwerbung, Aktionen etc.) also unabhängig von REWE. „Wir brauchen keine Rücksprachen und sind recht autark“, sagt er. Was natürlich nicht heißt, dass man auf den gelegentlichen Erfahrungsaustauch grundsätzlich verzichtet.

Zur Klarstellung: Wenn Penny Ost von gelisteten regionalen Produkten spricht, dann handelt es sich um solche, die aus dem gesamten Verbreitungsgebiet stammen bzw. dorthin distribuiert werden. Mit anderen Worten: Regionale Produkte in den Filialen von Berlin/Brandenburg kommen nicht nur aus heimischen Gefilden, sondern auch aus anderen Bundesländern Ostdeutschlands. Und umgekehrt. In diesem Zusammenhang weist Bernd Kinzig darauf hin, dass derzeit ca. 1.300 Artikel aus der Region Ost in den Penny-Ost-Filialen distribuiert sind; 500 davon haben den Status einer festen Listung. 130 dieser Artikel sind aus den Bundesländern Berlin/Brandenburg. 

Fingerzeig: Einkäufer Bernd Kinzig markiert die Gebiete, für die er zuständig ist – Penny Ost und Penny Süd.

Die restlichen 800 sind so genannte „in/out-Artikel“ – nicht gelistete Werbeartikel, die über einen Zeitraum von 52 Wochen mit Handzetteln beworben werden.

Dazu Bernd Kinzig: „Das sind Produkte, die zeitlich befristet nur für bestimmte Aktionen im Sortiment zu finden sind. Was im Übrigen eine gute Testmöglichkeit ist. Deshalb ist dieses Verfahren für uns sehr wertvoll. Das kann dazu führen, dass je nach Kundenresonanz in Abstimmung mit den nationalen Kollegen daraus ein fester Listungsartikel für die Region wird oder die Artikel in regelmäßigen Abständen wiederholt bei Aktionen eingesetzt werden.“

Sichtbarkeit: Aufmerksamkeitsstarke Platzierung regionaler Produkte.

Abgesehen von Sonderplatzierungen und Aktionsware sind gelistete Artikel in die jeweiligen Warengruppenregale integriert. Damit das für den Kunden sichtbar wird, arbeitet Penny mit regionalen Einsteckern bzw. Auslobungen im Rahmen der Preisauszeichnung. Dort fällt sofort der Schriftzug „Regional“ samt Nennung des jeweiligen Herkunftslandes ins Auge. Anders bei Obst und Gemüse: Hier sind die Produkte mit dem Schriftzug „Marktliebe“, der regionalen Eigenmarke, gekennzeichnet.

Insgesamt weist Bernd Kinzig mit Nachdruck darauf hin, dass Penny-Ost für die Zusammenarbeit mit weiteren Lieferanten aus der Region offen ist. Das gilt grundsätzlich für alle Sortimente, wobei man sein Auge vor allem auf Frische-Bereiche und Getränke geworfen hat. Und: „Wir legen Wert auf partnerschaftliche und nachhaltige Zusammenarbeit“, sagt Bernd Kinzig und

betont: „Wir reden auf Augenhöhe miteinander und wollen voneinander lernen.“

Davon können sich Erzeuger und Verarbeiter von Produkten aus Berlin/Brandenburg schon in Kürze selbst ein Bild machen, nämlich am 13. August 2024 beim pro agro-Stammtisch der Ernährungswirtschaft bei Penny-Ost in Teltow. Das sei eine „hervorragende Gelegenheit, mit vorhandenen und potenziellen Partnern zusammenzukommen und Strategien für die Zusammenarbeit zu entwerfen“, heißt es in Teltow. Für Penny jedenfalls ist dieses Informations- und Austauschformat absolutes Neuland: „Wir machen das zum ersten Mal in der Region Ost“, gesteht Bernd Kinzig.

Havelicious: Kleines Gebinde, großer Markenauftritt

Grüne Schoten: Ernte in den Bergen Madagaskars.

Ein Start-up, wie es im Buche steht: Als der US-Amerikaner und Pilot vor vielen Jahren nach Berlin kam und bei einer namhaften Fluggesellschaft anheuerte, hätte er sich nicht träumen lassen, dass er Jahre später, nach seiner Frühverrentung, hier ein Lebensmittel-Unternehmen gründet. Typisch Amerikaner, möchte man sagen – kurz entschlossen, zupackend und unbeirrt. Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis die Geschäftsidee reif für den Markt war, bis James Phillips die Produktion starten konnte. Als Firmenzentrale und Produktionsstätte dient ihm sein Privathaus, wo er gemeinsam mit Sohn Sören in einer separat eingerichteten gewerblichen Küche ein exotisches Rohprodukt in mehreren Aggregatzuständen und für unterschiedliche Verwendungszwecke verarbeitet. So wird mit viel Handarbeit die Vanille aus Madagaskar in Falkensee zu einem Markenprodukt veredelt.

Hinter der Geschäftsidee stand ein ganz praktischer Grund: Als sich herausstellte, dass die Tochter – ein Fan von selbst fabriziertem Vanille-Gebäck – gegen bestimmte Zutaten in den von ihr verwendeten Vanilleextrakten allergisch ist, haben Vater und Bruder so lange in der privaten Küche herumexperimentiert, bis sie die Rezeptur für ein Extrakt ohne Nebenwirkungen gefunden haben. Des Rätsels Lösung war letztlich einfach: Durch Verzicht auf künstliche Zusätze wie Geschmacksverstärker, Aromen und andere Zutaten war es ihnen gelungen, dem Familienmitglied Linderung zu verschaffen.

Bitte recht freundlich: James Phillips und sein Sohn Sören präsentieren ihr Vanille-Sortiment während der Grünen Woche 2024 in der Brandenburghalle.

Das war die Geburtsstunde des Unternehmens zur Herstellung von Vanilleprodukten. Vater James und Sören, der gerade sein BWL-Studium abgeschlossen hatte, gründeten die Firma „Havelicious“, einer begrifflichen Mixtur aus „Havelland“ (Sitz der Firma) und dem englischen Wort „delicious“ (lecker, köstlich). Die beiden familiären Gesellschafter des Zwei-Mann-Betriebs ohne weitere Mitarbeiter, fungieren dabei als „Mädchen für alles“: Verwaltungskram erledigen, Rohware besorgen, Produktion bewerkstelligen und vieles mehr. Jedenfalls jetzt noch, praktisch in der Startphase. Von der Idee bis zum Produktionsstart hatte es allerdings noch fast zwei Jahre gedauert. Es begann mit einem Teilumbau des Familien-Wohnhauses, um dort Räume unterzubringen wie eine gewerbliche Küche oder ein Lager (dafür muss zur Zeit noch Sörens Kinderzimmer herhalten) und dergleichen. Hinzu kam der Papierkrieg mit den Behörden zwecks Bio-Zertifizierung.

Vor allem die Suche nach geeigneten Lieferanten erwies sich als äußerst zeitraubend. Die beiden Männer haben praktisch den ganzen Erdball abgeklappert – per Internet und Telefon natürlich, nicht physisch.

„Die meisten Anbieter kamen nicht in Frage, weil sie Groß- und Zwischenhändler waren“, erzählt James Phillips. „Wir wollten unsere Rohware aber direkt von landwirtschaftlichen Erzeugern beziehen. Außerdem waren die Bio-Zertifikate häufig äußerst suspekt.“ Schließlich führten die umfangreichen Recherchen zu einer landwirtschaftlichen Genossenschaft in Madagaskar, der rund 500 Bauern angeschlossen sind. „Das ist eine sehr vertrauenswürdige und zuverlässige Organisation, die über viele internationale Kontakte und Partnerschaften verfügt und unsere Ansprüche voll und ganz erfüllt“, sagt er. Gerade im Februar 2024 habe man sich auf der Biofach in Nürnberg getroffen; dort sei die Genossenschaft Aussteller gewesen.

Fermentierte Schoten: Exakt gestapelt für den Export in alle Welt.

Derzeit bezieht Havelicious rund eine Tonne Vanille-Rohware (hauptsächlich Schoten und Pulver) von seinem Lieferanten. In zwei bis drei Jahren wird nach Einschätzung von James Phillips die Menge von fünf Tonnen erreicht. Das ist bei Berücksichtigung der ziemlich kleinen Gebinde der fertigen Produkte eine ganze Menge. „Wir bekommen in Kürze die nächsten 400 kg Pulver geliefert, die wir in 15gr-Gläser abfüllen. Das sind über 26.000 Gläser“, rechnet er vor.

Zur Vanille-Produktpalette gehören neben Pulver auch Schoten, Extrakt, Paste, Zucker und Sirup. Vermarktet wird das Sortiment auf unterschiedlichen Wegen. Dazu zählt z.B. der Verkauf auf Wochenmärkten, was gewissermaßen als authentischer Live-Test für die Kundenresonanz betrachtet wird.

Außerdem hat das Unternehmen einen eigenen Online-Shop und ist zusätzlich auf digitalen Plattformen wie amazon und Etsy präsent. Was den stationären Lebensmittelhandel angeht, ist noch einige Aufbauarbeit zu leisten. Doch immerhin sind die Produkte seit zwei Monaten in den Regalen von Denns-Biofachmarkt zu finden – nicht bundesweit, aber in Berlin/Brandenburg. Bei den Handels-„Dickschiffen“ Edeka und Rewe Fuß zu fassen, ist keine leichte Übung. Wenigstens einen Fuß in der Tür, um im Bild im bleiben, hat Havelicious jetzt bei Edeka.

So ist es gelungen, ab Eröffnung des neuen E-Centers in Nauen (Mitte August, wir berichteten darüber) beim regionalen Sortiment dabei zu sein. Inhaber Christian Dorfmann hat Newcomer James Phillips eingeladen, die Vanille-Produkte im Rahmen des so genannten Hofladen-Konzepts auf separater Fläche anzubieten und zeitweise auch persönlich vor Ort vorzustellen. „Das ist natürlich ein Traum, in diesem Rahmen direkt mit Kunden ins Gespräch zu kommen“, freut er sich. Und hofft natürlich auf gute Abverkaufszahlen, denn das könnte für die Listungschancen bei Edeka förderlich sein. Vor diesem Hintergrund forciert das Inhaber-Duo derzeit den Markenauftritt der Produkte.

Verarbeitete Schoten: Neuer Markenauftritt für den Verkauf im Lebensmitteleinzelhandel.

Auf dem Etikett werden beispielswiese die Text-Informationen wegen der besseren Lesbarkeit größer geschrieben sowie der Produktname hervorgehoben und das Logo kleiner dargestellt. Außerdem befinden sich Regalständer in der Entwicklung, deren Material sowie Form- und Farbgebung sehr aufmerksamkeitsstark sind. „Wir wollen aus einem Nischenprodukt ein hochwertiges Markenprodukt in verschiedenen Variationen und Anwendungen machen“, fasst James Phillips zusammen.

Marktschwärmerei Deutschland: Nach Durststrecke wieder in der Erfolgsspur

Private Atmosphäre: Abholen der Ware in einer Marktschwärmerei.

Zehn Jahre in Deutschland, ein kleines Firmenjubiläum also. Das ist doch schon mal was! Das 2011 in Frankreich gegründete und 2014 in Berlin eingeführte Vermarktungs-Netzwerk hat sich in der letzten Dekade hierzulande etabliert, hat in externen Krisen (Pandemie, Krieg, Inflation) Federn lassen müssen und befindet sich heute wieder auf der Erfolgsspur. Trotz Kosten- und Umsatzkrise in der jüngsten Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Kombination aus Onlineshop und Bauernmarkt ein robustes Geschäftsmodell ist und das Prinzip, Verbraucher und Erzeuger regionaler Lebensmittel zusammenzubringen, weiter auf nachhaltiges Interesse stößt. Felix Virmani (Foto © Franziska Evers), Geschäftsleiter Deutschland, bringt uns auf den neuesten Stand.

Gegenwärtig arbeitet man in der Hauptstadtregion mit 362 landwirtschaftlichen Erzeugern („Partnern“) zusammen, die monatlich insgesamt rund 1.200 Kunden („Mitglieder“) beliefern. In Berlin und Brandenburg gibt es 33 Abholpunkte („Schwärmereien“/„Gastgeber“), wo die bestellte Ware bereitliegt und sich Kunde wie Erzeuger persönlich treffen und austauschen. Die Zahlen mögen niedriger sein als vor der Krise, was aber nicht heißt, dass das Netzwerk-Konzept ein Auslaufmodell ist. Im Gegenteil, wie Felix Virmani, sagt: „Wir haben zwar momentan etwas weniger, aber nach wie vor außerordentlich treue Kunden, deren Warenkörbe immer gut gefüllt sind. Um wieder zu alter Stärke zu gelangen, bedarf es üppiger Marketing-Budgets, über die der kleine Direktvermarkter nur selten verfügt. Da braucht es Geduld und einen langen Atem.“

Natürlich ist das Kaufverhalten der Verbraucher derzeit immer noch von Vorsicht geprägt, aber das Image regionaler Produkte ist weiter ungebrochen positiv: Vertrauen und Verlässlichkeit, kurze Wege und emotionale Bindung an die Region sind immer noch Werte, die bei den Kunden hoch geschätzt sind, selbst wenn man dafür etwas tiefer ins Portemonnaie greifen muss. Eine Bestätigung sieht Felix Virmani darin, dass „selbst die großen Handelsketten in ihrer Kundenansprache bekräftigen, wie wichtig ihnen Regionalität ist“. Abgesehen von hoher Qualität der Produkte, die praktisch Standard sein muss, „liegt unsere Stärke auch darin, dass wir eine

direkte Beziehung zu den Lebensmitteln herstellen und durch den Kaufakt gleichzeitig die Menschen, die hinter den Produkten stehen, sowie das Gewerbe in der Nachbarschaft unterstützen“.

Obwohl die Marktschwärmer ein anderes Geschäftsmodell als der klassische Lebensmitteleinzelhandel praktizieren, dient der LEH gewissermaßen als „Referenz im Angebot frischer Ware bzw. in der Frage regional/nichtregional“. Das bezieht sich nicht nur auf das Sortiment, sondern auch auf die Preistransparenz. So testet Marktschwärmer aktuell eine Produktkategorie, mit der die „guten Preise“ auf der Plattform noch sichtbarer werden sollen. Die Kunden können auf diese Weise feststellen, dass bei den Marktschwärmern im Vergleich zum LEH keineswegs Mondpreise aufgerufen werden. Das ändert nichts daran, dass die Partner, also die landwirtschaftlichen Erzeuger von Lebensmitteln, die Preise für ihre Produkte nach wie vor selbst festlegen.

In diesem Punkt, wie in vielen anderen auch, hat sich das Geschäftsmodell in den vergangenen zehn Jahren nicht verändert. Im Unterschied zu früher hat man jedoch 2023 ein neues Strukturelement eingeführt, das die Erfahrungen und Bedürfnisse vor Ort bei grundsätzlichen Entscheidungen mit einbezieht. Das heißt konkret, dass bei den monatlichen Meetings in der Berliner Zentrale jeweils zwei Personen aus der Gastgeber-Ebene mit von der Partie sind, wenn etwa Marketing- oder Budgetfragen diskutiert werden. Das ist nicht nur gut für’s gegenseitige Vertrauen, sondern berücksichtigt auch stärker die lokalen oder regionalen Bedingungen.

Zum Basissortiment einer jeden Marktschwärmerei gehören Obst und Gemüse, Fleisch, Milch, Eier und Brot. „Es ist unser Anspruch, dass diese Warengruppen flächendeckend zur Verfügung stehen“, sagt Felix Virmani, fügt aber hinzu, dass „es hin und wieder Lücken im Warenkorb gibt, die wir beheben wollen“. Genannt werden in diesem Zusammenhang vor allem Brot und Obst. Das gelte insbesondere für den Raum Berlin/Brandenburg, wo noch ein gewisses Potenzial bestehe.

Zu guter Letzt die Frage: Gibt es einen Jubiläums-Event? Ja, und zwar eine große Verkostungsaktion in über 30 Schwärmereien in ganz Deutschland. Das ist ein Kooperationsprojekt mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, dem Bundesverband der Regionalbewegung und anderen. Für die Hauptstadtregion ist auch pro agro als Partner mit im Boot. Wann und wo das Ereignis stattfinden wird, kann man ab Mitte August auf der Website „Tag der Regionen“ einsehen.

Cluster Ernährungswirtschaft Brandenburg: Impulsgeber und Vermittler

Clustermanager Dr. Detmar Leitow (Mitte, Foto WFBB)…

Als Teil der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg (WFBB) fungiert das für die Ernährungswirtschaft zuständige Cluster als Netzwerk und Plattform für die Branche der Hauptstadtregion: Menschen zusammenbringen, Projekte initiieren, innovative Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette schaffen, Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft herstellen. Ziel der Aktivitäten ist es, die heimischen Erzeuger und Verarbeiter von Lebensmitteln zu unterstützen und im Wettbewerb zu stärken sowie die Zusammenarbeit aller Clusteraktiven zu fördern und nachhaltig zu etablieren.  „Wir verstehen uns als Impulsgeber, Initiator und Moderator gleichermaßen“, beschreibt Clustermanager Dr. Detmar Leitow sein vielseitiges Arbeitsfeld, das er gemeinsam mit seiner Kollegin Janina Löbel verantwortet.

In einem weiter gefassten Sinne versteht sich das Clustermanagement auch als Begleiter und Verbinder der Wirtschaft und Wissenschaft. „Je nach Themenbereich strecken wir unsere Fühler in der eigenen Branche oder an den Nahtstellen zu anderen Wirtschaftsbereichen aus, wo ein nützliches Erfahrungspotenzial besteht“, erklärt der Clustermanager.

… und Projektmanagerin Janina Löbel (links, Foto WFBB/Enters) im Gespräch mit Akteuren aus dem Cluster.

Die Ernährungswirtschaft ist im Bereich der Produktentwicklung und -weiterentwicklung kreativ und innovativ unterwegs. Bei branchenübergreifenden Themen wie Digitalisierung, der bioökonomischen Verwertung von Rest- und Nebenströmen oder der Logistik ist sie jedoch vor allem Anwendungsbranche und damit auf Anstöße anderer Wirtschaftszweige angewiesen. Mit Hilfe des Clustermanagements und geeigneter Kooperationen können innovative und vor allem zielführende, praxisorientierte Lösungen für die Branche gefunden werden. Da wird dann geschaut, wo die entsprechenden Experten sitzen – in der eigenen Branche, in der Wissenschaft oder in sonstigen relevanten Einrichtungen. Durch umfassende Vernetzung mit Experten aller Art kann das Clustermanagement dazu beitragen, dass auch Detailfragen beantwortet werden.

So gesehen hat die Tätigkeit des Clusters viel von einer Vermittlungsagentur, in deren Netzwerk sich die „Gewerke“ befinden, die vor der Vermarktungsstufe operieren: Produktentwicklung, Lebensmitteltechnologie, Lebensmittelrecht und vieles mehr. Bei Fragen der Vermarktung wiederum kooperiert man partnerschaftlich mit dem Marketingverband pro agro, der nicht nur wichtige Kontakte und Zugang zum regionalen Handel hat, sondern auch über eine Fülle von Kommunikationsinstrumenten verfügt. Für Fragen rund um Personal und Arbeitsrecht kann das Clustermanagement z.B. auf die Wirtschaftsvereinigung der Ernährungsindustrie Berlin-Brandenburg (WVEB) verweisen (siehe auch unser Interview im pro agro-Newsletter 06/2024).

Wirtschaftsminister Jörg Steinbach und Clustersprecherin Dorothee Berger umrahmen die Gewinner des Brandenburger Innovationspreises 2024 von Havelmi (Foto MWAE/Maltry).

Über die Vermittlungstätigkeit hinaus (Detmar Leitow bezeichnet sich und Janina Löbel als „Scouts“) besteht eine wesentliche Aufgabe des Clusters darin, Denkanstöße und Impulse zu geben. Das geschieht vornehmlich durch Branchenveranstaltungen, die für die Teilnehmer nicht nur der Informationsaufnahme, sondern auch der Vernetzung durch persönlichen Austausch dienen. Da wäre etwa der „Food Talk Innovative Ideen für die Ernährungswirtschaft“ (am 4. September 2024) oder das Format „Praxis trifft Forschung“ zu nennen; nicht zu vergessen die jährliche „Cross-Cluster-Konferenz“, in deren Rahmen das Wirtschaftsministerium den Brandenburger Innovationspreis vergibt.

Das Cluster Ernährungswirtschaft trägt zwar die Herkunft „Brandenburg“ in seinem Namen, arbeitet aber auch mit Partnern in Berlin zusammen – seien es Lebensmittel- und andere Unternehmen oder Universitäten und vergleichbare Institutionen. Detmar Leitow: „Generell verstehen wir uns zwar als Vermittler. Manchmal sind wir aber auch schlicht Übersetzer – wenn Wissenschaftssprache auf Wirtschaftssprache trifft. Da heißt es hin und wieder dicke Bretter bohren“, schmunzelt er.

Verbraucherkampagne startet ab Juli durch

Digitaler Auftritt: Screenshot der Website mit vielen Informationen (Foto: pro agro)

Mit Beginn der Ukrainekrise und den inflationsbedingten Preisentwicklungen bei Lebensmitteln auf breiter Front wirkt sich die Kaufzurückhaltung auch auf kleine und mittelständische Unternehmen der Ernährungswirtschaft in Brandenburg aus. Dessen ungeachtet zeigen Konsumentenstudien aus der Hauptstadtregion die hohe Identifikation mit regionalen Produkten und deren Herstellern. Und da versierte Marketingexperten gerne den Rat geben, antizyklisch zu werben, gilt strategisch der Leitsatz: In der Krise ist nach der Krise. Die Chance, in diesen Zeiten die Einstellungen und nicht zuletzt mittelfristig das Kaufverhalten zu beeinflussen, hatte bereits die Brandenburger Unternehmer-Initiative Ernährungswirtschaft erkannt und mit Kampagnen in den Jahren 2022 und 2023 flankiert.

Im ersten Quartal 2024 hat das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg (MLUK) den Agrarmarketingverband pro agro e.V. mit der konzeptionellen Betreuung und operativen Begleitung einer Fortsetzung der Verbraucherkommunikation im laufenden Jahr beauftragt. „Bis Dezember 2024 stehen 500.000 Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung, um die positiven Wirkungen regionaler Partnerschaften vom Hof bis ins Regal für unsere Gesellschaft zu verdeutlichen. Es ist uns wichtig, den Dialog mit Verbrauchern kontinuierlich zu gestalten. Denn von einer positiven Haltung zu regionalen Lebensmitteln bis zum Einkauf ist es oft ein weiter Weg“, begründet Minister Axel Vogel die Notwendigkeit für eine nachhaltige Kommunikationskampagne.

In Szene gesetzt: Filmaufnahmen in einem REWE-Supermarkt (Foto: pro agro/Lorelai Wimmer).

Der Verband pro agro wird für den gesamten Zeitraum die Kampagnenführung verantworten. Die Schwerpunkte von Juli bis Dezember werden in einem ausgewogenen Mix von Social-Media- und klassischen Medien-Aktivitäten (TV-, Radio- oder Kinowerbung) liegen. In einem Auswahlverfahren unter vier Agenturen wurde der Auftrag für den Social-Media Part an die Agentur bernd GmbH aus dem Berliner Westhafen vergeben. Das junge Team überzeugte vor allen Dingen durch die Kernidee zur Entwicklung interessanter Inhalte für die Webseite, Facebook, Instagram, youtube und Google.

Mit einem „Tiny-House auf Rädern“ werden die Social-Media-Spezialisten Regionen in Brandenburg besuchen und Geschichten von Unternehmen, Verbrauchern, Landschaft, Luft und Liebe zu Brandenburg produzieren. Dass bei den Rundreisen durch Brandenburg auch Lebensmittelerzeuger und -hersteller zu Wort kommen, ist selbstverständlich. Insgesamt stehen drei Touren auf dem Programm. Ab Juni beginnt die Reise in die Uckermark, in den Barnim und zu Supermärkten in Brandenburg und Berlin. EDEKA und REWE haben hier volle Kooperationsbereitschaft zugesagt.

Die Geschichte mit dem Tiny-House wird in unterschiedlichen Formaten aufbereitet, publiziert und beworben. „Mit der Grundidee einer medialen Reise durch Brandenburg gehen wir mit der Agentur neue Wege. Interessante Botschaften für Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbreiten, bedeutet in diesem Fall auch sehr viel inhaltliche Vorbereitung und die engagierte Mitarbeit vieler „Botschafter“ unserer regionalen Identität. Wir haben das Ziel, Kopf und Herz der Berliner und Brandenburger zu erreichen. Dazu gehören auch das kleine Schmunzeln und Überraschungseffekte“, lässt sich pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold vorab bereits ein wenig in die Karten schauen.

Vor der Kamera: Unternehmer Gunnar Hemme im Tiny-House auf Rädern (Foto: pro agro/Lorelai Wimmer).

In Abstimmung mit dem Ministerium wird der Verband die Flankierung der Social-Media-Kampagne durch garantiert reichweitenstarke Medien einplanen. Zeitliche Schwerpunkte dafür werden im September/Oktober und im Dezember liegen. Hier werden Werbespots bei BB-Radio, Werbebudgets für Kinowerbung und hunderte von Plakaten in hochfrequentierten U-Bahnhöfen und in S-Bahnen im öffentlichen Raum für Aufmerksamkeit sorgen. Emotionale Botschafter sind die wesentlichen Produktbereiche des Landes wie Brot, Obst und Gemüse, Milch und Molkereiprodukte oder Fleisch-und Wurstwaren.

Zentraler Kommunikationsanker ist die neue Webseite deine-wahl-regional.de. Da positive Emotionalität in der werblichen Kommunikation kurz und knapp erzeugt werden muss, kommt der neuen Webseite für die Kampagne die Aufgabe zu, komplexere Inhalte für interessierte Menschen aufzubereiten. Von einer stark visuell geprägten Homepage wird es möglich sein, Daten und Fakten zur Ernährungswirtschaft in Brandenburg, die Stationen von Lieferketten, wie zum Beispiel von der Aussaat in den Brotkorb, und nützliche Tipps zum Besuch von Veranstaltungen geben. Zentrales Element sind auch hier die Geschichten vom Tiny-House auf Rädern – ein Bereich, der stetig mit neuen multimedialen Inhalten befüllt wird. Zur Entspannung zwischendurch sind kleinere Gewinnspiele vorgesehen. Die Webseite ist seit dem 1. Juli online. Das Social-Media-Marketing startet im Juli, die Budgetschwerpunkte werden aber erst nach den Sommerferien ausgespielt.

Erschwernisse beim Obstanbau

Foto: Sylvia Schießer

Die deutschen Verbraucher haben sich daran gewöhnt, in den Supermärkten jeden Tag so viel frisches Obst vorzufinden, dass „sich die Balken biegen“. Das betrifft nicht nur die Menge, sondern auch die Vielfalt des Angebots. Und das, obwohl in Deutschland produziertes Obst nicht ausreicht, um die Nachfrage komplett abzudecken: Laut Bundesanstalt für Landwirtshaft und Ernährung (BLE) lag der Selbstversorgungsgrad im Wirtschaftsjahr 2022/23 gerade mal bei 22,7 Prozent. Das heißt, fast die vierfache Menge musste importiert werden. Zur Verbesserung dieses Missverhältnisses wird das Land Brandenburg nur wenig beitragen können. Nach unserer Analyse des Gemüseanbaus in Brandenburg (siehe hier) werfen wir diesmal einen Blick auf die Obstproduktion.

Zunächst die wichtigsten Strukturdaten: Die Experten unterscheiden bei den Obstarten zwischen Baumobst (Äpfel, Birnen, Süß- und Sauerkirschen, Pflaumen/Zwetschgen, Mirabellen/Renekloden u.a.), Strauchbeerenobst und Erdbeeren.

Baumobst. Nach Informationen des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg nahm der Anbau 2022 eine Fläche von insgesamt 1.380 Hektar ein. Das waren 165 Hektar weniger als bei der letzten Erhebung im Jahre 2017. Die Zahl der Betriebe ist mit 116 allerdings gleichgeblieben. Der ökologische Anbau gewinnt mit einem Umfang von 32 Prozent auch beim Baumobst weiter an Bedeutung. Hier wurde die Anbaufläche in den vergangenen fünf Jahren um 80 auf 447 Hektar vergrößert.

Die dominierende Frucht in dieser Kategorie ist der Apfel – mit 59 Prozent bzw. 818 Hektar der zur Baumobsterzeugung genutzten Fläche steht er gleichzeitig an der Spitze des gesamten Obstanbaus in Brandenburg. Die Ernte fiel 2023 mit 18.173 Tonnen spürbar geringer aus als im Vorjahr (26.599 Tonnen). Knapp drei Viertel werden als Tafelobst vermarktet und der Rest als Wirtschaftsäpfel verarbeitet (zum großen Teil vermostet). Trotz weniger Frostphasen im Frühling war nach Aussagen der Brandenburger Obstbauern die wesentliche Ursache für das mäßige Ernteergebnis eine Trockenheitsphase zwischen Mai und Juli; hinzu kamen Schädlingsbefall und lokale Unwetter.

Foto: Stefan Fröhlich

Auffälliges Strukturmerkmal bei Baumobst ist, dass 60 Prozent der Betriebe den Anbau dominieren“, ergänzt Dr. Klaus Henschel, Präsident des Gartenbauverbandes Berlin-Brandenburg. „Im Unterschied zum Gemüseanbau, wo es nur kleine oder große Betriebe gibt, verteilen sich die Größenordnungen hier recht gleichmäßig.“

Mit 240 Hektar Anbaufläche sind Süßkirschen die zweitwichtigste Obstart, mussten aber einen Flächenverlust von 37 Prozent hinnehmen. Den dritten Platz belegten Pflaumen einschl. Zwetschgen mit 121 Hektar. Die Ernteergebnisse dieser Obstarten (wie auch der Birnen, Sauerkirchen und Mirabellen) gingen im Jahr 2023 ebenfalls zurück.

Strauchbeerenobst. Hier ist die Anbaufläche 2023 gegenüber dem Vorjahr leicht auf insgesamt 1.106 Hektar gestiegen. 50 Betriebe waren in diesem Segment tätig, darunter 22 Anbauer, die rund 60 Prozent der Strauchbeerenfläche nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Die Kulturheidelbeere, Brandenburgs wichtigste Frucht in dieser Kategorie, wurde auf 419 Hektar Fläche angebaut gefolgt von Sanddorn (296 Hektar) und Aroniabeeren (knapp 200 Hektar)

Erdbeeren. Die amtlichen Zahlen für das Jahr 2023 sehen folgendermaßen aus: Die gesamte Anbaufläche betrug 231 Hektar, davon gut 191 Hektar im Freiland und knapp 40 Hektar geschützt (also in Gewächshäusern, begehbaren Folientunneln etc.). Die geschützte Anbaupraxis wird auf lange Sicht wegen der sich häufenden Klimakapriolen zunehmen – auch bei anderen Obstarten. Extremwetterereignisse wie Hagel oder Starkregen sowie Spätfröste und lange Hitzeperioden machen vor allem der besonders empfindlichen Erdbeere im Freiland zu schaffen.

Dazu Dr. Henschel: „In diesem Jahr war Obst insgesamt besonders betroffen. Wir mussten streckenweise Ernteausfälle bis zu 100 Prozent beklagen. In Brandenburg haben wir Schäden zwischen elf und 14 Millionen Euro erfasst.“ Was kann man da machen? „Wir haben der Politik gesagt, dass wir Entschädigung brauchen, damit die Betriebe weiter existieren können. Denn die Kosten laufen ja weiter bis zur nächsten Ernte.“ Ergebnis: „Wir werden eine Hilfe bekommen, ich war persönlich beim Ministerpräsidenten“, sagt der Verbandsmanager.

Vermarktet wird das Obst hauptsächlich über „die großen Vier“ des Handels: Edeka, Rewe, Aldi und Lidl. Das bewerkstelligen die großen Betriebe in der Regel über ihre Absatzorganisationen. Zusätzlich bieten sie vor allem während der Spargel- und Erdbeersaison ihre Ware in den allseits bekannten Verkaufsständen an, die für eine begrenzte Zeit in strategisch günstigen Lagen aufgebaut werden. Im laufenden Jahr ist allerdings zu beobachten, dass so mancher Standort mangels Verkaufspersonals geschlossen ist.

Foto: Sylvia Schießer

Hinzu kommt der Absatz über die Direktvermarktung auf Wochenmärkten sowie den lokalen Fachhandel – nicht zu vergessen die Weiterverarbeitungsbetriebe wie Mopro-Produzenten oder das Backgewerbe.

„Die Obsternte selbst ist nach wie vor mit viel Handarbeit verbunden“, erzählt Dr. Henschel. Bei Erdbeeren würden z. B. 60 Prozent der Kosten allein auf die Löhne der Erntekräfte entfallen. „Ich gehe davon aus, dass es keine kurzfristigen Lösungen für den Einsatz von Maschinen gibt, die praktikabel und wirtschaftlich sinnvoll sind. Es wird sich in den nächsten Jahren nichts daran ändern, dass das Obst für den Frischmarkt hauptsächlich per Hand geerntet wird“, lautet seine Prognose.

Was seiner Meinung nach aber Schritt für Schritt kommen wird, ist die Entwicklung zu mehr geschütztem Anbau. Allein bei Erdbeeren habe sich dieses Verfahren seit 2017 mehr als verdreifacht. Dabei sieht er aber schon jetzt folgendes Problem auf die Branche zukommen: „Bei allen Investitionen in den Obstanbau wie Hagelschutznetze, Photovoltaik-Paneele und vergleichbaren Maßnahmen erheben ökobewegte Menschen und Vereinigungen wegen einer Verschandelung der Landschaft sofort die Stimmen. Wir halten jedoch argumentativ dagegen und sagen: Wer künftig trotz der Wetterkapriolen und verstärktem Schädlingsdruck weiter heimisches Saisonobst essen will, muss diesen Anblick in Kauf nehmen.“

Soweit der vom Branchenexperten Dr. Klaus Henschel kommentierte Überblick. Zusätzlich habe wir Statements von zwei Obstbauern eingeholt, die uns einen kurzen Einblick in die Arbeit und Probleme vor Ort geben:

Patrick Ruffert, MEV Märkische Erzeuger- und Vermarktungsorganisation GmbH / Altlandsberg:

„Die an unsere Erzeugerorganisation angeschlossenen Betriebe – z.B. die BB Brandenburger Obst GmbH oder der Biohof Schöneiche – produzieren Obst und Gemüse auf einer Gesamtanbaufläche von über 1.500 Hektar, davon 1.100 Hektar Obst. Jährlich werden ca. 30.000 Tonnen Obst dem Lebensmitteleinzelhandel, dem Großhandel und der Verarbeitungsindustrie (für Säfte oder Apfelmus) zur Verfügung gestellt. Seit geraumer Zeit arbeiten wir unter erschwerten Rahmenbedingungen, vor allem die hohen Energie- und Personalkosten machen uns zu schaffen. Wenn dann, wie in diesem Jahr, auch noch Wetterkapriolen zuschlagen, fallen uns diese Bedingungen schmerzhaft auf die Füße, weil das Geld für wichtige Investitionen fehlt. Um uns für die Zukunft zu wappnen, müssen wir Abläufe an allen Stellen optimieren, Flächen weiter intensivieren, in Witterungsschutz investieren und viel mehr mechanisieren – nicht nur wegen der hohen Arbeitskosten, sondern auch wegen des steigenden Arbeitskräftemangels. Insgesamt müssen unsere angebauten Produkte wieder mehr wertgeschätzt werden!

Lutz Kleinert, Obstgut Marquardt / Potsdam: „Auf dem Obstgut produzieren wir Erdbeeren, Süßkirschen, Pflaumen, Äpfel, Sauerkirschen und Pfirsiche – Erdbeeren, Pflaumen und Äpfel sind dabei unsere wichtigsten Kulturen. Wir sind Direktvermarkter, das heißt unsere Kunden können das Obst auf unserem Hof selbst ernten oder in unseren Hofladen kaufen. Die Äpfel veredeln wir zudem zu eigenen Säften. Das Wissen darum, wie Lebensmittel produziert werden, warum auch EU-Subventionen benötigt werden und kein Geschenk sind, ist nicht mehr allgegenwärtig. Es braucht deshalb bei Groß und Klein wieder mehr Nähe zu den Produkten. Außerdem wünschen wir uns weniger Bürokratie, denn vor allem der Aufwand und die Kosten für Genehmigungen und Zertifizierungen sind enorm. Wir möchten auch in Zukunft Obst im Freilandanbau produzieren – in einer Qualität und zu einem Preis, die unsere Kunden überzeugt. Hierfür werden wir auf Kulturen setzen, die für uns handhabbar sind und zu unseren klimatischen Bedingungen passen.“

WVEB als Kompetenzzentrum und Netzwerk

Haus der Wirtschaft in Berlin: Sitz der WVEB und anderer Wirtschaftsverbände (Foto: UVB).

Die Wirtschaftsvereinigung der Ernährungsindustrie in Berlin-Brandenburg (WVEB) repräsentiert einen freiwilligen und solidarischen Zusammenschluss von Unternehmen einer der größten Branchen in der Hauptstadtregion. Die Mitglieder des Verbandes erwirtschaften mit rund 23.000 Beschäftigten mehr als sechs Milliarden Euro Umsatz pro Jahr und vernetzen zahlreiche Industriezweige – von Brauereien bis Süßwarenhersteller. Wir sprachen mit den beiden Geschäftsführern Nils Schuster und Klaus Jeske über Aufgaben und Ziele der WVEB, über die Herausforderungen des Wirtschaftens in schwierigen Zeiten und die notwendige Optimierung der politischen Rahmenbedingungen aus unternehmerischer Sicht.

Was zählt zu den grundlegenden Aufgaben der WVEB?

Schuster: Der Verband ist für seine Mitglieder das Kompetenzzentrum und Netzwerk bei der Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Wir setzen uns ein für eine starke regionale Ernährungsindustrie, damit sich die Unternehmen im globalen Wettbewerb dauerhaft behaupten können. Die WVEB ihrerseits ist Mitglied des Spitzenverbandes der regionalen Wirtschaft, der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Das stärkt noch einmal unsere Stimme für wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen.

Jeske: Wir stehen für die Soziale Marktwirtschaft mit einer Politik, die Wettbewerb, Freiheit und Verantwortung stärkt. Leider geht von den aktuellen Rahmenbedingungen derzeit kein Rückenwind für Wachstum und Beschäftigung aus. Wir hoffen, dass es hier bald eine Trendwende gibt.

Klaus Jeske: Bei den Verwaltungen dauert Vieles zu lange (Foto: Annette Koroll).

Welche Marktgegebenheiten sowie Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen fordern aktuell die Ernährungswirtschaft in Berlin/Brandenburg?

Schuster: Teure Rohstoffe und hohe Energiekosten sind derzeit die größte Belastung für die Lebensmittelproduzenten. Die Lieferketten sind nach der Corona-Krise inzwischen überwiegend intakt. Unsere Unternehmen haben Beschaffungswege stärker diversifiziert und konnten damit ihre Wertschöpfungsketten resilienter aufstellen. Im Zeitalter multipler Krisen überlegen die Verbraucher sehr genau, was sie sich noch leisten wollen. In den vergangenen Wochen hat sich der private Konsum wieder etwas erholt. Offensichtlich kommen die hohen Tarifabschlüsse allmählich im System an.

Jeske: Ein weiteres großes Thema ist der Fachkräftemangel. Einige unserer Mitglieder kooperieren mit Schulen oder Oberstufenzentren. Wir als WVEB fördern diese Bindung an die Schulen, indem wir mit den Initiativen „Partner Schule Wirtschaft Berlin-Brandenburg“ und „netzwerk zukunft“ im Land Brandenburg eng zusammenarbeiten und den Firmen zeigen, welche Möglichkeiten unser Netzwerk in diesem Bereich bietet.

Schuster: Eine Herausforderung wird auch das neue EU-Lieferkettengesetz sein. Wir wissen, dass viele unserer Betriebe langjährige und solide Geschäftsbeziehungen ins Ausland haben und diese sehr pflegen. Damit diese Partnerschaften nicht gefährdet werden, muss die Umsetzung der EU-Richtline so schlank wie möglich geschehen, um die Unternehmen nicht zu überfordern.

Welche Rahmenbedingungen benötigt die regionale Ernährungswirtschaft, um sich im Wettbewerb behaupten zu können?

Jeske: Ganz oben stehen für uns die drei Wahlen, zu der Brandenburg in diesem Jahr aufgerufen ist. Mit Blick auf die Landtagswahl hat sich unser Dachverband UVB klar positioniert: Unsere Branche braucht genügend Gewerbeflächen, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren und einen Investitionsturbo für die wirtschaftsrelevante Infrastruktur – von Glasfaser bis Energiespeicher. Die Region Berlin-Brandenburg ist ein attraktiver Standort, von der breit gefächerten Wissenschaftslandschaft kann die Ernährungsindustrie profitieren. Aber bei den Verwaltungen dauert Vieles zu lange. Dass es auch schneller gehen kann, hat das Projekt Tesla ja bewiesen.

Schuster: Mit großer Sorge beobachten wir, dass das Wohnungsangebot in Berlin und im Umland, etwa in Potsdam, immer knapper wird. Finden Arbeitnehmer hier keine Wohnungen für sich und ihre Familien, führt das, neben der demografischen Entwicklung, zu einer weiteren Verschärfung des Fachkräftemangels. Hier müssen Berlin und Brandenburg gegensteuern.

Nils Schuster: Neues Lieferkettengesetz als Herausforderung (Foto: Annette Koroll).

Welchen besonderen Herausforderungen müssen sich die Unternehmen jetzt und in Zukunft stellen?

Jeske: Digitalisierung, Klima und Nachhaltigkeit sind für unsere Mitglieder wichtige Themen. In Sachen Nachhaltigkeit gibt es zwei Push-Faktoren: Einerseits verlangen die Verbraucher von den Unternehmen gute, innovative Produkte, die umweltschonend hergestellt werden. Und andererseits wollen die Betriebe durch mehr Nachhaltigkeit effizienter werden, indem sie etwa Abwärme besser nutzen, Reststoffe weiter verwerten, ressourcenschonende Produktionsverfahren weiterentwickeln, Prozesse digitalisieren und energieeffizienter arbeiten. Eine umfassende Transformation braucht aber Zeit – schon wegen der Umstellung auf neue Technologien. Hier ist noch Entwicklungsarbeit nötig.

Schuster: In der Ernährungsbranche sind zudem Vertrieb und Logistik immer ein Thema, unabhängig vom Konjunkturzyklus. Im Bereich umweltfreundliche Verpackungen und Prozessinnovationen gibt es große Fortschritte und neue Technologien. Last but not least spielen bei unseren Mitgliedern Qualitäts- und Arbeitssicherheit eine große Rolle. Entsprechend streng und umfangreich sind die rechtlichen Vorgaben. Kontrollmechanismen wie Audits und Zertifizierungsmethoden sorgen zusätzlich für mehr Sicherheit.

Was ist Ihnen bzw. dem Verband darüber hinaus wichtig?

Jeske: Die Öffentlichkeit muss verstehen, dass die Industrie die größten Herausforderungen seit Jahrzehnten bewältigen muss. Unsicherheit, Standortbedingungen, Marktentwicklung – unsere Mitgliedsbetriebe befinden sich in einer Bewährungsprobe. Das hat noch nicht jeder in Politik und Gesellschaft verstanden.

Schuster: Das diskutieren wir intensiv in unseren Gremien. In den Unternehmen gibt es einen hohen Informationsbedarf. Das gilt auch für den Bereich Sozialpolitik, hier stimmen wir uns mit der bundesweit aktiven Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss eng ab. Besonders hervorheben will ich die Einbindung der WVEB in die Industry Innovators Group der UVB. Hier tauschen sich Unternehmen im digitalen Wandel aus – über die Zusammenarbeit mit Start-ups, über Künstliche Intelligenz oder über Cybersecurity.

Agargenossenschaft Neuzelle: Geschlossene Kreisläufe als Qualitätsmerkmal

„Wir sind ein Mehrfamilienbetrieb im Südosten Brandenburgs“, heißt es auf der Website des landwirtschaftlichen Betriebes. Das klingt ein bisschen nach Understatement, wenn man weiß, was sich hinter dieser Selbstbeschreibung verbirgt: ein mit modernster Technologie ausgestattetes und über 18 Gemeinden bzw. 13 Standorte „verstreutes“ Unternehmen, das sich in der Hand von über 60 Familien, sprich: aktiven Genossenschaftsmitgliedern befindet. Rechnet man die angestellten Mitarbeiter hinzu, summiert sich die Gesamtzahl der Beschäftigten auf 150; und die 5.000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche verteilen sich „wie ein großer Flickenteppich von einem zum anderen Zipfel“ auf ca. 50 Kilometer, so Frank Matheus (Foto), Vorstandvorsitzender der Genossenschaft und damit Chef des multifunktionalen Unternehmens.

Die 1991 gegründete Genossenschaft beackert heute rund 3.500 Hektar Land, das sind etwa 70 Prozent ihrer Gesamtfläche. Die verbleibenden 30 Prozent sind stillgelegt, schwer zu bewirtschaften oder dienen als Rinderweide. Mit Ausnahme der Kartoffeln, die vermarktet werden, sind die angebauten Feldfrüchte (darunter Silomais, Getreide, Luzerne, Lupine oder Sonnenblumen) hauptsächlich den Futtertrögen der Tiere vorbehalten. Nicht umsonst lautet der Firmen-Slogan „Alles aus einer Hand“, wobei hier mehr als nur die praktisch autarke Futterproduktion für die über 2.500 Rinder (darunter 800 Milchkühe) und 2.400 Mastschweine (plus 1.000 Ferkel) gemeint ist: Auch die Verarbeitung zu verkaufsfähigen Produkten geschieht in Eigenregie.

Mit einer Ausnahme: Die rund 8,5 Millionen Liter Milch, die die Kühe praktisch als „Gegenleistung“ für gute Haltung und gehaltreiches Futter abgeben, gehen komplett nach Leppersdorf zu Sachsenmilch und werden dort zu allerlei Mopro-Spezialitäten veredelt. „Wir generieren damit zu wenig Absatz, das rechnet sich für uns nicht“, erklärt Frank Matheus (Foto). Was sich im Unterschied dazu rechnet, ist der Verkauf von Wurst- und Fleischwaren aus eigener Produktion. Dazu betreibt die Genossenschaft einen eigenen Schlachthof mit 16 bis 18 Mitarbeitern, wo im Schnitt 70 Schweine und fünf Rinder pro Woche geschlachtet, zerlegt und zu Wurst (40 Sorten), Schinken, Fleischsalaten und Frischfleisch verarbeitet werden.

Nicht zu vergessen: die Kartoffeln. Sie werden teils direkt an Endverbraucher verkauft oder zu unterschiedlichen Salaten verarbeitet, und zwar ganz im Sinne der regionalen Wertschöpfung, also unter Einsatz von Kunella-Mayonnaise oder Spreewälder Gewürzgurken und anderen heimischen Zutaten. Dabei handelt es sich um eine Spezialität in einem weit gefassten Sinn. Dazu der Genossenschafts-Chef: „Wir ernten rund ein Drittel weniger Kartoffeln als die Kollegen in den großen Anbaugebieten Deutschlands. Außerdem wässern wir unsere Kartoffeln nicht, so dass sie langsamer wachsen und dadurch mehr Geschmack haben. Das macht unseren Kartoffelsalat teurer als den von anderen Herstellern. Und trotzdem wollen die Verbraucher unser Produkt. Vor Weihnachten 2023 haben wir zwei Tonnen pro Woche produziert.“ Dieses Konzept bewährt sich übrigens nicht nur in harter Währung, sondern brachte auch einen geldwerten Vorteil, on top sozusagen: den pro agro-Marketingpreis 2024 in der Kategorie Direktvermarktung.

Vertrieben werden die Produkte hauptsächlich in Brandenburg – sei es in der eigenen Landfleischerei oder dem so genannten Bauernmarkt in Neuzelle, wo unter dem Label „Neuzeller Bauernfleiß“ Fleisch- und Wurstwaren (nebst Imbiss), Kartoffeln und Gemüse sowie sonstige regionale Produkte angeboten werden. Neben zwei weiteren stationären Geschäften in Guben und Eisenhüttenstadt ist zusätzlich ein Verkaufswagen im Einsatz, der die Standorte Eisenhüttenstadt, Cottbus und Müllrose zu festen Wochenmärkten abfährt.

Darüber hinaus zählt die Genossenschaft Großverbraucher wie Gastronomie, Krankenhäuser, Altenheime, Kitas und vergleichbare Institutionen zu ihren Abnehmern. Hier kommt die Großhandelstochter Früchtequelle ins Spiel, die zum Beispiel Kartoffeln in abgepackter Form an Obst- und Gemüsehändler, Raiffeisenmärkte und andere Wiederverkäufer liefert. Zum Portfolio gehört hier auch geschälte Ware für Großküchen in Berlin – immerhin 500 bis 600 Tonnen pro Jahr.

Zu guter Letzt ist man im klassischen Lebensmitteleinzelhandel vertreten, wenn auch (noch) nicht flächendeckend, jedenfalls mit Blick auf Verbreitungsgebiet und Handelspartner. Konkret: Derzeit stehen vor allem selbstständige Kaufleute der EDEKA (einschließlich „nah & gut“) sowie deren filialisierte „Marktkauf“-Großflächen auf der Kundenliste – und auch nicht in der gesamten Hauptstadtregion, sondern lediglich in Brandburg bis vor die Tore Berlins. Und warum nicht bei REWE? „Gelistet werden ist nicht leicht“, sagt Frank Matheus und fügt hinzu: „Da muss man dicke Bretter bohren. Wir wollen erst mal das Geschäft mit EDEKA ausbauen, was aber nicht heißt, dass wir nicht offen für andere Handelsunternehmen sind.“

mirontell fein & frisch AG: Innovative Geschäftsidee und nachhaltiger Erfolg

„mirontell – der Obstsalat-Hersteller mit Tradition“: So liest sich die Selbstbeschreibung der 2004 gegründeten Familien-AG. Seinerzeit war das Unternehmen, jedenfalls nach heutigen Maßstäben, ein Startup mit einer damals exklusiven und, wie sich gezeigt hat, nachhaltigen Geschäftsidee – nämlich der Herstellung von frischen Convenience-Produkten für Hotellerie, Gastronomie und andere Großverbraucher. Dabei repräsentiert mirontell von Beginn an so ziemlich alles, was einen Mittelständler ausmacht: flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege, Geschwindigkeit in allen Belangen. Und was es mit der „Tradition“ auf sich hat, erklärt uns Belinda Scott (Foto), die als angestellter Alleinvorstand die Geschäfte führt: „Wir verstehen darunter die Zusammenführung von Handarbeitsqualität und maschineller Präzision made in Germany“.

Ursprünglich besaß die Gründerfamilie einen Fleisch verarbeitenden Betrieb und hatte deshalb intensive Kontakte in die Küchen von Gastronomie und Hotellerie. Da konnte man sehen, dass die Zutaten etwa für Obstsalate äußerst arbeitsintensiv per Hand geschnippelt wurden. So lag die Überlegung nahe, ein Dienstleistungs-Unternehmen für die Herstellung von verzehrfertigem Obst zu gründen und dadurch das Küchenpersonal von der zeit- und damit kostenaufwändigen Arbeit zu entlasten. Das war seinerzeit eine völlig neue Geschäftsidee und nicht ohne Risiko. Doch was im Wortsinne als Manufaktur mit wenigen Arbeitskräften und einem Output von wöchentlich 100 kg begann, steht heute während der Hauptsaison (Mai bis September) bei täglich ca. 15 Tonnen Obstsalat und sortenreiner Ware. Dazu braucht es nicht nur einen modernen Maschinenpark, sondern auch motivierte Mitarbeiter, 52 an der Zahl.

Manch einer wird sich fragen, was sich hinter dem außergewöhnlichen Firmennamen „mirontell“ verbirgt. Vielleicht eine auf den ersten Blick nicht erkennbare Tätigkeits- oder Produktbeschreibung? „Weder/noch“, sagt Belinda Scott. „Das ist ein reiner Fantasiename, den einer unserer Mitarbeiter damals in die Debatte geworfen hat. Er klingt geheimnisvoll, exotisch und ist sehr einprägsam. Das sorgt für Aufmerksamkeit und ist von hohem Wiedererkennungswert. Wir haben den Namen jedenfalls spontan angenommen und ihn gleich patentieren lassen.“

Da für die Herstellung der Convenience-Produkte in der Regel Südfrüchte eingesetzt werden (müssen), ist eine Zusammenarbeit mit regionalen Obstbauern nur begrenzt möglich, jedenfalls mit Blick auf das gegenwärtige Sortiment. Heute werden sieben Obstsorten verarbeitet: Ananas, drei verschiedene Sorten Melone sowie Äpfel und Orangen. Da können Lieferanten aus unseren Breitengraden kaum mithalten. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch: Als aus den Reihen der Kundschaft z. B. die Anfrage kam, einen Obstsalat mit Sanddorn zu kreieren, haben sich die Unternehmens-„Pfadfinder“ sofort auf den Weg gemacht.

Ergebnis: „Wir haben mit der Christine Berger GmbH Kontakt aufgenommen und befinden uns derzeit in der gemeinsamen Findungs- und Versuchsphase für ein marktfähiges Produkt. Das ist keine leichte Aufgabe, da Sanddorn ja eine eher saure und recht dominante Frucht ist“, so Belinda Scott.

Da liegt die Frage nahe, warum heimische Äpfel nicht zum Zuge kommen, davon gibt’s ja genug in Brandenburg. Erklärung: Die verarbeiteten Früchte müssen sehr säurehaltig sein, sonst werden sie schnell braun – ein absolutes k.o.-Kriterium für die Vermarktung von Obstsalaten und Freshcut-Ware, zumal der Hersteller ein Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) von sechs bis zehn Tagen garantiert. Also kommen zum größten Teil die Sorten Granny Smith und Greenstar zum Einsatz. Beide Äpfel neigen nicht zur Braunfärbung, sind aber in Deutschland nicht erhältlich, wohl aber in Südtirol.

Die meisten Produkte kommen aus Übersee. Von Mai bis September beschafft sich das Unternehmen die Melonen aus Spanien, Ananas zum größten Teil aus Costa Rica und Orangen aus Spanien oder Ägypten. Das heißt aber nicht, dass regionale Früchte völlig aus dem Spiel sind. Belinda Scott: „Von Werder Frucht beziehen wir beispielsweise mürbe Äpfel, die wir verarbeiten und als Fertigware an Bäckereien liefern, wo sie für diverses Apfelgebäck verwendet werden.“ Und nicht zu vergessen: der Kürbis eines Brandenburger Bio-Betriebes, den mirontell für die Gastronomie zu Würfeln verarbeitet. „Doch das ist lediglich ein herbstliches Saisongeschäft“, sagt sie.

Die Gebindegrößen beginnen bei 600 gr-Schalen, mit denen aber nur ausgewählte kleine Lebensmittelgeschäfte beliefert werden. Den Löwenanteil machen Großgebinde wie 5 Liter-Eimer aus, in denen sich 3,5 kg Obst und 1,5 Liter-Fonds mit Zitronensäure und Zucker befinden. Analog sieht der Inhalt in den 10 Liter-Eimern aus. Zum Angebot gehören Mischprodukte (Obstsalate) und sortenreine Ware wie geschnittene Orangen und gewürfelte Ananas. Das Unternehmen ist bio-zertifiziert, produziert aber die entsprechende Ware nur in kleinen Stückzahlen, da sie – im Unterschied zum Einzelhandel – bei den Geschäftskunden nicht so gefragt ist. Vermarktet werden die Produkte über den Großhandel an Hotellerie, Gastronomie und Caterer sowie an Großverbraucher wie etwa Krankenhäuser.

„Uns ist grundsätzlich an einer Zusammenarbeit mit Partnern aus Berlin und Brandenburg  gelegen“, bekräftigt Belinda Scott. Vielleicht gebe es ja Obstsorten – wie eben den Sanddorn – „die wir als Innovation in unser Portfolio integrieren können. Hier möchte ich an die Kreativität der Branche appellieren; vielleicht entsteht ja noch das eine oder andere Kooperationsprojekt mit uns. An einer Kontaktaufnahme sind wir jedenfalls sehr interessiert.“

Kaufland: Mehr heimische Produkte in den Regalen

Sonderplatzierung: Prominente Präsentation von Produkten aus Brandenburg.

Mit seinen 87 Filialen ist der Lebensmittelhändler Kaufland in unserer Region gut aufgestellt. Darunter befinden sich allein in Berlin 37 Standorte, was im Vergleich zum Flächenstaat Brandenburg (50 Standorte) viel ist und an der deutlich höheren Einwohnerdichte liegt. Die starke Präsenz des Supermarktes ist gut für die Verbraucher, aber auch für die heimischen Erzeuger und Verarbeiter von Lebensmitteln: Mit durchschnittlich 30.000 Artikeln pro Filiale steht Kaufland für ein großes Potenzial, zumal die Neckarsulmer Zentrale weiter auf die Forcierung von Regionalität setzt. „Wir wollen den regionalen Anteil unseres Sortiments weiter ausbauen und stärken, da unsere Standorte mit den jeweiligen Regionen eng verbunden sind“, bekräftigt Stefan Pammler (Foto), Leiter Warengeschäft Kaufland Region Ost.

In Berlin/Brandenburg arbeitet das Unternehmen mit mehr als 250 regionalen Lieferanten zusammen, die für ca. 3.000 Produkte stehen. Diese Zahlen sollen perspektivisch erhöht werden. Regional heißt bei den Neckarsulmern übrigens, dass die Produkte innerhalb von ca. 30 km um die Filiale herum hergestellt werden. Diese Artikel sind am Regal mit dem für Kunden deutlich sichtbaren „Regio-Herz“mit der Angabe des Bundeslandes und des Produktionsstandortes gekennzeichnet. Bei Artikeln aus dem Bundesland findet der Kunde lediglich das Regio-Herz am Regal.

Im laufenden Jahr plant Kaufland folgende Aktivitäten in der Region:

Regio-Tage. Sie finden 2024 zum dritten Mal in Folge statt, und zwar wie vergangenes Jahr  im Juni. In dieser Zeit bieten die teilnehmenden Filialen bundesweit Verkostungen und Promotions mit den regionalen Lieferanten an; die Artikel werden aufmerksamkeitsstark auf den Stirnseiten der Regale, in den Mittelgängen oder auf separaten Präsentationsflächen platziert. Jede Filiale kann ihren Termin selbst bestimmen und anmelden. Auch die Dauer der Aktion – einen oder mehrere Tage – liegt ganz in Händen der Hausleiter. Umfang und Art der Präsentation hängen natürlich mit der Größe einer Filiale zusammen.

Die Filialen haben hier einen relativ großen Spielraum an individueller Gestaltung und Eigenverantwortung.

Solche verkaufsfördernden Maßnahmen veranstalten größere Filialen nicht nur ein Mal, sondern über den Juni-Termin hinaus individuell mehrfach im Jahr. Außerdem gibt es etliche Märkte, die heimische Produkte auf den so genannten „Regio-Stirnseiten“ dauerhaft übers Jahr präsentieren. „Auf diese Weise können unsere Lieferanten ihre Produkte mit unserer Unterstützung optimal vermarkten“, sagt Stefan Pammler.

Kaufland-Stammtisch. Bei dem Kooperationsprojekt von pro agro und Kaufland handelt es sich um eine Informations- und Austauschveranstaltung mit regionalen Lieferanten auf der einen und den Ansprechpartnern aus der Region des Handelsunternehmens auf der anderen Seite.

Kennzeichnung: Das „Regio-Herz“ auf Preis-Etiketten.

Gerade kürzlich (25. April 2024) hat ein Treffen mit 30 Erzeugern und Verarbeitern von Lebensmitteln im Kaufland Logistik- und Verteilzentrum Lübbenau stattgefunden, wo Stefan Pammler einen Einblick in das aktuelle Marktgeschehen gegeben sowie die Philosophie und Regionalitätsstrategie von Kaufland vorgestellt hat. Ein zentraler Punkt war die klare Botschaft an die Gäste, „dass wir die Zusammenarbeit mit ihnen suchen und die Kontakte vertiefen wollen“.

Mit anderen Worten: Kaufland setzt weiter konsequent auf das Thema Regionalität. Mehr noch: Das Unternehmen hat sich für das laufende Jahr zum Ziel gesetzt, das Angebot von regionalen Produkten weiter zu steigern. Deshalb ist man verstärkt auf der Suche nach regionalen Partnern, um das Lieferanten-Netz vor Ort weiter auszubauen. „Voraussetzung ist allerdings, dass sie – über die notwendigen Qualitätsanforderungen hinaus – die entsprechenden Mengen übers Jahr liefern können. Das muss nicht flächendeckend für Berlin/Brandenburg insgesamt sein, das kann auch nur für eine oder wenige Filialen sein“, so Pammler.

Willkommen bei Kaufland sind also auch kleine Unternehmen, die man gezielt berät und unterstützt. Deshalb ermuntert Stefan Palmer die Lieferanten aus der Region nachdrücklich, keine Berührungsängste zu haben und Kontakt aufzunehmen. „Wir sind keine anonyme und gesichtslose Aktiengesellschaft, sondern ein offenes Unternehmen mit den entsprechenden Werten“, so sein Plädoyer.

Brandenburger Landpartie: Familienerlebnis, Kontaktbörse, Wissenstransfer

Anlässlich der größten Landwirtschaftsschau Brandenburgs öffnen am 8. und 9. Juni 2024 wieder fast 150 Gastgeber Hof, Feld und Stall, um interessierten Besuchern zu zeigen, wie Landwirtschaft funktioniert. Ursprünglich als Begegnungsevent der Erzeuger und Konsumenten von Lebensmitteln konzipiert, ist die Landpartie heute mehr als nur ein familiäres Wochenend-Erlebnis, nämlich auch eine Art Business-Plattform, wo sich Berufskollegen aus Land- und Ernährungswirtschaft begegnen und fachlich austauschen. Darüber hinaus gewährt die Landpartie der Brandenburger Politik praktische Einblicke dort, wo die allseits beschworene regionale Wertschöpfungskette ihren Anfang nimmt.

Die Landpartie wird in Zusammenarbeit von pro agro e.V., dem Landesbauernverband Brandenburg (LBV) sowie dem Brandenburger Landfrauenverband (BLV) organisiert. Ermöglicht wird die Initiative durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg. Die zentrale Eröffnungsveranstaltung findet am 8. Juni 2024 ab 10 Uhr in der Agrargenossenschaft Unterspreewald e.G. in Dürrenhofe, einem Ortsteil der Gemeinde Märkische Heide im Landkreis Dahme-Spreewald, statt.

An den beiden Tagen des Wochenendes sind folgende Gastgeber am Start: Landwirtschaftsunternehmen aller Produktionsrichtungen, Forstwirtschafts- und Fischereibetriebe, Pferdehöfe, Obst- und Gartenbauunternehmen sowie landwirtschaftliche Schulungs- und Erlebniseinrichtungen. Auch Direktvermarkter und Verarbeiter landwirtschaftlicher Produkte stellen sich als Partner der Erzeugerebene vor (die Broschüre zu Gastgebern und Angeboten der Landpartie sowie touristische und weitere Informationen finden Sie hier.)

Natürlich geht es vornehmlich darum, dass sich im entspannten Rahmen der Brandenburger Landpartie die heimischen Lebensmittel-Erzeuger und Verbraucher persönlich kennenlernen, ihre Vorstellungen und Wünsche austauschen sowie Verständnis füreinander entwickeln und Vorurteile abbauen.

Im übergeordneten Interesse des Landes – und damit auch der Wirtschaft und Politik – wird allerdings zusätzlich die Erkenntnis gefördert, dass regionale Produkte einen Mehrwert für die gesamte Region darstellen und dass der Endverbraucher durch sein Kaufverhalten seine Umgebung, das Umland und somit die Zukunft Brandenburgs mitgestaltet.

Die folgenden Kurzsporträts von Gastgebern und ihren Angeboten bestätigen den doppelten Charakter der Landpartie, nämlich als Erlebnisbühne für private Besucher sowie als Erfahrungs- und Erkenntnisort für Entscheider aus Wirtschaft und Politik. Hier eine kleine Auswahl von Betrieben für den Blick hinter die Kulissen:

Agrargenossenschaft Ranzig eG (Oder/Spree)

Angebote: Alles aus einer Hand – frisches Fleisch komplett aus eigener Produktion, vom Futter über die Züchtung bis zur Schlachtung und Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren. Besichtigung der modernen Milchviehanlage und von Feld und Flur. Profil: Landwirtschaftlicher Haupterwerb, Tierzucht, Milchproduktion und -verarbeitung, Fleischverarbeitung, Direktvermarktung.

Landwirtschaftsbetrieb Domin, Peickwitz (Oberspreewald-Lausitz)

Angebote: Informationen zur Agroforstwirtschaft (mit schnell wachsenden Gehölzen sowie Wertholz- und Obstgehölzflächen), Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Schlachtung im Hofladen, Technikschau. Profil: Landwirtschaftlicher Haupterwerb, Teilnehmer am LBV-Projekt „KLIMABAUERN Berlin-Brandenburg“, Ackerbau, erneuerbare Energie (z.B. Hackschnitzel), Direktvermarktung.

Bio Apfelhof Müller, Altlandsberg (Märkisch-Oderland)

Angebote: Hofführungen und Fahrten durch die Obstplantagen mit Erläuterungen zum ökologischen Apfelanbau, Hofladen mit vielfältigem Sortiment (Früchte aus eigenem Anbau, regionale Spezialitäten). Profil: Gartenbau, anerkannter Ökobetrieb, Direktvermarktung.

Gut Kerkow Fleischmanufaktur GmbH, Angermünde (Uckermark)

Angebote: Präsentation, Verkostung und Verkauf von Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Aufzucht (u.a. Black Angus-Rinder); Hofführungen einschl. Vorstellung der Metzgerei und Show-Wurstproduktion, Schauvorführungen regionaler Handwerkspartner: Keramik, Filzen, Korbflechten und Schmiedekunst zur Vorstellung ländlicher Fertigungstechniken und des ländlichen Lebens. Profil: Ackerbau, Tierzucht, Fleischverarbeitung, anerkannter Ökobetrieb, erneuerbare Energie (z.B. Biogas), Direktvermarktung.

Keimzelle – Ökologisches Saatgut, Temnitztal (Ostprignitz-Ruppin)

Angebote: Führungen durch Betrieb und Anbauflächen, Einblick in Samenbau und -produktion sowie den Verkauf von Saatgut (Gemüse, Kräuter, Blumen); Vorstellung des Schuhmacherhandwerks durch benachbarten Betrieb. Profil: Gartenbau, landwirtschaftlicher Haupterwerb, anerkannter Ökobetrieb, Samenzucht, Direktvermarktung.

KONTAKT

pro agro – Verband zur Förderung des ländlichen Raumes in der Region Brandenburg-Berlin e.V.

Dennis Kummer

Gartenstraße 1-3, 14621 Schönwalde/Glien

033230/2077-36, kummer@proagro.de

www.proagro.de

Doppel-Interview mit LBV Brandenburg und pro agro

Denny Tumlirsch, Landesbauernverband Brandenburg (links), Kai Rückewold, pro agro (rechts)

Definitorisch sind Land- und Ernährungswirtschaft getrennte Wirtschaftsbereiche: Primärwirtschaft oder Urproduktion auf der einen Seite, verarbeitendes Gewerbe auf der anderen. Doch in der ökonomischen Praxis sind sie eng miteinander verflochten – ohne Landwirtschaft keine Ernährungswirtschaft. Beide Bereiche haben folglich in der aktuellen Situation mit je spezifischen, aber auch gemeinsamen Problemen zu kämpfen. Unter der Fragestellung „Land- und Ernährungswirtschaft in den östlichen Bundesländern – Haben Politik und Gesellschaft noch Realitätsbezug zum ländlichen Raum?“ haben wir Gespräche mit der Erzeuger- und der Verarbeiterebene geführt. Gemäß der Logik der Wertschöpfungskette steht das Interview mit dem Brandenburger Landesbauernverband (LBV) bzw. seinem Geschäftsführer Denny Tumlirsch am Anfang, gefolgt von Fragen an Kai Rückewold, Geschäftsführer des Agrarmarketingverbandes pro agro.

Herr Tumlirsch, was haben die bundesweiten Bauernproteste den Betrieben in Brandenburg substanziell gebracht?

Zunächst müssen wir unterscheiden zwischen der Bundes- und Landesebene. Auf Bundesebene konnten wir erreichen, dass mehr als 50 Prozent der ursprünglich geplanten Steuererhöhungen nicht gekommen sind. Das ist vor allem dem massiven Protest auf der Straße, aber auch den vielen Gesprächen im Hintergrund zu verdanken. Weiterhin arbeitet die Bundes- und sogar EU-Ebene an dem Thema Entbürokratisierung. Hier ist auch die Verbindung zur Landesebene: Wir haben die Ausgleichszulage über 2025 hinaus sichern können, nachdem Ministerpräsident Dietmar Woidke ein Machtwort gesprochen hat. Darüber hinaus werden Ackerrandstreifen nun dauerhaft gefördert. Im Rahmen der Entbürokratisierung haben wir der Landesregierung 55 Punkte vorgelegt, an denen wir sehr konstruktiv arbeiten. Die Proteste waren der Auftakt, jetzt läuft die politische Arbeit.

Mit welchen Hauptschwierigkeiten kämpfen die Landwirte in Brandenburg und den östlichen Bundesländern? Was sind die drei existenziell wichtigsten Kernthemen?

Die Landwirtschaft wird immer komplexer, so dass eine Begrenzung auf drei Kernthemen schwierig ist. An erster Stelle steht sicher die betriebswirtschaftliche Situation der Betriebe: volatile Märkte, steigende Kosten. Das klassische Unternehmerrisiko also. Allerdings haben Landwirtschaftsbetriebe aufgrund der sehr hohen Regulierungsdichte nicht dieselbe Freiheit wie in vielen anderen Branchen. Dazu kommt die zunehmende Unwägbarkeit infolge des Klimawandels. Betriebe haben keine ausreichenden Möglichkeiten, so frei Anpassungen vorzunehmen, wie sie wollen oder können. Hier braucht es vor allem Hilfe zur Selbsthilfe und nicht weitere Einschränkungen und Beschränkungen wichtiger Instrumente. Dabei denke ich z. B. an die dauerhaft schwelende Diskussion um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die Reduktion der einkommenswirksamen Komponente in der Agrarförderung potenziert das Problem nur weiter. Förderung muss wieder stärker die Stärkung der Betriebe im Blick haben.

Haben Sie den Eindruck, dass Politik die Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft für den ländlichen Raum wirklich versteht?

In Deutschland ist sehr vieles selbstverständlich geworden: bei der Politik, in der Verwaltung und bei den Verbrauchern. Es ging allen schlicht zu gut. Die Proteste haben gezeigt, dass in Teilen riesige Lücken klaffen. Wir sehen einzelne wirklich bemühte Personen, die sich für einen Interessensausgleich der Zielkonflikte einsetzen. Leider sehen viele Verantwortliche die Landwirtschaft nicht als Partner und sozialen Anker im ländlichen Raum, die Ernährungswirtschaft als wertschöpfenden Veredler im ländlichen Raum. In anderen Ländern ist die eigene Versorgung als Teil der Daseinsvorsorge staatliche Aufgabe, und auch die Wertschätzung für Lebensmittel ist deutlich höher.

Mit dem Neuen Brandenburger Weg vor einigen Jahren und dem aktuellen Weißbuch des LBV hat der LBV immer wieder konkrete Vorschläge gemacht, wie die Zukunftsfähigkeit von Wertschöpfungsketten vom „Hof ins Regal“ angegangen werden kann. Gibt es aus Ihrer Sicht Fortschritte?

Der Neue Brandenburger Weg kam in einer Zeit, als es der Bevölkerung gut ging: geringe Inflation, billige Energie, faktischer Überfluss. Das Papier ist heute wie vor vier Jahren noch richtig, kam aber vielleicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt, weil viele Verantwortliche dachten, dass es schon weitergehen wird. Allerdings sehen wir jetzt, dass die Betriebe immer mehr in Bedrängnis geraten. Daher haben wir in diesem Jahr das Weißbuch entworfen, wo wir ganz konkrete Umsetzungsziele benennen, die wir als wichtig identifiziert haben. Wir gehen davon aus, dass das Land einen großen Teil der 55 Punkte zur Entbürokratisierung schnell umsetzt. Ansonsten werden wir infolge der Wahl im September 2024 den Koalitionsverhandlern im Bereich Landwirtschaft das Weißbuch aktiv zukommen lassen, damit so viele Ansätze wie möglich in den nächsten Koalitionsvertrag Eingang finden.

Wie beurteilen Sie die Bemühungen von Unternehmen der Ernährungswirtschaft und pro agro mit Werbekampagnen den Absatz regionaler Markenprodukte zu fördern?

Es ist wichtig, dass sich die Ernährungswirtschaft Gehör verschafft. Als Folgeglied unserer gemeinsamen Wertschöpfungskette hängt auch das Ergebnis der Landwirtschaft am Erfolg der Ernährungswirtschaft. Darüber hinaus haben regionale Lieferbeziehungen den Vorteil, dass die Partner meist auf Augenhöhe verhandeln und nicht mit der dritten oder vierten Ebene eines hunderte Kilometer entfernten Unternehmens sprechen müssen, die selbst nichts entscheiden können.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Landwirtschaft Brandenburgs in den kommenden fünf Jahren?

Vieles hat die Branche selbst nicht in der Hand. Kriege, Pandemien und Inflation sind Beispiele dafür. Weiterhin wird das Wahlergebnis im September einige Auswirkungen haben. Wichtig sind stabile Verhältnisse, und nach einer Legislatur meine ich, dass Dreier-Koalitionen schwierig sind. Unabhängig von diesen externen Faktoren bin ich guter Dinge, da ich viele Betriebe kenne und noch mehr vermute, die sich stetig weiterentwickeln, um die Herausforderungen von morgen und übermorgen zu meistern. Die Brandenburger Landwirtschaft befindet sich seit 1990 in einer steten Entwicklung. Wichtig wird sein, den hohen Grad der Professionalisierung zu erhalten und nicht zu einer Verwässerung mit der bloßen Landschaftspflege zu kommen. Wir als LBV versuchen unseren Beitrag dazu zu leisten.

Im Vorfeld der BRALA 2024 kommt die gute Fee bei Ihnen vorbei und will Ihnen drei Wünsche erfüllen…Was wünschen Sie sich für die Land- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg?

1. Produktion muss sich lohnen. Die wirtschaftliche Stabilität ist in den Betrieben auf Dauer gesichert und die Langfristperspektive macht auch jungen Menschen Mut, Verantwortung zu übernehmen und ins Risiko als Unternehmer zu gehen, Anpassungen an den Klimawandel werden gefördert.

2. Grundlegendes Vertrauen von Politik, Verwaltung und Bevölkerung in die Fähigkeiten der Fachleute, dass neben der Ertragsoptimierung auch die nachhaltige Produktion bzw. Verarbeitung ein wesentliches Ziel ist.

3. Die Umsetzung des Weißbuchs zum Zukunftsplan Landwirtschaft.

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Herr Rückewold, die Stärkung regionaler Lebensmittelproduktion war in einer kurzen Phase der Corona-Pandemie eines der „heißen“ Themen. Viele Beobachter des Marktes sind heute ernüchtert. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe?

In der Corona-Pandemie lag für viele Menschen der Fokus auf dem Thema Ernährung. Restaurantbesuche, Reisen oder andere Freizeitaktivitäten waren eingeschränkt. Das Essen zu Haus war wichtig, und die Regale waren hin und wieder weniger gefüllt. Das führte zu einem stärkeren medialen Push für regionale Lieferketten durch die Medien und zu einer dankbaren Aufnahme durch Konsumenten. Ob im Supermarkt, auf dem Markt oder im Hofladen – da war echtes Interesse und eine Wertschätzung. Billig, billig stand nicht unbedingt an erster Stelle.

Die Bauernproteste können auch Ihren Verband, der sich um die Stärkung der heimischen Ernährungswirtschaft bemüht, nicht kalt gelassen haben. Wie beurteilen Sie die Erfolge der Bauernproteste, was bleibt aus Ihrer Sicht als Zukunftsperspektive übrig?

Es ist dem Berufsstand für einige Wochen erneut gelungen, in das Zentrum der Wahrnehmung zu rücken. Bereits 2019 hatten die Bauernproteste ja unter der Merkel-Regierung bewirkt, dass eine Zukunftskommission und die Borchert-Initiative entstanden sind. Ich hoffe, dass die Landwirtschaft wirkliche Angebote aus der Politik erhält. Meine Befürchtung bleibt jedoch, dass der Land- und Ernährungswirtschaft mittelfristig nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Andere Konzern-Industrien scheinen wichtiger zu sein. Es darf nicht sein, dass nur dann, wenn die Traktoren rollen, eine Sensibilisierung für die systemrelevante Wertschöpfungskette regionaler Lebensmittelerzeugung in den Parlamenten entsteht.

Mit einer Unternehmer-Initiative der Ernährungswirtschaft „Regionale Lebensmittel einkaufen – jetzt erst recht!“ wurde in Brandenburg versucht, dem inflationsbedingten „Run“ auf Billigprodukte entgegenzuwirken. Haben die Bemühungen etwas gebracht? Wie ist die Lage der Ernährungswirtschaft im Mai 2024 zu beurteilen?

Es ist ein bemerkenswerter Einschnitt gewesen, dass Unternehmen gemeinsam auf die Notlage öffentlichkeitswirksam reagiert haben. Das hat auch innerhalb der Branche zu mehr Solidarität geführt. Die Lage 2024 ist nach wie vor bedrohlich, denn Kostensteigerungen bei Personal, Energie, Verpackung oder Logistik werden nicht durch den Handel kompensiert. Die Verbraucher wollen aktuell an Lebensmitteln sparen, um sich Mieten, gestiegene Energiekosten, Reisen oder den Kauf anderer Konsumgüter leisten zu können. Schade ist es, dass der Handel bei Eigenmarken so zugeschlagen hat – billig ist mehr in Mode als je zuvor. Das Land Brandenburg hat sich in einem Landtagsbeschluss dafür ausgesprochen, weiterhin Konsumenten über die Vorteile einer regionalen Lebensmittelproduktion kommunikativ anzusprechen. Wir bereiten aktuell eine breit angelegte Kampagne vor.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Brandenburger Ernährungswirtschaft für die kommenden Jahre?

Ich bin Optimist und glaube an die Kraft mittelständischer Unternehmerinnen und Unternehmer. Allerdings habe ich in den letzten 20 Jahren selten eine so schlechte Stimmung wahrgenommen. Zu befürchten ist eine weiterhin zunehmende Konzentration. Inhabergeführte Unternehmen und die letzten Ost-Marken werden weiter um das Überleben kämpfen müssen.

Im Vorfeld der BRALA 2024 kommt die gute Fee bei Ihnen vorbei und will Ihnen drei Wünsche erfüllen…Was wünschen Sie sich für die Land- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg?

Als erstes würde ich mir wünschen, dass sie der Gesellschaft wieder mehr Realitätssinn und Richtung einhaucht. Aus meiner Sicht geht beispielsweise die Diskussion um Ernährungsstrategien, weniger Fleisch und Veganismus an einer Mehrheit der Menschen vorbei. Dennoch bewirkt sie Marktverunsicherungen in starkem Maß. Zudem wünsche ich mir eine fairere Lieferkette, so dass vom Ladenendpreis bei Verarbeitern und Erzeugern mehr übrigbleibt. Und zuletzt wünsche ich für uns alle die Rückbesinnung auf gutes Essen in und aus der Region.

Kontakt LBV

Landesbauernverband Brandenburg e.V.

Denny Tumlirsch, Geschäftsführer

Dorfstraße 1, 14513 Teltow/Ruhlsdorf

Telefon: 03328/319201

E-Mail: tumlirsch@lbv-brandenburg.de

www.lbv-brandenburg.de

Kontakt pro agro

pro agro e.V.

Kai Rückewold, Geschäftsführer

Gartenstraße 1-3, 14621 Schönwalde/Glien

Telefon: 033230/2077-0

E-Mail: rueckewold@proagro.de

www.proagro.de

Gemüseanbau: Selbstversorgung auf dem Prüfstand

Der Verzehr von Gemüse legt die Basis für eine gesunde Ernährung. Darauf weist nicht nur die Medizin mit groß angelegten Studien und Abhandlungen hin. Auch die Politik ermuntert mit verbrauchernahen Publikationen, Veranstaltungen oder Kommunikationskampagnen die Bevölkerung, diese Erkenntnis ernst zu nehmen und in der täglichen Praxis umzusetzen. (Manchmal kommt sie sogar mit erhobenem Zeigefinger daher). Alle Welt redet jedenfalls über die gesundheitlichen Aspekte von Gemüse. In Zeiten, in denen der Kauf regionaler Produkte aufwändig propagiert und die Stärkung der regionalen Wertschöpfungsketten plakativ gefördert wird, stellt sich also die Frage, wie es um die heimischen Gemüseerzeugung bestellt ist. Wir sind der Frage für Brandenburg nachgegangen.

Ende Februar 2024 lagen die Zahlen des Vorjahres frisch auf dem Tisch: Nach einer Mitteilung des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg war die Anbaufläche für Freilandgemüse von 2022 auf 2023 um 360 Hektar auf 6.100 Hektar zurückgegangen. Trotzdem fiel die gesamte Erntemenge mit 98.000 Tonnen um 8 Prozent höher als 2022 aus. Umgekehrt sah die Entwicklung indessen beim Gemüseanbau in Gewächshäusern aus: Die geschützten Flächen legten im gleichen Zeitraum zwar um fünf auf 58 Hektar zu, aber die Erntemenge – im Wesentlichen Tomaten und Gurken – stürzte um 4.400 Tonnen auf nur 10.800 Tonnen ab. Bio machte mit knapp 580 Hektar rund neun Prozent der Gemüsefreilandfläche aus. Die Gesamterntemenge ging hier um 30 Prozent auf 5.700 Tonnen zurück.

Ein Blick auf die Haupt-Gemüsearten, die in unserer Region angebaut und vermarktet werden, zeigt dieses Bild: Die dominierende Kultur ist der Spargel (3.500 Hektar – im Ertrag stehend, 22.200 Tonnen), gefolgt von Einlegegurken (470 Hektar, 34.800 Tonnen) und Möhren (360 Hektar, 21.700 Tonnen). Unabhängig vom Ranking stellten Speisekürbisse 2023 mit 7.400 Tonnen einen Ernterekord auf: Das waren über 70 Prozent mehr als im Vorjahr, obwohl die Anbaufläche um 30 Hektar zurückgegangen war. Soweit die blanken Zahlen, was die Hauptkulturen betrifft.

Foto: Volkmar Heinz

„Generell haben wir in Brandenburg einen sehr breit gefächerten Anbau“, erläutert Dr. Klaus Henschel (Foto), Präsident des Gartenbauverbands Berlin-Brandenburg, und spricht damit die Flächenstruktur bzw. -verteilung des Gemüses an: Die Flächen werden dominiert von einigen wenigen Kulturen, die von insgesamt 4.430 Hektar (Spargel) bis zu 16 Hektar (Hülsenfrüchte bzw. Bohnen) runtergehen. „Das ist fast gar nichts“, sagt er zu den Bohnen.

Die große Spannweite spiegelt sich in den Betriebsgrößen wider: Von den 175 Brandenburger Gemüseanbauern, so der Verbandspräsident, verfügen 37 über weniger als einen Hektar Fläche; mehr als die Hälfte aller Betriebe hat ein bis zwei Hektar, während 20 Betriebe mit jeweils über 50 Hektar insgesamt 5.300 Hektar bewirtschaften.

Das sind mehr als 80 Prozent der gesamten Anbaufläche. „Wir haben also nicht nur eine sehr breite Streuung der Betriebsgrößen“, analysiert er. „Auffällig ist außerdem, dass wir in Brandenburg entweder kleine oder große Betriebe haben, es fehlt die Mitte“.

Diese außergewöhnliche Branchenstruktur hat in der wirtschaftlichen Praxis einen folgenschweren Effekt: Die Großen können ihre Listungsgespräche mit dem Lebensmittelhandel auf Augenhöhe führen, das heißt sie können ein großes Rad in Sachen Liefermengen, Logistik und Preisgestaltung drehen; da die Kleinen hier nicht mithalten können, sprich: nicht konkurrenzfähig sind, fühlen sie sich der „Marktmacht“ des Handels ausgeliefert. Als Absatzalternative bleibt ihnen nur die aufwändige (arbeitsintensive) Direktvermarktung über Hofläden, Wochenmärkte und andere (Nischen-) Kanäle. Steigende Kosten (Personal, Energie, Bürokratie und vieles mehr) tun ein Übriges, dass immer mehr kleinere Betriebe aufgeben.

„Heute gibt es in Brandenburg nur noch drei Betriebe, die Salatgurken anbauen“, betont der Verbandspräsident. Generell werde sich die Brandenburger Bevölkerung zunehmend mit Produkten aus dem Ausland versorgen müssen. Das seien alarmierende Entwicklungen, zumal sich die Politik des Landes das Thema „Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten“ auf die Fahnen geschrieben habe. Überdies erwartet er, dass im Gemüseanbau verstärkt Maschinen eingesetzt werden, um die Arbeitskosten einigermaßen aufzufangen. „Ein Bio-Betrieb mit Freilandgemüse setzt in diesem Jahr erstmals einen Roboter ein, der sieben Tage in der Woche rund um die Uhr Unkraut bekämpft, um die Arbeitskosten in Schach zu halten “, erzählt er.

Heute schon sei auch der Einsatz von Spargel-Erntemaschinen vorstellbar, die über‘s Feld rollen, den Spargel erkennen und ernten und ihn fein säuberlich in Kisten stapeln. „Das ist technisch durchaus möglich, aber für Kleinbetriebe nicht bezahlbar. Selbst Großbetriebe schütteln solche Investitionen nicht aus dem Ärmel. Doch bei weiter steigenden Lohnkosten ist diese Form der Automatisierung durchaus denkbar, dann aber eher für Betriebe ab 20 Hektar Fläche und nicht für kleine Einheiten“, sagt er.

Soweit der vom Branchenexperten Dr. Klaus Henschel kommentierte Überblick. Zusätzlich habe wir Statements von zwei Gemüsebauern eingeholt, die uns einen Einblick in die Arbeit und Probleme vor Ort geben:

Rixmanns Hof, Linum

Sabine Schwalm und Georg Rixmann bauen in ihrem Familienbetrieb auf gut 15 Hektar Obst und Gemüse an. Aus eigenem Anbau gibt es 2024 über 120 Kürbissorten, 28 Sorten Tomaten, 17 Sorten Möhren, 9 Sorten Bete. Statement von Georg Rixmann:

„Als kleiner Betrieb muss man seine Nische finden, unsere ist Sortenvielfalt – Sorten, die man im Angebot des Lebensmitteleinzelhandels nicht finden kann. Wir vermarkten direkt, das heißt wir verkaufen die Produkte auf unserem Hof und liefern sie zusätzlich an ausgewählte Restaurants und Kantinen in Berlin und Brandenburg. In Brandenburg haben wir keinen richtigen Erzeugerverband, der Vermarktung und Vertrieb für uns kleinere Betriebe bündelt. Es fehlt uns zudem massiv an Nachwuchs und Bildung für und über unsere Branche. Das Wichtigste ist jedoch, dass die Überregulierung und die bisweilen absurde Bürokratie entschärft wird. Alles in allem sitze ich mit dem Gesamtpaket an Bürokratie zwei Tage in der Woche nur im Büro.“

Gurkenhof Frehn, Steinreich

Der familiengeführte Betrieb baut auf rund 820 Hektar Fläche eine große Gemüseauswahl an. Zu den wichtigsten Produkten zählen Schäl- und Einlegegurken sowie Weiß- und Rotkohl. Statement von Heinz-Peter Frehn: „Gemüse-Anbau ist sehr personalintensiv. Pro Hektar und Jahr investieren wir rund 3.000 Arbeitsstunden. Das liegt zum Beispiel daran, dass wir mindestens 25 Mal an derselben Stelle die nachgewachsenen Gurken ernten müssen. Für unsere Bio-Zwiebeln setzen wir deshalb neuerdings auf sogenannte „Farmdruide“, also Roboter, die KI-gestützt Aussaat und Harken übernehmen. Anders als in den letzten 20 Jahren ist jetzt und perspektivisch wegen der bescheidenen Böden in Brandenburg das Thema Wasserversorgung für den Gemüseanbau wesentlich. Unser bürokratischer Aufwand für einen Antrag auf Brunnenbohrung ist immens. Die statistischen Anforderungen z.B. zur Erhebung von Flächendaten ebenso. Zur Bewältigung dieser unproduktiven Arbeit musste ich eigens jemanden einstellen. Mit Blick auf die Bekanntheit und Wertschätzung unserer Arbeit wünsche ich mir außerdem, dass auf Gemüse-Konserven bzw. Eigenmarken des Handels offen deklariert wird, wer das Produkt wo hergestellt hat. Meist findet man dort nur den Hinweis „Produziert für…“.

Regionalität bei Edeka in Berlin/Brandenburg

Sonderplatzierung: Marktplatz für regionale Produkte.

Dass die EDEKA Minden-Hannover, die größte Regionalgesellschaft im EDEKA-Verbund, ein großes Herz für qualitativ hochwertige Lebensmittel hat, gehört gewissermaßen zur DNA der EDEKAner. Da befindet sie sich ganz im Einklang mit der zentralen und allgegenwärtigen Losung „Wir lieben Lebensmittel“. Das besondere Augenmerk gilt dabei den regionalen Produkten bzw. den verlässlichen und nachhaltigen Beziehungen zu Erzeugern und Verarbeitern vor Ort. Diesen Anspruch in Berlin und Brandenburg (sowie Sachsen-Anhalt) umzusetzen, ist Aufgabe von Regionaleinkäufer Marcus Reh. Seine Tätigkeit versteht er – ganz im Sinne eines einheitlichen und partnerschaftlichen Konzepts – folglich nicht allein als Warenbeschaffer, sondern auch als Berater kleiner und mittelständischer Lieferanten. Und das auf Augenhöhe.

In Berlin und Brandenburg gibt es 377 EDEKA-Märkte, die insgesamt über 5.000 regionale Artikel von gut 500 Lieferanten führen. Dazu gehören Obst und Gemüse, Eier, Milchprodukte sowie Wurst- und Käsespezialitäten – jeweils konventionell oder bio und alles quasi von nebenan, sei es vom landwirtschaftlichen Erzeuger oder vom Verarbeiter der Lebensmittel. Und was heißt bei EDEKA „regional“? Dazu Marcus Reh: „Die Ware kommt aus Berlin/Brandenburg, und die Wertschöpfung – von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zur Vermarktung – muss hier gewährleistet sein.“  Unter diese Definition fällt beispielsweise auch der hierzulande geröstete und verkaufte Kaffee, obwohl der Rohstoff eben nicht aus der Region stammt.

Was das Geschäft mit regionalen Produkten angeht, sieht er inzwischen wieder ein bisschen Licht am Horizont. Deren Absatz ist bekanntlich im Zuge der krisenhaften Entwicklungen zurückgegangen; die Verbraucher waren nicht mehr bereit, die dadurch verursachten höheren Preise zu bezahlen und schalteten seinerzeit auf Spar-Modus um. Auch Bio-Produkte blieben nicht davon verschont. Inzwischen sehen die Perspektiven, so Reh, allerdings etwas besser aus, wenn auch der Absatz nur in kleinen Schritten wächst. Immerhin: „Ich bin sicher, dass es mit den Umsätzen regionaler Produkte wieder voran geht“, bekräftigt er.

Marcus Reh: Regionaler Einkäufer und Berater.

Hat es ein regionales Produkt von der Listung über den Ordersatz zu guter Letzt in den Laden geschafft, dann absolviert es mehrere Platzierungsstufen. „Bei kleineren Lieferanten macht es in der Anfangsphase natürlich Sinn, deren Produkte separat herauszustellen“, erklärt Reh. „Das schafft höhere Aufmerksamkeit. Wenn das Produkt dann mehr oder weniger eingeführt ist, sich also im Bewusstsein unserer Kunden etabliert hat, kann es in den entsprechenden Sortimentsregalen platziert werden.“ Auch hier lassen sich mit Hilfe von Regalstoppern zusätzliche Kaufanreize schaffen. Dann funktioniert der Abverkauf „richtig gut“, wie er sagt, was ja auch im Interesse der Supermarkt-Betreiber liegt.

Um die Regionalitätsstrategie der EDEKA mit Leben zu füllen, das heißt den Kontakt und Austausch mit Berliner und Brandenburger Lieferanten zu vertiefen und zu verstetigen, sind für das laufende Jahr u.a. folgende Aktivitäten geplant:

Digitale Unternehmersprechstunden: Dabei handelt es sich um ein während der Coronazeit eingeführtes Videotelefonat, als persönliche Begegnungen schwierig oder unmöglich waren. Dieses für den Lieferanten zeitsparende Format wird von pro agro organisiert und moderiert. Marcus Reh führt drei Tage lang relativ eng getaktet individuelle Videogespräche mit einzelnen Lieferanten. Das ermöglicht einen intensiven Austausch und baut Berührungsängste der Lieferanten ab. Die nächste „Runde“ findet Anfang Juni statt.

EDEKA-Warenbörsen: Fünf- bis sechs Mal im Jahr treffen sich auf Einladung des Händlers in wechselnden Locations regionale Lieferanten und Kaufleute. Neben dem persönlichen Austausch gibt diese Veranstaltung der EDEKA Gelegenheit, über Zahlen, Konzepte und Aktivitäten zu informieren. Die Lieferanten wiederum können im Rahmen einer kleinen angeschlossenen Messe ihre Produkte präsentieren. In der Regel nehmen insgesamt rund 300 bis 400 Personen daran teil.

Großbaustelle: Christian Dorfmann (r.) präsentiert seinen Zukunftsmarkt.

EDEKA-Stammtisch: Auf der von pro agro organisierten Informations- und Austauschveranstaltung treffen sich regionale Lieferanten sowie Vertriebs- und Einkaufsentscheider der EDEKA Minden-Hannover. Inhaltlich wird hier über relevante Handelsthemen bzw -konzepte berichtet und diskutiert. Das jüngste Treffen fand kürzlich (16. April) in Nauen statt, wo der Kaufmann Christian Dorfmann seinen noch im Bau befindlichen EDEKA-Zukunftsmarkt und sein Konzept der intensiven Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten vorstellte. Der Zukunftsmarkt wird im Spätsommer 2024 die Tore öffnen (wir hatten darüber im pro agro-Newsletter 11/2023 berichtet).

Hans-Ulrich Schlender: Starker Verfechter von Regionalität.

Kurzum: Die EDEKA ist mit dem Thema Regionalität fest verwurzelt. Ein Garant dafür ist zeit seines Händlerlebens auch Hans-Ulrich Schlender gewesen. Der Geschäftsführer und Vertriebschef der Region, der jetzt in den Ruhestand geht, hatte stets ein Auge darauf, dass die Märkte in seinem Verantwortungsbereich ihre Sortimente um regionale Produkte bereichern. In seinen 46 Berufsjahren – erst bei Reichelt, dann bei EDEKA – sei er stets „ein starker Verfechter von Regionalität“ gewesen und habe die heimischen Lieferanten gefördert, so Marcus Reh. Und: „Wir werden auch künftig die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit ihnen unterstützen. Das hat der Vorstand der Regionalgesellschaft Minden-Hannover erst Anfang des Jahres wieder bekräftigt.“


Drehnower Hofkäserei: Immer auf Achse

Stilechter Auftritt: Marcel Schallmea (rechts) und sein Kompagnon Jan Kutzbach.

Marcel Schallmea hat seine naturnahe, kreative Leidenschaft vor fünf Jahren zum Haupterwerb gemacht. Schon seit 2012 übt der gelernte Landwirtschaftsmeister das Käsehandwerk aus – erst privat für den Eigenbedarf, dann geschäftsmäßig im Nebenerwerb und schließlich ab 2019 hauptberuflich als Hersteller und Direktvermarkter verschiedener Käsesorten. Den Rohstoff liefern ihm seine Tiere auf dem familieneigenen Hof im Spreewald: 50 Rinder (davon 20 Milchkühe) und ebenso viele Ziegen (davon 29 Milchziegen). Was die Tierhaltung angeht, ist der 70 Hektar große Bio-Betrieb praktisch Selbstversorger: „Wir haben großzügig ausgelegte Weideflächen und bauen Ackergras sowie Getreide an. Außer Mineralfutter kaufen wir nichts dazu“, betont er.

Wer bei ihm Käse kaufen will, muss die so genannte „Spreewald-Alm“ ansteuern. Diesen optisch wie inhaltlich auffälligen Schriftzug tragen nämlich der Hofladen und der mobile Verkaufsstand. Da fragt sich, was hinter der auf den ersten Blick schräg anmutenden Idee steckt, eine Brandenburger Region begrifflich mit den Hochgebirgsweiden der Alpen zu verbinden. Die Antwort: Im Zuge seiner Professionalisierung als Käseproduzent hat Marcel Schallmea (Foto) mehrere Sommer jeweils drei Monate in den Tiroler Bergen auf Hoch- und Mittelalmen verbracht und dort bei natürlichen, also durchaus fordernden Bedingungen, das traditionelle Handwerk gelernt, unter fachkundlicher Leitung selbstverständlich.

„Spreewalder Alm“ steht also nicht nur für eine schöne und lehrreiche Erinnerung des Käse-Profis, sondern gleichermaßen für den erholsamen und ereignisreichen Sehnsuchtsort des einen oder anderen Verbrauchers, der seinen Urlaub in den Bergen verbracht hat. Dieses touristische (und verkaufsfördernde) Element beobachtet er gelegentlich auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn Touristen ihre Fahrradtour unterbrechen, um ein paar Fotos von seinen Rindern zu machen – dem Tiroler Grauvieh mit den großen, ausdrucksstarken Augen, die auf den Brandenburger Weiden eher selten zu sehen sind. „Als ich zur Weiterbildung in den Bergen war, habe ich mich ein bisschen in die Rasse verguckt“, erzählt er augenzwinkernd.

Plakative Aufmachung: Der mobile Verkaufswagen.

Zur Unterstreichung des touristischen Effekts legt er seinen Tieren in den Sommermonaten Sommerglocken an – ein bisschen Marketing-Show muss halt sein. Doch bei aller Begeisterung für die Attraktivität und den sanftmütigen Charakter seiner Tiere ist er doch Unternehmer genug, um gleich ihre geschäftlichen Vorzüge zu preisen, die da lauten: besondere Eignung für die Doppelnutzung (Milch und Fleisch), überdurchschnittliche Milchleistung, gut zu verkäsende Milch. In Zahlen: Pro Jahr verarbeitet er rund 150.000 Liter, die ihm seine Kühe liefern, weit mehr als die ca. 20.000 Liter seiner Ziegen. Das liegt nicht allein an der geringeren Nachfrage nach Ziegenkäse. „Hier handelt es sich streng genommen um Saisonware, da die Ziegen nur von Ende April bis Ende November gemolken werden“, so die Erklärung.

Da Marcel Schallmea seine Ware ganzjährig anbietet, muss das Sortiment stets à jour sein, das heißt in Menge und Vielfalt stimmen. Denn die Verkaufsaktivitäten beschränken sich keineswegs auf Hofladen und vier Wochenmärkte. Neuerdings wird auch ein Verkaufsautomat („Food Box“ in Blankenfelde) mit ausgewählten Produkten beschickt. Hinzu kommen die Grüne Woche, die BraLa und eine große Zahl weiterer regionaler Ereignisse, wo die „Spreewald Alm“ in Gestalt des Verkaufswagens präsent ist. Hier eine kleine Auswahl des Käseangebots:

Aus Kuhmilch: Quark, Joghurt, Frischkäse mit unterschiedlichen Kräutern, Weichkäse nach Feta-Art, Schnittkäse mit unterschiedlichen Kräutern, Grillkäse.

Aus Ziegenmilch: viel Frischkäse, viel Feta-Käse und etwas Schnittkäse. Hier ist das Programm etwas kleiner, da die Ziegen nicht so viel Milch geben.

Immer dabei sind auch Produkte von benachbarten landwirtschaftlichen Betrieben: Fleisch-  und Wurstwaren, Bio-Säfte, Leinöl, Honig und vieles mehr.

Käse in Reih und Glied: Blick in den Hofladen.

Da in der eigenen Käserei noch Kapazitäten frei sind, hat Marcel Schallmea ein weiteres Unternehmensstandbein aufgebaut: Lohn-Käserei für landwirtschaftliche Betriebe, die ihre Milch nicht weiterverarbeiten können oder wollen. Diese Dienstleistung beschreibt er wie folgt: „Ich fahre mit meinem Milchtank zu den Partnern und hole die Milch ab. Die Verarbeitung in unserer Käserei nimmt ca. zwei Tage in Anspruch. Die fertigen Produkte übergeben wir den Auftraggebern bei uns vor Ort. Nach etwa vier Wochen Reifung auf deren Hof können sie die Ware auf eigene Rechnung verkaufen.“

Es gibt inzwischen mehrere Agrarbetriebe, die von dem Angebot regelmäßig, zu bestimmten Anlässen (z.B. Weihnachten) oder unregelmäßig Gebrauch machen. In jedem Fall entsteht eine win-win-Sitation für beide Seiten: Die Auftraggeber vergrößern das Warenangebot ihrer Hofläden, und die Drehnower Hofkäserei schöpft ihre Kapazitäten besser aus. Dazu Marcel Schallmea: „Interessierte Betriebe im Radius von ca. 100 km nehmen wir noch gerne an. Allerdings müssen die Partner eine Mindestmenge von 700 Litern bereitstellen: Das ist eine Kesselfüllung und ergibt zwischen 75 und 80 kg Käse.“

2. pro agro-Branchentreff Fleischerhandwerk

Hoher Gesprächsbedarf: Gut besuchter Branchentreff des Fleischerhandwerks.

Da hat pro agro nicht lange gefackelt: Gerade mal vier Monate nach der ersten Informations- und Austauschveranstaltung des Brandenburger Fleischerhandwerks – sie fand im Oktober 2023 in Paaren/Glien statt – kam der Verband dem damals einhellig geäußerten Wunsch der Teilnehmer nach, ein weiteres Branchentreffen anzuberaumen. So fanden sich am 22. Februar 2024 rund 30 Unternehmerinnen und Unternehmer in Paaren/Glien ein, um ihre aktuelle Situation und die Zukunftsperspektiven zu erörtern. Die zeitnahe Fortsetzung der Gesprächsrunde ist sicherlich ein Zeichen dafür, wie drängend die Probleme sind und wie dringend der Gesprächsbedarf des Fleischerhandwerks ist.

Zu einem Motivationsschub für alle Teilnehmer wurde der Vortrag von Geschäftsführer Lars Bubnick, der über die Verbandsarbeit im Metzgerhandwerk Bayern berichtete. Im Mittelpunkt seines engagierten und überzeugenden Auftritts stand die Beschreibung, wie sich die 1.200 Mitgliedsbetriebe auf die Zukunftsherausforderungen einstellen. „Wir haben uns entschieden, einfach zu machen, statt alles tot zu reden. Dazu gehört Vertrauen in die eigenen Ziele und ein vernünftiges Kommunikationsbudget. Das Fleischerhandwerk muss wieder sexy werden“, lautete sein Fazit, das gleichzeitig als Handlungsempfehlung für die Brandenburger Branche zu verstehen war.

Mit dabei hatte der Verbands-Profi allerlei praktische Ideen und Anschauungsmaterial. So beschrieb er beispielsweise, dass zur Attraktivierung der Berufsfelder auf Azubi- und Schüler-Messen ein Virtual-Reality-Modul (VR) entwickelt wurde. So können Besucher am Messestand eine VR-Brille aufsetzen und virtuell Leberkäse produzieren. Ferner ziehen ungewöhnliche Merchandising-Artikel zusätzlich interessierte junge Menschen an: Ob es sich um die Base-Cap mit Logo oder das Kondom mit flotten Sprüchen auf der Verpackung handelt – an zielgruppengerechten und aufmerksamkeitsstarken Maßnahmen wird in der Kommunikation nicht gespart.

Virtuelle Produktion: Lars Bubnick (r.) aus Bayern im Einsatz.

„Mein Team und ich sind 365 Tage auf Sendung“, sagte der Verbands-Chef plakativ. Und: „Social-Media ist für uns Tagesgeschäft, und außerdem bin ich auf jeder politischen Veranstaltung von München bis Berlin präsent, um unsere Interessen zu vertreten.“ Diese zündende Botschaft fiel bei allen Teilnehmern auf fruchtbaren Boden und wurde umgehend in gemeinsames Handeln umgemünzt: pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold und Lars Bubnick werden bis zum Sommer ausloten, wie eine engere Zusammenarbeit von Brandenburg und Bayern gelingen kann.

Vor dem Präsentationsfeuerwerk aus Bayern stand der intensive Austausch der Unternehmer des Fleischhandwerks. Allein die Impulsrunde zu Beginn des Branchentreffs nahm wegen der großen Teilnehmerzahl einige Zeit in Anspruch. Was sich in den Beiträgen schnell herauskristallisierte, waren wie Themen: teure Veterinärdienstleistungen oder explodierende Kosten bei der Entsorgung von Schlachtabfällen; die Not, Auszubildende zu finden, und die schwierigen Bedingungen für die in Ausbildung befindlichen jungen Menschen bei überbetrieblichen Modulen.

Einig waren sich alle Teilnehmer, dass eine neue Zeit der Kooperation beginnen muss. „Früher haben wir nur auf unseren eigenen Erfolg geschaut und andere Betriebe nur als Wettbewerber verstanden. Heute müssen wir zusammenrücken und Lösungen gemeinsam suchen.“ formulierten Olaf Mahr (Meat Bringer) und weitere Betriebe unmissverständlich. Wichtig waren auch die Aussagen zu bestehenden, aber nicht ausgelasteten Lohnschlachtungskapazitäten in einigen Betrieben. Hier sollen digitale Vernetzungsangebote in Zukunft Angebot und Nachfrage besser zusammenbringen.

Moderner Auftritt: Merchandising für das Handwerk.

Ein klares Ziel des Branchentreffs ist das Aufzeigen von praktischen Lösungsansätzen in Betrieben. Die Praxisbeispiele sollen dann im zweiten Schritt interessierte Marktteilnehmer zu einem kooperativen Austausch führen und im besten Fall bereits vorhandenes Wissen sowie Praxiserfahrungen weiteren Betriebe verfügbar machen. Beispiele:

  • Kosten sparen durch geschlossene Energiekreisläufe im Schlacht- und Zerlegebetrieb. Kontakt: Ingo Kaplick, Hoffleischerei Kaplick, Alt Bork im Landkreis Potsdam-Mittelmark.
  • Organic Waste Converter: Schlachtabfälle im Betrieb zu Wertstoff umwandeln. Kontakt: Christian Doller, Conversion Tec & Martin Stock 360 Grad – Agrarsysteme GmbH).

„Kein Branchentreff ohne einen Impuls für Marketing und Kommunikation“ – so lautet die Leitlinie von pro agro als Organisator. Also hatte der Verband den Marketing-Strategen und -Berater Philipp Andriopoulos eingeladen, um über wichtige Instrumente der Marktbearbeitung zu referieren. Der gebürtige Österreicher lebt in Berlin und betreut österreichische Markenunternehmen, aber auch landwirtschaftliche Erzeuger im Bereich Kommunikation. Sein Credo lautet: Transparenz ist der Treiber von Innovation und Markenversprechen. Um das zu erreichen, sind folgende Erfolgsfaktoren unerlässlich:

  • Bildung auf dem Bauernhof oder im Betrieb
  • Vertrauensbildung durch Zusammenarbeit mit Kunden
  • Veränderung der Wahrnehmung des Produktes Fleisch durch emotionale Positionierung von Qualitätsaspekten.
Ein Klick ins Foto bringt Sie zu weiteren Stellungnahmen der Branchenvertreter.

Wie geht es nun weiter mit dem Branchentreff Fleischerhandwerk Brandenburg? Die gemeinsame Antwort von Kai Rückewold und Kristin Mäurer (Fachbereichsleiterin Ernährungswirtschaft und Direktvermarktung) lautete: pro agro versteht sich zwar als Motivator, Organisator und Brückenbauer in Richtung Politik und Gesellschaft. Beide wiesen aber auch darauf hin, dass die Impulse und Inhalte aus den Unternehmen kommen müssen.

Dazu gehöre auch, dass sich die Unternehmen zeitlich wie gegebenenfalls finanziell in Themen und Aktionen einbringen müssen. Der eindringliche Appell blieb nicht ohne Resonanz. Zahlreiche Unternehmer reagierten unmittelbar und sagten für die Zukunft eine konzentriertere, zeitnähere Reaktion und Zuarbeit bei entsprechenden Initiativen zu. Gewünscht wird ferner die Fortsetzung der Veranstaltungsreihe.

Ausgefeilte Strategie für die Branche in Brandenburg

Auf Tuchfühlung: Franziska Rutz (M.) mit „ihren“ Kaufleuten in der Brandenburghalle.

Franziska Rutz, seit vier Jahren die Lokalitätsbeauftragte Berlin/Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in der REWE-Vertriebsorganisation Ost, ist permanent auf Achse. Als findiger Scout hält sie Ausschau nach regionalen Lieferanten für „ihre“ Supermärkte; als versierte Gesprächspartnerin berät sie die Erzeuger und Verarbeiter von Lebensmitteln z.B. in Listungsfragen oder die Marktleiter in Vermarktungsfragen; und als geschmeidige Netzwerkerin führt sie beide Marktplayer durch Special Events zum persönlichen Kennenlernen, Kontaktpflegen und Informationsaustausch zusammen. Für unseren Bericht über die Regionalitätsstrategie machten wir sie auf der Insel Rügen ausfindig: Sie war mal wieder unterwegs, um sich vor Ort ein Bild über die Umbauarbeiten eines REWE-Marktes zu machen.

Die REWE-Regionalitätsstrategie fußt auf dem Prinzip, dass den Kaufleuten und Filialleitern vor Ort freie Hand über die Ausgestaltung des regionalen Sortiments gelassen wird. Dieser Grundsatz gilt für sämtliche REWE-Märkte in ganz Deutschland. Wie wichtig dem Unternehmen das ist, zeigt die Tatsache, dass die Zentrale in Köln Regionalität und Lokalität in ihrer nationalen Strategieplanung für den Lebensmittelhandel seit zwei Jahren fest verankert hat. Seither wird das Thema für jede Region in den Fokus gestellt und national unterstützt. Hier kommen die jeweiligen Lokalitätsbeauftragten ins Spiel, die für die Umsetzung der Strategie vor Ort zuständig sind.

In unserem Falle betrifft das also Franziska Rutz, die als Bindeglied zwischen Erzeugern/Verarbeitern von Lebensmitteln und den REWE-Märkten in der Region fungiert. Dass dieses Konzept auch funktioniert, belegen die Zahlen: In Brandenburg arbeitet man bereits mit ca. 130 Lieferanten zusammen, in Berlin sind es fast 100. Hauptsächlich geht es dabei um Frische wie Fleisch- und Wurstwaren, Milch, Käse, Eier oder Obst und Gemüse. „Wir haben jetzt erste Gespräche zum Thema Tannengrün für die Weihnachtssaison geführt; auch für den Blumenfachbereich sind wir offen“, ergänzt sie. Das Trockensortiment ist ebenfalls in den Regalen vertreten, etwa mit Brotaufstrichen. Und Süßwaren? „Das ist ein sehr wichtiges Thema“, erzählt sie, schränkt aber gleich ein: „Da gibt’s noch Nachholbedarf, weil nur relativ wenige Betriebe diese Artikel in ausreichender Menge produzieren.“

Kooperative Präsentation: Franziska Rutz (REWE) und Kai Rückewold (pro agro).

Neben den individuellen Terminen bei Lieferanten nutzt die Lokalitätsbeauftragte die Grüne Woche als „sehr gute Kontaktbörse“ – so auch in diesem Jahr, als sie wieder neue Betriebe kennengelernt hat. Hinzu kommen die Aktivitäten, die sie zusammen mit dem Verband pro agro „stemmt“, nämlich

Landkreistouren. Hier bewegt sich Franziska Rutz gemeinsam mit Fachbereichsleiterin Kristin Mäurer auf die heimischen Lieferanten zu, da sie ihnen nicht die weiten Wege nach Teltow bzw. Paaren/Glien zumuten wollen. „Das heißt, wir treffen uns mit ihnen in einer für sie recht nahen Location. Ich erzähle ihnen dann etwas über meine Arbeit, das REWE-Lokalitätsprinzip oder die Basics für eine Listung. Sie selbst können bei dieser Gelegenheit ihr Unternehmen und die Produkte vorstellen“, beschreibt sie das Format. Im Anschluss an solche Termine sucht sie die Betriebe individuell auf, um persönlich vor Ort über eine mögliche Zusammenarbeit zu reden;

Verbraucherkampagne. Direkt im Anschluss an die Grüne Woche wurden in Brandenburg und der Hauptstadt noch einmal die 190 REWE-Plakatwände im Rahmen der Unternehmerinitiative „Regionale Lebensmittel kaufen – jetzt erst recht!“ eingesetzt, um in diesen schwierigen Zeiten Flagge zu zeigen und den Lebensmittelhändler als wichtigen Partner der Brandenburger Lieferanten zu positionieren. „Als pro agro-Fördermitglied wollten wir den Drive der Messe nutzen und im Umfeld unserer Märkte die Kunden weiter sensibilisieren“, sagt sie. Die REWE werde die Imagekampagne weiter unterstützen. „Ich habe schon Ideen, die etwas größer angelegt sind und daher etwas mehr Zeit für die Umsetzung brauchen“;

Auf Landkreistour: Lieferantentagung in der Lausitz.

Bundeslandmesse. Das ist eine brandneue REWE-Aktivität zur Förderung regionaler Hersteller. Am 18. Juni 2024 werden sich rund 60 Lieferanten und ca. 1.000 Teilnehmer aus über 300 Märkten (Zahlen: Stand heute) auf dem Spargelhof Kremmen einfinden und das Thema Regionalität „direkt erlebbar bzw. greifbar und authentisch machen“, wie Franziska Rutz betont. Sie wolle die Marktleiter „rausholen aus ihrem Alltagsgeschäft“, um mit Produzenten, die bereits gelistet sind, direkt in Kontakt zu kommen – unabhängig davon, ob sie die Betriebe bereits kennen oder nicht. An der Informationsmesse werden auch REWE-Vertriebskollegen anderer Regionen teilnehmen, um sich Ideen und Anregungen für eine effiziente Kontaktpflege oder ihr Warenangebot zu holen.

Das Format „Bundeslandmesse“ bleibt nicht auf Brandenburg beschränkt: Zwei Wochen vorher ist Franziska Rutz bereits in Mecklenburg-Vorpommern aktiv. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind vergleichbare Veranstaltungen am Start, womit die REWE-Ost flächendeckend dabei ist.

Ampere: Chancen für die nachhaltige Energiebeschaffung

Nach den unsicheren Jahren der Energiekrise haben sich die Strom- und Gaspreise für Gewerbe, Industrie und private Haushalte auf einem planbaren Niveau stabilisiert. Die Großhandelspreise sind deutlich zurückgegangen, verharren aber auf einer vergleichbaren Höhe wie vor Beginn des Ukraine-Krieges. Die Lage hat sich also deutlich entspannt: Viele kleine und mittlere Betriebe der Brandenburger Lebensmittelwirtschaft, die sich seinerzeit wegen geschrumpfter Verfügbarkeit und gleichzeitig dramatisch gestiegener Energiepreise in ihrer Existenz bedroht sahen, können jetzt durchatmen. Allerdings sind die Unternehmen gut beraten, sich mit dem Thema Energiebeschaffung auseinanderzusetzen, um hier mögliche Chancen zu nutzen. Carsten Topp, Vertriebsleiter des Energiedienstleisters Ampere (Foto), beschreibt die aktuelle Situation.

Die Energiepreise in Deutschland sind immer noch ein zentrales Thema, das nicht nur die Wirtschaft, sondern auch private Haushalte betrifft. Derzeit liegen die Preise für Strom im Spotmarkt bei 6,8 Cent/kWh und Terminmarkt bei 7,8 Cent/ kWh (Stand 15. März 2024).  Das entspricht einem Rückgang seit Jahresanfang um 18 Prozent. Die Preise für Gas im Spotmarkt liegen bei 2,67 Cent/kWh und im Terminmarkt bei 3,10 Cent/ kWh (ebenfalls Stand 15. März 2024). Das entspricht einer Reduzierung um 15,8 Prozent seit Beginn des Jahres 2024. Aus diesem Grunde setzen sich viele Unternehmen frühzeitig mit der Energiebeschaffung für die Folgejahre auseinander, um Planungssicherheit zu haben.

In den Angeboten der Versorger sind zum Teil deutliche Preisunterschiede zu erkennen. Die Entwicklung der Strompreise wird nicht nur von Angebot und Nachfrage sowie den Kosten für die Herstellung beeinflusst, sondern auch von anderen Faktoren wie staatlichen Abgaben und Steuern sowie Netzentgelten. Die hohen finanziellen Aufwendungen für Diesel, Dünger, Personal und anderer Betriebsmittel setzen die Unternehmen zusätzlich unter Druck. Insbesondere in energieintensiven Branchen führt dies zu höheren Produktionskosten, was sich wiederum auf die Preise ihrer Produkte und Dienstleistungen auswirkt. Dies kann die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.

Neben der kaufmännischen Optimierung, die aufgrund der gefallenen Marktpreise einen enormen Hebel zur Kostensenkung darstellt, ist der effiziente Umgang mit Energie sowie ein detailliertes Energie-Monitoring und -Management weiterhin eine wichtige Stellschraube für die Gewährleistung von Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit. Vor allem kleine und mittlere Betriebe verfügen noch über große Optimierungsmöglichkeiten. So lassen sich unter anderem bei Beleuchtung, Antrieben, Pumpen, Kälteanlagen oder Druckluft noch häufig Potenziale heben. Auch softwaregestützte „Lastganganalysen“ helfen, den Stromverbrauch im Blick zu haben und gegebenenfalls zu senken (unter Lastgang versteht man den je nach Tages- oder Jahreszeit schwankenden Stromverbrauch).

Hier lohnt es sich, Expertenrat in Form umfassender Energieberatung einzuholen oder noch nicht umgesetzte Maßnahmen zu realisieren. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert unter anderem eine Energieeffizienz-Beratung für kleine und mittlere Unternehmen und im zweiten Schritt die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen. Auch die KfW verfügt über Förderprodukte für Energie und Umwelt.

Fazit: Die ehemals hohen Preise an den Handelsmärkten haben sich deutlich entspannt. Hohe Risikoaufschläge und kurze Bindefristen der vergangenen zwei Jahre sind nunmehr obsolet. Dennoch lohnt es sich gerade jetzt – mehr denn je – verschiedene Angebote einzuholen, um von den gefallenen Märkten zu profitieren.

Als Kooperationspartner von pro agro unterstützt die Ampere AG Mitgliedsunternehmen des Verbandes bei der Verhandlung und Beschaffung von Energielieferverträgen. Der Energiedienstleister betreut mehr als 50.000 Strom- und Gaskunden mit einem Gesamtvolumen von über 2.200 Gigawattstunden bundesweit. Bisher hat Ampere mehr als 400.000 Energielieferverträge erfolgreich verhandelt und für ihre Kunden Einkaufsvorteile von mehr als 430 Mio. Euro erzielt.

Balance zwischen Modernität und Bodenständigkeit

Über 150 Jahre hat das Unternehmen auf dem Buckel – oder sagen wir’s weniger salopp: Man schrieb das Jahr 1873, als sich im Werdener Havelland mehrere landwirtschaftliche Betriebe zusammentaten, um die Früchte ihrer Arbeit gemeinschaftlich zu ernten, zu verarbeiten und zu vermarkten. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen, handelte es sich doch um Obstbauern, die ihre Ernte kooperativ zu Fruchtsäften veredelten und auf den heimischen Märkten verkauften. Nach einer wechselvollen Geschichte befindet sich das Unternehmen seit 1992 wieder in Familienhand, wobei die Inhaber bei allem Engagement für das Wohl und Wehe der Firma die Führung des operativen Geschäfts zwei erfahrenen Managern überlassen. Einer davon ist Stefan Schult, mit dem wir über die Unternehmensstrategie in einem wettbewerbsintensiven Umfeld sprachen.

„In den Anfängen des Unternehmens war an Ketchup-Feinkost noch gar nicht zu denken“, erzählt Stefan Schult (Foto), der u.a. für den Vertrieb zuständig ist. „Das kam erst zu DDR-Zeiten: Wir produzieren Ketchup seit 1958, und die jetzige ikonische Werder-Facettenflasche gibt es seit den 90er Jahren.“ Neben der einzigartigen Form verfügt die Flasche über „ein weiteres Alleinstellungsmerkmal“, wie er sagt: Die Produkte werden heute ausschließlich in Glasflaschen abgefüllt. Die Kunststoff-Gebinde, die bis vor drei Jahren genutzt wurden, hat man gänzlich aus der Produktion verbannt. Und das nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes: Glas ist inert, geht also keine Wechselwirkung mit dem Inhalt ein. Außerdem kann es unendlich oft eingeschmolzen und wiederverwendet werden. „Es ist einfach die bessere Verpackung, und die Verbraucher honorieren den Einsatz umweltschonender Materialien“, so der Manager.

Die klassische Produktrange für den Lebensmitteleinzelhandel gliedert sich in drei Kategorien:

  • Ketchup mit elf Artikeln, deren Geschmacksrichtungen sich stark am Markt orientieren; dazu gehören auch zwei Bio-Artikel und eine zuckerfreie Variante
  • Schlemmersaucen mit elf Artikeln in unterschiedlichen Variationen: dazu zählen drei etwas exotische Innovationen, die 2023 eingeführt wurden und den etwas jüngeren Ernährungstrends folgen: Tomate/Minze, Kichererbse/Limette und Rote Bete/Feta
  • Saucen mit fünf Artikeln (von Paprika bis Veggie Bolognese).

Insgesamt verlassen jedes Jahr rund 23 Millionen Flaschen Ketchup und Saucen das Band.

Hinzu kommt das Getränke-Angebot, bestehend aus Fruchtweinen, Cider, Fruchtglühweinen, etc.

Darüber hinaus gibt es noch die Eimerware für das Food Service-Sortiment, also für Großverbraucher wie Restaurants, Imbisse, Systemgastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, Fachgroßhändler und weitere Kunden.

Haupt-Absatzgebiet ist Ostdeutschland, wo Werder Feinkost laut Stefan Schult mit 32 Prozent Marktanteil der unangefochtene Platzhirsch ist. Man habe aber auch in den alten Bundesländern gut Fuß gefasst, „was nicht jeder Lebensmittelproduzent aus Ostdeutschland geschafft hat. Das war und ist eine Herkulesarbeit in dem wettbewerbsintensiven Markt“, ergänzt er. Die gewichtete Distribution liege bundesweit bei 50 Prozent, die Brandenburger Produkte sind also in der Hälfte aller deutschen Lebensmittelgeschäfte vertreten. „Das zeigt, dass wir einen guten Weg gegangen sind, sagt aber auch, dass wir noch Potenzial haben“. so Schult. Vor allem südlich der Mainlinie, also in Baden-Württemberg und Bayern, warte noch ein Stück Arbeit auf den Außendienst.

Im Wettbewerbsvergleich verfügt Werder Feinkost über ein eigenständiges Profil. Konkret: Die Ketchups haben weniger Zucker und sind „puristisch tomatiger“, wie es heißt. Um dieses Merkmal gegenüber den Verbrauchern gewissermaßen zu plakatieren, hat das Unternehmen 2023 einen Markenrelaunch angeschoben. Hintergrund war die Frage, wie man die Marke noch moderner gestalten kann, um in neuen Absatzgebieten Fuß zu fassen und mit der Marktentwicklung Schritt zu halten. Mit Blick auf den Konsumenten ging es darum, ihn nicht mit einem zu starken optischen Eingriff vor den Kopf zu stoßen und andererseits die Markenwertigkeit ein Stück zu heben und in neuen Absatzregionen, wo das Unternehmen nicht so bekannt ist, als eine moderne und wertige Marke aufzutreten. „Diese Balance ist uns gut gelungen“, freut sich der Geschäftsführer. „Das haben wir durch Marktforschung geprüft.“

Die Essenz des Relaunch liegt in einer einheitlicheren Optik, wodurch die farbige Verspieltheit etwas zurückgenommen wurde. Am Beispiel Ketchup sieht das folgendermaßen aus: Jede Sorte verfügt über eine individuelle, einheitliche Farbgebung. Dieser Signalcharakter wird nicht nur über das Bauchetikett vermittelt wird, sondern auch durch die gleiche Farbe der Flaschen-Halsschleife. Dadurch wird ein stärkerer Wiedererkennungswert erzielt; auch die Tomatigkeit der Produkte wurde optisch stärker in den Vordergrund gestellt – sozusagen „tomatig plus“ als Kernbotschaft, wie Stefan Schult sagt. Das Prinzip der optischen Orientierung wird mit dem Relaunch auch auf die Flaschen der Schlemmersaucen und der klassischen Saucen übertragen.

 „Auf diese Weise haben wir ein kompakteres Erscheinungsbild unserer gesamten Produktrange erreicht“, erklärt er und weist darauf hin, dass die Halsschleifen der Flaschen außerdem einen Hinweis auf die regionale Herkunft der Produkte geben, und zwar durch die Silhouetten von Kirche und Mühle auf der Werder-Insel (vgl. Foto mit der Original-Ansicht). Zusätzlich wird die Natürlichkeit der Produkte ausgelobt: keine Zusatz-, Konservierungs- und Farbstoffe. „Dadurch haben wir für das Branding einen Dreiklang der wichtigsten Produkt-Attribute geschaffen: tomatig, natürlich, regional“, betont er.

Gleichzeitig hat sich das Unternehmen medial neu aufgestellt, etwa durch verstärkten Einsatz von Social Media und Promotions im Handel. Auf diese Weise lässt sich der Dialog mit den Verbrauchern intensivieren. Aus deren Resonanz sei deutlich zu hören, wie emotional sie mit der Region und ihren Produkten verbunden sind. „Wir spielen also die komplette Kommunikationsklaviatur einer modernen Marke und haben dabei stets unsere Kunden im Auge“, bilanziert Stefan Schult.

Steigende Lasten durch Kosten und Bürokratie

Ende 2023 hat pro agro wieder die Brandenburger Lebensmittelhersteller zur aktuellen Wirtschaftslage, zu den Aussichten für 2024 und die wichtigsten Herausforderungen befragt. Um es gleich zu sagen: Die Branche blickt alles andere als optimistisch in die nahe Zukunft. Steigende Kosten, zu viel Bürokratie und fehlende Planungssicherheit sind nach Meinung der Unternehmen die größten Hemmschuhe für Wachstum und ein gedeihliches Auskommen. Hier die wichtigsten Ergebnisse.

Zur Einordnung ist es hilfreich, einen Blick auf die jüngsten Kennziffern des Statistischen Bundesamtes zu werfen. Demnach ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2023 preisbereinigt um 0,3 Prozent gesunden. Das hört sich nicht gerade dramatisch an, wird aber von den Ökonomen als Rezession eingestuft. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor war Europas größte Volkswirtschaft noch um 1,8 Prozent gewachsen. Zahlreiche Experten erwarten auch im laufenden Jahr keine spürbare Erholung. Hinzu kommt, dass viele Konsumenten angesichts der weiter steigenden Verbraucherpreise den Rotstift ansetzen.

Kein Wunder also, dass drei Jahre nach der ersten Barometer-Befragung Brandenburgs Branchenunternehmen nur wenig Licht am Ende des Tunnels sehen. Inflation und unsichere Konjunkturentwicklung haben das Kaufverhalten der Konsumenten nachhaltig verändert. Zwar stehen regionale Lebensmittel und deren Hersteller bei Umfragen nach wie vor hoch im Kurs, im Einkaufskorb aber landen häufig wieder verstärkt die preisgünstigeren Handels- oder Discountmarken. Für die Brandenburger Ernährungswirtschaft kann dieser Trend auf Dauer existenzgefährdend sein.

Zu den Fakten des Branchenbarometers 2023: Das vergangene Geschäftsjahr ist für 32 Prozent der Unternehmen schlechter und für weitere 23 Prozent sogar deutlich schlechter verlaufen als 2022. 23 Prozent beurteilen die ohnehin schwierige Marktlage als gleichbleibend. Das verändert sich auch nicht bei der Prognose für 2024: Für 76 Prozent der Unternehmen ist keine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in Sicht. Knapp zwei Drittel von diesen erwarten sogar, dass es schlechter werden wird (siehe Grafik „Pessimistische Geschäftsprognose“).

Das wiederum erklärt, warum rund 70 Prozent der Umfrageteilnehmer keine Neueinstellungen in diesem Jahr vornehmen wollen und Investitionen über 500.000 Euro nur bei wenigen Unternehmen auf der Agenda stehen. Wenn investiert werden kann, werden Ausgaben für Maschinen und Gebäude geplant. Bereits 2023 konnten ursprünglich geplante Investitionen nur von 45 Prozent der Befragten komplett realisiert werden. Um eine nachhaltige Zukunftsperspektive zu sichern, sehen 81 Prozent eine Erlössteigerung zwischen mehr als 10 bis über 20 Prozent als notwendige Basis.

Und welche Herausforderungen belasten die Erholung für die Branche besonders stark? Am meisten Probleme bereiten den Unternehmen die gestiegenen Rohstoff- und Beschaffungskosten (62 Prozent), dicht gefolgt von den Personalkosten (60 Prozent). An dritter bzw. vierter Stelle stehen mit jeweils 55 Prozent der Antworten die Energiekosten und die überbordende Bürokratisierung durch die Flut gesetzlicher Vorschriften (siehe Grafik „Hauptprobleme: Kosten und Bürokratie“).

Dazu pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold: „Die Frustration über die Bürokratie nimmt immer stärker zu. Kleine und mittelständische Unternehmen haben oft den identischen bürokratischen Aufwand zu leisten wie Großkonzerne. Da ist ein Ungleichgewicht entstanden, das für die Branche nicht mehr tragbar ist. Wachstumsorientierte Mittelstandspolitik, darf nicht Alles und Alle über einen Kamm scheren.“. Die Sorge vor noch mehr Bürokratisierung schlägt bei der Langfristprognose bis zum Jahre 2030 noch deutlicher durch: Mit 61 Prozent ist es bei weitem der höchste Wert bei den Nennungen der größten Herausforderungen.

Informationen zur Umfrage

Rund 650 Unternehmen wurden zur Teilnahme an der Online-Befragung angeschrieben, davon haben 97 Unternehmen geantwortet. 46 Prozent der teilnehmenden Betriebe haben einen Jahresumsatz bis zu einer Million Euro. Bis 10 Millionen Umsatz erlösen 31 Prozent, weitere 12 Prozent bis 25 Millionen Euro und mehr (5 Prozent aller Teilnehmer erwirtschaften über 75 Millionen Euro). Beschäftigte in Vollzeit: Rund 40 Prozent der Unternehmen beschäftigen weniger als fünf Mitarbeiter, 13 Prozent haben über 100 Beschäftigte. Hinweis:

Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf Repräsentativität. Grafiken zur Umfrage können Sie unter folgender Adresse anfordern: presse@proagro.de.

Auf Tuchfühlung in der Brandenburghalle

Gedränge in den Gängen und an den Ständen in der Brandenburghalle.

Rund 275.000 Besucher aus dem In- und Ausland kamen diesmal zur Grünen Woche (19. bis 28. Januar 2024) und informierten sich über die neuesten Trends in Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau. Das waren zwar nicht ganz so viele wie im Vorjahr (300.000), wozu laut Messe Berlin möglicherweise der Lokführerstreik beigetragen hat. Warum auch immer: Von dem „Schwund“ war jedenfalls in der Brandenburghalle wenig zu spüren. Hier drängte sich das wissens- und probierfreudige Publikum durch die Gänge und an den Ständen – Fachbesucher aus Handel, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und Direktvermarktung inbegriffen.

Das Brandenburger Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) hat als Ausrichter der Brandenburghalle zurecht eine positive Bilanz gezogen. „Die 2023 noch spürbare Zurückhaltung nach den Coronajahren ist vorbei; Brandenburgs Agrar- und Ernährungswirtschaft will wieder durchstarten“, hieß es. Das zeigten auch die Zahlen: 250 Anbieter, darunter zumeist klein- und mittelständische Unternehmen, präsentierten an 70 Ständen ihre regionalen Spezialitäten – von Traditionsmarken bis zu Newcomer-Produkten. Erstmals gab es in der Brandenburghalle 21a auch eine Weinlounge mit dem g.g.A.-zertifizierten Brandenburger Wein „Großräschener See“.

Das Interesse von Konsumenten und Fachpublikum galt nicht nur heimischen Produkten und kulinarischen Spezialitäten, sondern auch dem touristischen Angebot. Die Resonanz stimmte die Aussteller auf ganzer Linie zufrieden. Sie nutzten den direkten Kontakt mit den Besuchern, um ihre Produkte und Konzepte zu präsentieren. Dazu Agrarminister Axel Vogel: „Die Grüne Woche bietet zu Jahresbeginn die Chance, auf Themen, Herausforderungen und Angebote unserer Land- und Ernährungswirtschaft aufmerksam zu machen.“ Bereits während der Messe habe das Nachmessegeschäft begonnen, Online-Bestellungen und -Nachfragen würden bei den Ausstellern zunehmend eingehen. 

„Zum Auftakt und ersten Höhepunkt des Agrarjahres haben wir auf der Internationalen Grünen Woche die Regionalität in den Mittelpunkt der Diskussionen gestellt“, hob Minister Vogel außerdem hervor und ergänzte: „Der Griff zu regionalen konventionellen und Bio-Qualitätsprodukten hilft den Landwirtinnen und Landwirten, aber insbesondere auch, Arbeitsplätze und die Existenz des Brandenburger Ernährungshandwerks zu sichern.“ 

25. pro agro-Marketingpreis

Traditionell stand der erste Messetag im Zeichen des pro agro-Marketingspreises 2024 und der Prämierung kreativer und innovativer Unternehmen. Die Preisverleihung nahmen Minister Vogel, die Verbandsvorsitzende Hanka Mittelstädt und Geschäftsführer Kai Rückewold vor. Am Wettbewerb hatten 60 Unternehmen und Institutionen teilgenommen – ein neuer Rekord! In den einzelnen Kategorien sahen die Zahlen so aus: Direktvermarktung 24, Ernährungswirtschaft 19 sowie Land- und Naturtourismus 17 Bewerbungen. Im Lebensmittelbereich wurden folgende Unternehmen ausgezeichnet:

Direktvermarktung

(1) Märkische Quarter Horse Ranch (Lieblingsmist)

(2) Altdöberner Baumkuchen (Café Schauwerk)

(3) Agrargenossenschaft Neuzelle (Salatproduktion – alles aus einer Hand).

Ernährungswirtschaft

(1) „Die Weide lebt“ (Gläserne Molkerei)

(2) WertWeideRind (EWN Wurstspezialitäten)

(3) Kartoffelsalat mit Leinöl & Senf (Golßener Lebensmittel)

Als Anerkennung erhalten die genannten Preisträger ein pro agro-Marketingpaket. Überdies werden die Produktinnovationen und Vermarktungskonzepte aller 60 Wettbewerbsteilnehmer in der Broschüre Neues aus Brandenburg. Ein Land voller Ideen dargestellt. (Mit einem Klick auf die Titelseite haben Sie Zugang zur Broschüre).

EDEKA-Regionalpreis

Unter den Bewerbern der Kategorien Ernährungswirtschaft und Direktvermarktung wurde dieser Preis auch 2024 ausgelobt. Geschäftsführer Hans-Ulrich Schlender übergab die Auszeichnung diesmal an zwei Unternehmen, und zwar an die Gläserne Molkerei („Die Weide lebt“), wodurch die Münchehofer zusammen neben dem Marketingpreis eine weitere Branchen-Trophäe abräumen konnten. Der zweite Regionalpreis ging an die Klosterfelder Senfmühle mit ihrem Produkt „Brandenburger Senf“. Beide Gewinner erhalten eine exklusive Vermarktung über die EDEKA-Handelsgesellschaft. Weitere Informationen rund um den pro agro-Marketingpreis 2024 finden sie hier.

Handels- und Gastronomierundgänge 

Das im Jahre 2009 eingeführte Konzept, die Brandenburghalle als Informations- und Dialogplattform für Hersteller und Vermarkter zu nutzen, hat sich auch während der jüngsten Grünen Woche bestens bewährt. Über 600 eingeladene Vertreter von Handel, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und Direktvermarktung hatten das Angebot zum Austausch mit den Ausstellern während der gesamten Messe angenommen – für größere Gruppen am frühen Morgen vor Messebeginn, für kleinere Delegationen auch während des laufenden Messegeschehens. „Allein an den Rundgängen mit EDEKA (24. Januar) und REWE (25. Januar) haben über 350 Einzelkaufleute des Berliner und Brandenburger Lebensmittelhandels teilgenommen“, berichtete Kristin Mäurer, pro agro-Fachbereichsleiterin der Agrar- und Ernährungswirtschaft.

Stammtisch der Brandenburger Ernährungswirtschaft 

Wie früher fand auch diesmal der erste Unternehmerstammtisch des Jahres im Rahmen der Grünen Woche statt. Teilgenommen haben neben Vertretern der Ernährungswirtschaft und der Direktvermarktung auch Landwirtschaftsminister Axel Vogel. Inhaltlich ging es hauptsächlich um die Frage, wo die Unternehmen aktuell und generell der Schuh drückt und wie sich die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft vertiefen lässt. In Anbetracht der Bedeutung des Themas haben wir die wesentlichen Inhalte des diskursiven Austauschs in einem separaten Beitrag festgehalten (siehe Rubrik BRANCHE).

Zwei Landesfeste

Am Brandenburgtag (22. Januar) gab Minister Vogel den Austragungsort der zentralen Eröffnungsveranstaltung der 29. Brandenburger Landpartie (8. und 9. Juni 2024) bekannt. Ausrichter wird diesmal die Agrargenossenschaft Unterspreewald sein (um welchen Gastgeber es sich dabei handelt, sagt Ihnen das noch „frische“ Porträt im pro agro-Newsletter 11/2023). Die komplette Broschüre mit allen wichtigen Informationen, teilnehmenden Betrieben und deren Angeboten erscheint Anfang Mai. Der Staffelstab für die Austragung des 21. Brandenburger Dorf- und Erntefestes (14. September 2024) ging an die Gemeinde Drachhausen/Hochoza im Landkreis Spree-Neiße. Beide Landesfeste werden im Auftrag des Landes Brandenburg von pro agro koordiniert.

Brandenburger Kochstudio 

Der gut besuchte Anlaufpunkt zeigte an allen zehn Messetagen, wie vielfältig das Land Brandenburg auch in der Kulinarik ist. Abgestimmt auf die jeweilige Tagesregion des Bühnenprogramms und begleitet von dem bekannten Radio-Moderator Detlef Olle demonstrierten Köche aus Brandenburger Restaurants und Landgasthöfen ihre Fertigkeiten und stellten haustypische Gerichte mit heimischen Produkten vor.

Weitere Informationen über den Auftritt der brandenburgischen Lebensmittelbranche auf der Grünen Woche 2024 finden Sie hier.

„Versorgung mit Lebensmitteln ist systemrelevant!“

Flagge zeigen: Kundgebung zur Kampagne „Regionale Lebensmittel einkaufen – jetzt erst recht!“ vor dem Potsdamer Landtag.

Brandenburgs Land- und Ernährungswirtschaft hat seit Jahren einen schweren Stand: Corona, Kriege in der Ukraine und in Nahost, Lieferengpässe, steigende Kosten und dergleichen mehr beuteln die Branche wie selten in der jüngeren Vergangenheit. Hinzu kommen die permanente Regulierungswut der EU-Bürokraten und die sprunghaften Entscheidungen der Bundespolitik, die alles andere als verlässliche Rahmenbedingungen für das Wirtschaften setzen. Aufgrund dieser wenig ersprießlichen Gemengelage sieht es der Verband pro agro in seiner Funktion als Sprachrohr und Förderer der Branche auch als seine Aufgabe an, den Unternehmen Orientierung zu geben und Perspektiven aufzuzeigen.

Ausgangspunkt für eine solche in die Gegenwart und Zukunft gerichtete Betrachtung sind drei Ereignisse, die alle zu Beginn des Jahre 2024 stattfanden und Aufschluss geben über die Befindlichkeit der Branchenunternehmen: die Bilanz der Grünen Woche bzw. des Geschehens in der Brandenburghalle, die Diskussion während des Stammtisches der Ernährungswirtschaft und die Kernergebnisse des Anfang Januar veröffentlichten Branchenbarometers – alles Ereignisse übrigens, über die im vorliegenden Newsletter berichtet wird.

Wie es nach Corona mit der Grünen Woche weitergeht, konnte man anfangs nicht so richtig einschätzen. Doch jetzt, im Jahr zwei nach dem Neustart, lässt sich mit Fug und Recht von einem positiven Comeback reden. Sowohl die Aussteller- wie auch die Besucherzahlen haben optimistisch gestimmt. Konzept und Angebot in der Brandenburghalle fanden auf ganzer Linie regen Zuspruch. Das ist insoweit eine gute Botschaft. Aber: „Ob die Hallen brechend voll sind, ist nicht der entscheidende Faktor, sondern die Kontaktqualität“, gibt pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold (Foto) zu bedenken und konkretisiert, was er damit meint: „An manchen Tagen ist es besser, mit weniger Besuchern intensivere Gespräche führen zu können.“

Zweifellos sind die Grüne Woche und das tägliche Vermarktungsgeschäft jenseits der Messe ein enormes Heimspiel für die Brandenburger Erzeuger und Verarbeiter von Lebensmitteln, da die regionalen Produkte direkt vor den Toren der Hauptstadt entstehen. Der Weg des Produkts von der Entstehung bis zum Berliner Markt ist also sehr kurz, was die emotionale Käuferbindung in Sachen Transparenz, Authentizität und Verbundenheit zur eigenen Region fördert. Andererseits ist die Branche direkt und unmittelbar den Entscheidungen aller politischen Ebenen ausgesetzt. Das hat sich kurz vor Beginn der Grünen Woche auf dramatische Weise gezeigt.

Nur den massiven Protesten der Landwirtschaft ist es nämlich zu verdanken, dass die Bundespolitik zum Teil wieder zurückgerudert ist. Was aber hat’s gebracht? „Für unsere Wertschöpfungsketten ist damit noch nicht viel getan“, konstatiert Rückewold. Begründung: „Wir müssen aufpassen, dass mit Schnellschüssen nur für die Landwirtschaft nicht die mittelständische Ernährungswirtschaft noch weiter ins Straucheln gerät.“ Dahinter steht die Befürchtung, dass den Herstellern „in der Schraubklemme“ zwischen höheren Kosten und stagnierenden Erlösen die Luft ausgeht. Deshalb seine Mahnung: „Wenn wir regionale Landwirtschaft und weiterverarbeitendes Handwerk bzw. mittelständische Industrie nicht zusammen denken, wird es keine Verbesserungen geben.“

Die Notwendigkeit eines solchen ganzheitlichen Denkens und Handelns findet seinen Ausdruck in der auch vom Brandenburger Landwirtschaftsministerium propagierten und verfolgten Strategie, die regionalen Wertschöpfungsketten zu stärken. In diesen Prozess sind praktisch alle Glieder bzw. Marktplayer der Branche einbezogen – vom landwirtschaftlichen Erzeuger über den Verarbeiter bis zum Vermarkter und Konsumenten von regionalen Lebensmitteln.

Plakativer Einsatz: REWE mit gezielter Kundenansprache.

Hier sieht sich der Verband als neutrale Instanz, geprägt vom Verständnis für alle Partner der Wertschöpfungskette und in der Praxis geleitet von der Vermittlung von Kontakten; und bei aller Neutralität jedoch immer mit dem offenen Herzen vor allem für die lebensmittelproduzierenden Unternehmer. „Optimistisch stimmt mich, dass einige Lebensmittelhändler viel mehr Solidarität mit der Erzeuger- und Herstellerseite bekunden als offiziell hörbar wird“, sagt Rückewold in diesem Zusammenhang. Hintergrund dieser Erfahrung: pro agro spricht in aller Regel mit den Repräsentanten vor Ort und nicht (nur) mit den Konzernzentralen.

Auch auf Verbraucherebene setzt der Verband an, um die Absatzchancen der Brandenburger Hersteller zu optimieren. Ein erster, guter Schritt ist hier die breit aufgestellte Kampagne „Regionale Lebensmittel einkaufen – jetzt erst recht!“, die vom Agrarministerium maßgeblich unterstützt wird. Einzelne Unternehmen oder Produkte dürfen zwar nicht beworben werden, aber der kontinuierliche, kommunikative Hinweis auf Positiveffekte regionaler Wirtschaftsstrukturen verfehlt seine Wirkung nicht. Diese Kommunikationsarbeit wird fortgesetzt. Klares Ziel ist es dabei, auch den Handel stärker in solche Kampagnen einzubinden. Denn am Ende muss der Verbraucher die Produkte aus Brandenburg auch im Regal an prominenter Stelle finden.

Ein wichtiger „Mitspieler“ bei der Unterstützung und Förderung regionaler Verarbeitungsstrukturen ist die Brandenburger Politik. „Wir werden gefragt und gehört“, betont der Verbandsgeschäftsführer. Dennoch erlebe er immer noch zu viel Abgrenzung statt Wachstums- und Wagemut. In unzähligen Aktivitäten versuche man deshalb, das Wissen um die heimische Ernährungswirtschaft und die aktuellen Herausforderungen zu verdeutlichen. Und an die Adresse der kommenden Regierung – im September wird bekanntlich ein neuer Landtag gewählt – richtet Kai Rückewold die Erwartung anzuerkennen, dass „die Versorgung mit regional hergestellten Lebensmitteln systemrelevant ist. Sie ist klimaschonend, nachhaltig und hält den ländlichen Raum lebendig. Dafür sollte es spürbare Prioritäten in allen Ministerien geben.“

Spreewald-Rabe: Ein altes Unternehmen – jung geblieben

Das letzte Jubiläum ist gerade mal ein Jahr her. Denn 2023 feierte der Boblitzer Gemüsespezialist sein 125-jähriges Bestehen, oder besser gesagt: Die Familie Belaschk gedachte der Gründung im Jahre 1898, denn seitdem befindet sich die Firma in Familienhand. Heute wird das Unternehmen in fünfter Generation von Markus Belaschk (Foto) geführt – einerseits der Tradition verpflichtet, wozu Beständigkeit und Verlässlichkeit in Qualität und Geschmack zählen, andererseits der Zukunft zugewandt, was sich in erfolgreichen Produktinnovationen und modernsten Herstellungstechniken manifestiert. Und nicht nur das: „Wir stehen für Nachhaltigkeit, sowohl im Anbau und bei der Ernte, als auch in der Verarbeitung“, betont er.

Früher wurde die eingesetzte Rohware, das waren hauptsächlich Gurken und Meerrettich, im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb angebaut, geerntet, verarbeitet und vermarktet. Aus heutiger Sicht könnte man das als Vorläufer einer geschlossenen regionalen Wertschöpfungskette mit dem spezifischen Merkmal „alles aus einer Hand“ bezeichnen. Heute, wo man mit ganz anderen Mengen arbeitet, lässt sich das gar nicht mehr bewerkstelligen. Denn gegenwärtig veredelt das Unternehmen schätzungsweise 2.500 Tonnen Gemüse im Jahr: Gurken, Meerrettich, Kürbis, Paprika und mehr. „Wir beziehen die Feldfrüchte bei einigen wenigen Brandenburger Vertragsbauern, die wir alle persönlich kennen und regelmäßig aufsuchen, um sicher zu sein, dass ihre Arbeit unseren Qualitätsstandards entspricht“, berichtet Markus Belaschk. „Das ist ein Geschäft auf Augenhöhe“, betont er.

Um die Feldfrüchte effizient zu verarbeiten und zur Marktreife zu bringen, braucht man viele helfende Hände und moderne Maschinen. Damit allein ist es aber nicht getan, denn da wartet ja noch die Befüllung der diversen Gebinde für unterschiedliche Abnehmer. Für die Privatverbraucher sind in der Regel Gläser und Flaschen in mehreren Größen im Einsatz (etwa zehn Millionen Stück), die Industrie wiederum erhält die Ware in Großdosen sowie der ambulante Handel auf Märkten oder der Lebensmitteleinzelhandel für die Frischetheken als Eimerware. Das muss alles störungsfrei gesteuert werden. Dafür sorgen die 60 fest angestellten Mitarbeiter (einschl. Verwaltung) und noch einige mehr während der Hochsaison, die von Juli bis kurz vor Weihnachten dauert. 30 bis 40 Prozent der Mitarbeiter stammen aus dem grenznahen Bereich Polens und pendeln täglich.

Vermarktet werden die Produkte (eingelegte Gurken, Gemüse, Meerrettich, Aufstriche, Saucen etc.) vor allem in Ostdeutschland, wobei das Unternehmen die Endverbraucher über den LEH erreicht, also EDEKA und REWE als Vollsortimenter sowie Kaufland, „schwarzer“ Netto und Norma. Auch bei Bartels-Langness im Norden Deutschlands ist man gelistet; damit sollen in erster Linie die Ostsee-Touristen erreicht werden. Industriekunden bzw. Großverbraucher werden beispielsweise mit Gurkenscheiben und -würfeln als Zutaten für Feinkostsalate oder mit Meerrettich für Frischkäse und Fischprodukte beliefert. Zu den Kunden in diesem Segment zählen außerdem Gastronomen und Markthändler, die die Ware auch über den firmeneigenen Abholmarkt vor Ort erhalten.

Ohne Frage muss sich auch der „Spreewaldrabe“ unter den gegenwärtigen Bedingungen sputen, das Geschäft am Laufen zu halten. „Wir merken natürlich, dass sich die Kunden momentan eher für die preisgünstigen Produkte aus dem Ausland und weniger für die etwas teureren aus heimischer Herstellung entscheiden“, sagt Markus Belaschk und fügt hinzu: „Wir können nur an unsere Kunden appellieren, dass ihnen nachhaltige Herstellung und regionale Herkunft mehr wert sind als unbekannte Produkte aus dem Ausland.“

Ein Wort noch zur Entstehungsgeschichte der Marke „SpreewaldRabe“: Während das Unternehmen zu DDR-Zeiten den Namen des Großvaters Kurt Belaschk trug, war es nach der Wende an der Zeit, ein neues Label mit Signalwirkung zu kreieren. „Meine Eltern haben sich entschieden, die Anfangsbuchstaben des Namens meines Vaters zu integrieren – also Ra wie Rainer und be wie Belaschk. Und dann kam die Überlegung, die Produktherkunft in das Label zu integrieren“, erzählt der jetzige Firmenchef. So also ist die Marke „SpreewaldRabe“ entstanden – eine wahrlich kluge Entscheidung, gilt doch der Rabe in der germanischen Mythologie als Symbol der Weisheit.

Maß genommen: Der Rüttel-Fülltisch schüttelt die störrischen Gurken in die Gläser.

Ein Branchentreffen, das es in sich hatte

Offenes Ohr: Minister Axel Vogel (hinten, Mitte) beim Stammtisch der Ernährungswirtschaft.

Das nennt man gutes Timing: Gerade mal eine Woche war es her, dass die wenig ersprießlichen Ergebnisse des Branchenbarometers der Brandenburger Ernährungswirtschaft veröffentlicht worden waren, als etlichen Unternehmen sich die Gelegenheit bot, ihre Sorgen und Nöte „live“ kundzutun. Anlass war der Stammtisch der Ernährungswirtschaft, der am 22. Januar 2024 wie gewohnt während der Grünen Woche in der Brandenburghalle stattfand. Im Unterschied zur anonymisierten Erhebung des Barometers war dies die Chance, den anwesenden Landwirtschaftsminister Axel Vogel persönlich mit ihren zum Teil sehr kritischen Äußerungen zu konfrontieren und ein direktes Feedback zu erhalten – ein offener Austausch, der für Klarheit sorgte.

Schon während der allgemeinen Vorstellungsrunde gingen die Teilnehmer zur Sache und nutzten die Gunst der Stunde, den Minister aus Unternehmersicht mit den Verwerfungen des Marktes und den zum Teil lähmenden politischen Rahmenbedingungen zu konfrontieren. Was die wirtschaftlichen Aspekte angeht, standen die Kostenprobleme (Energie, Rohstoffe, Logistik, Personal) im Vordergrund – Themen also, die schon in der Barometer-Befragung eine zentrale Rolle gespielt haben. So wies Willi Stollenwerk (Spreewald Feldmann) beispielsweise darauf hin, dass infolge der erhöhten Lkw-Maut die Transportkosten spürbar gestiegen sind; diese zusätzliche finanzielle Belastung würde voll bei den Erzeugern und Verarbeitern von Lebensmitteln hängenbleiben, da der Handel jede Beteiligung strikt ablehne.

An die Adresse der Politik wiederum wurde hauptsächlich über bürokratische Hemmnisse geklagt, verbunden mit der dringenden Bitte an Minister Vogel, „sich für mehr Planungssicherheit stark zu machen und den Genehmigungsmarathon zu verringern“, wie Hanka Mittelstädt (Ucker-Ei) sagte. Energisch unterstützt wurde diese Forderung von Thomas Syring (Syringhof), der sogar von bürokratischer „Gängelei“ sprach, wodurch seine Freiheiten als Landwirt zunehmend eingeschränkt würden. Überspitzt brachte Christoph Lehmann (Agrar GmbH Bergsdorf) diese Tatsache auf folgenden Nenner: „Es ist schon lange kein unternehmerisches Agieren mehr möglich, sondern im Wesentlichen nur noch ein Reagieren auf behördliche Auflagen.“

Deutlich zum Ausdruck gebracht wurde auch, dass die Regulierungswut aller politischen Ebenen (EU, Bund, Länder) nicht nur jedes unternehmerische Handeln belastet, sondern auch die nationale wie internationale Wettbewerbsfähigkeit in Mitleidenschaft zieht. „Wir brauchen gleiche Regeln für gleiche Märkte, um im Wettbewerb zu bestehen“, sagte Benjamin Meise (Fürstenwalder Agrarprodukte). Denn durch die immer höher geschraubten Standards „sägen wir im offenen Wettbewerb an dem Ast, auf dem wir sitzen“, kritisierte Malte Voigts (Spargelhof Kremmen). Oder, wie es Thomas Syring auf den Punkt brachte: „In dieser schwierigen Lage müssen alle Beteiligten lösungs- und problemorientiert arbeiten – Unternehmen wie Behörden.“

Minister Vogel seinerseits bekannte, dass er die praktischen Probleme der Branche zwar nachvollziehen, aber nicht in jedem Falle unmittelbar zur Lösung beitragen könne. „Ich bin primär Landwirtschaftsminister des Landes Brandenburg“, sagte er, „und habe in dieser Funktion zum Beispiel keinen Einfluss auf die Entwicklung der Energiepreise“. Unabhängig davon könne und werde er die genannten Probleme in die zuständigen Entscheidergremien einbringen.

Anders verhält es sich, so der Minister weiter, beim Thema Bürokratieabbau. Ministerpräsident Dietmar Woidke und er hätten sich am 18. Januar in einem Gespräch mit dem Landesbauernverband Brandenburg darauf geeinigt, dass die Landwirtschaft der Landesregierung konkrete Maßnahmen zur Lösung des Problems vorschlägt. „Ich werde dem Ministerpräsidenten zudem empfehlen, die Ernährungswirtschaft in die Überlegungen einzubeziehen. Denn beide Wirtschaftszweige sind untrennbar miteinander verbunden“, sagte er.

Gleichzeitig betonte er, dass die Brandenburger Landwirtschaft „ohne Fördermittel im Grunde nicht überlebensfähig ist.“. Deshalb werde sie auch weiterhin unterstützt. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass über die Europäische Innnovationspartnerschaft für Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (EIP-AGRI) und die vom Land dafür neu aufgelegte Richtlinie wieder Fördermittel für innovative Projekte zur Verfügung stehen. „Im ersten Aufruf“ handelt es sich um einen Topf mit 15 Millionen Euro. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 5. April (weitere Informationen finden Sie hier).

Überdies bekräftigte Vogel, dass sich sein Ministerium auch in Zukunft intensiv für die Belange der Ernährungswirtschaft engagieren wird. So informierte er die Teilnehmer, dass der Dienstleistungsvertrag für das Agrarmarketing, in der Praxis umgesetzt vom Verband pro agro, für weitere fünf Jahre gesichert ist. „Das ist mir wichtig zu betonen“, hob er hervor. Außerdem wird die Fortführung der Verbraucherkampagne „Regionale Lebensmittel kaufen – jetzt erst recht!“ in diesem Jahr mit bis zu 500.000 Euro unterstützt.

Unterstützende Maßnahmen von pro agro für die Branche

Beim Agrarmarketingverband pro agro stehen auch 2024 etliche branchenrelevante Aktivitäten auf der Agenda, um die Brandenburger Erzeuger, Verarbeiter und Vermarkter von Lebensmitteln zu unterstützen und somit die regionale Wertschöpfung zu stärken. Zu den Instrumenten zählen unter anderem Wissenstransfer, Information und Kommunikation, Branchenevents und Unternehmensumfragen sowie Aktionen in Form von Kampagnen. Hier in Stichworten eine Auswahl dessen, was sich bereits heute an konkreten Maßnahmen und Angeboten „in der Pipeline“ befindet.

Vorstellung der Ergebnisse des pro agro-Branchenbarometers der Land- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg 2023 zur Einschätzung der wirtschaftlichen Situation durch Brandenburgs Unternehmen (im Rahmen der Kommunikation im Vorfeld der Grünen Woche 2024); Fortführung der Befragungen zum kontinuierlichen Monitoring der Branchenentwicklung aus Unternehmenssicht (u.a. mit Trendumfrage zur Jahresmitte).

Begleitung und Vermarktung regionaler Kooperationen von Branchenunternehmen jeder Ausrichtung (konventionell bis bio, handwerklich bis industriell etc.), aus allen Sortimentsbereichen und allen Regionen Brandenburgs, zum Beispiel

  • Fortsetzung der Koordination und Unterstützung der Aktionskampagne der Unternehmer-Initiative Lebensmittelwirtschaft Brandenburg, um „Regionale Lebensmittel einkaufen – jetzt erst recht!“ im Jahr 2024

a) in der Mitte der gesellschaftlich/politischen Wahrnehmung zu halten und

b) mit gezielten Aktionen am POS auch Konsumenten direkt zu erreichen und damit Verbraucherinformation und -aufklärung zu unterstützen.

Initiierung, Entwicklung und Stärkung von regionalen Wertschöpfungsketten, insbesondere im Bereich Gemeinschaftsverpflegung (Schwerpunkt Betriebskantinen), und zwar

  • Fortsetzung des Einführungsprozesses zur Umsetzung eines zweistufigen EU-notifizierten Qualitätsprogramms für Brandenburger Erzeugnisse
  • Fortsetzung des (perspektivischen) Dialogs mit Handelsunternehmen zum Thema EU-notifiziertes Qualitätsprogramm „Gesicherte Qualität aus Brandenburg“.

Umsetzung von Branchenfachveranstaltungen für Informationsvermittlung und Wissenstransfer zu aktuellen Branchenentwicklungen und relevanten Marktanforderungen sowie für den Erfahrungsaustausch innerhalb der Branche, unter anderem

  • 22.01.2024: pro agro-Unternehmerstammtisch Ernährungswirtschaft
  • 15.02.2024: Online-Seminar „IFS Global Markets Food erfolgreich umsetzen“
  • Ende Februar 2024: 2. Informations- und Austauschveranstaltung „Regionales Fleischerhandwerk“
  • 05.09.2024: Norddeutscher Ernährungsgipfel
  • 17.10.2024: Tag der Direktvermarktung

Beteiligung an oder Organisation von Publikumsveranstaltungen in ganz Brandenburg als Plattformen für das Erlebbarmachen und Vermarkten von Regionalprodukten aus Brandenburg, unter anderem

  • 25.-26.05.2024: Gartenfestival Park & Schloss Branitz
  • 08./09.06.2024: Brandenburger Landpartie
  • 27.07.2024: Potsdamer Erlebnisräume in Potsdam
  • 14.09.2024: Brandenburger Dorf- und Erntefest in Drachhausen
  • 19./20.10.2024: Brandenburger Schlachtefest in Paaren-Glien.

Verkaufsfördermaßnahmen mit einzelnen Absatzpartnern für die gezielte Kontaktanbahnung, den Kooperationsausbau mit regionalen Lieferanten aus Brandenburg sowie für den Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten und Vermarktungsstrukturen, unter anderem

  • Regionale Tage in den Galeria Markthallen Berlin (Januar 2024)
  • Produzenteninformationstour von pro agro in Kooperation mit Rewe Ost in Brandenburgs Landkreisen (März 2024) sowie Bundeslandmesse der Rewe Ost (18.06.2024)
  • Mitteldeutsche Warenbörse in Schkeuditz (12.06.204)
  • Aufbauend auf den Ergebnissen der pro agro-Studie „Vermarktungspotenziale heben für Regionalprodukte aus Brandenburg“ (2022) plant der Verband eine Studie, um mehr Erkenntnisse zu Bekanntheit und Kaufverhalten rund um Brandenburger Lebensmittel-Marken zu erlangen.

Dazu Kristin Mäurer, pro agro-Fachbereichsleiterin Agrar- und Ernährungswirtschaft (Foto): „Wir haben als pro agro ein vielfältiges Aktionspaket für das kommende Jahr geplant, das für alle Zielgruppen unserer Verbandsarbeit etwas zu bieten hat – vom Direktvermarkter bis zum regionalen Handelslieferanten, in Kooperation mit Partnern aus Handel, Tourismus oder Medien in der Hauptstadtregion. 2024 bleibt herausfordernd für die Absatzförderung. Umso wichtiger sind Maßnahmen, die den Bekanntheitsgrad und die Wettbewerbsfähigkeit unserer regionalen Produzenten unterstützen.“

pro agro-Aktivitäten auf der Grünen Woche

Vom 19. bis 28. Januar 2023 öffnet die Messe Berlin ihre Tore, um weltweite Innovationen aus Landwirtschaft und Food-Branche zu präsentieren. Die internationale Leitmesse für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau erwartet rund 300.000 Besucher aus aller Welt. Auf 118.000 qm Bruttofläche zeigen 1.400 Aussteller aus 61 Ländern ihre Angebote. Das Land Brandenburg wird wieder in Messehalle 21a dabei sein. Auf der großen Bühne präsentieren sich an den zehn Messetagen die Regionen des Landes. Mit einer Vielzahl von Aktivitäten sorgt außerdem der Verband pro agro dafür, dass die Brandenburghalle zu einer effizienten Kommunikationsplattform für Aussteller und (Fach-) Besucher wird. Die wichtigsten Aktivitäten stellen wir nachfolgend vor.

Freitag, 19. Januar 2024: Ab 13 Uhr Verleihung „pro agro Marketingpreis – natürlich Brandenburg 2024“ in den Kategorien Ernährungswirtschaft, Direktvermarktung sowie Land- und Naturtourismus; direkt im Anschluss wird der „EDEKA Regionalpreis 2024“ verliehen.

Montag, 22. Januar 2024 (Brandenburg-Tag):

  • Verkündung des Standorts der zentralen Eröffnungsveranstaltung zur Brandenburger Landpartie 2024
  • Staffelübergabe zwischen altem (2023 Kremmen) und neuem (2024 Drachhausen) Ausrichter des Brandenburger Dorf- und Erntefestes 2024
  • pro agro-Unternehmerstammtisch Ernährungswirtschaft (16.00 bis 17.30 Uhr, Konferenzraum Brandenburghalle) gemeinsam mit dem Brandenburger Landwirtschaftsminister Alex Vogel; Thema „Ausblick auf geplante Aktivitäten für die Branche im Jahr 2024 – seitens pro agro und dem Landwirtschaftsministerium MLUK“.

Auf Einladung des Verbandes pro agro geführte Rundgänge mit Fachpublikum aus Handel, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, Direktvermarktung, Logistik der Hauptstadtregion Berlin/Brandenburg. Folgende Absatzpartner haben sich bereits verbindlich angemeldet:

  • Montag, 22. Januar: Chefs Culinar, Weihe und Keuthmann Frischegroßhandel
  • Dienstag, 23. Januar: Brandenburger Gastronomen, Kaufland, Galeria Markthallen, Norma

  • Mittwoch, 24. Januar: Edeka, Rewe (Mecklenburg und Nordbrandenburg), Netto (schwarz)
  • Donnerstag, 25. Januar: Rewe (Berlin, Brandenburg)
  • Freitag, 26. Januar: Marktschwärmer

Durchgängige Aktivitäten: Organisation des Brandenburger Kochstudios in der Brandenburghalle – an allen zehn Messetagen zeigen Köche aus Brandenburgs Regionen ihre Interpretation von Regionalität auf der Speisekarte.

„Auf der Grünen Woche in Berlin bietet sich vor allem eines – die Chance, im persönlichen Kontakt mit Verbraucherinnen und Verbrauchern, Kaufleuten des Lebensmitteleinzelhandels und wichtigen Branchenpartnern zusammen zu kommen“, kommentiert pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold (Foto) und fügt hinzu: „Starke Verbindungen in Netzwerken und zwischen Menschen sind zu allen Zeiten die Grundlage von vertrauensvoller Zusammenarbeit, und in krisenreichen Zeiten wie diesen sind sie wesentlich, um gemeinsam Zukunftsperspektiven zu entwickeln.“

HBB-Geschäftsführer Busch-Petersen im Interview

Lang gelebte Gewissheiten sind dahin, die Sorgen nehmen zu. Kriegerische Auseinandersetzungen und dümpelnde Konjunktur gehören zum Alltag und sind eine Quelle der Unsicherheit für Menschen und Märkte. Diesen stetigen (und wachsenden) Herausforderungen muss sich auch die Lebensmittelwirtschaft Brandenburgs stellen, natürlich. Zum Abschluss des Jahres 2023 sprachen wir mit Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg (Foto links), und pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold über das, was ist, was wird und was zu tun ist. Ein Interview.

Herr Busch-Petersen, zum Einstieg ein paar Fragen an Sie. Wie sieht die Großwetterlage im Handel aus?

Wir befinden uns in diesem Jahr in einer besonders langen Phase der Tarifauseinandersetzung. Die Gewerkschaft Verdi hat ihre Forderungen hochgereizt, wie ich es noch nicht erlebt habe. Und das in einer Situation mit einer sich überlagernden Dauerkrise des Konsumverhaltens.

Wo hakt’s denn?

An der Sturheit der Gewerkschaft und ihren maßlosen Forderungen. Kann mir einer mal sagen, wie wir eine Kostenmehrbelastung von 13 bis 15 Prozent stemmen sollen? Verdi tut ja so, als hätten wir kaum was geboten. Das Gegenteil ist der Fall: Alles in allem summiert sich unser Angebot auf eine Lohn- und Gehaltssteigerung von rund zehn Prozent. Und von Verdi gab es bisher keine Reaktion.

Was ist zur Handelsperformance 2023 zu sagen?

Wir werden Mühe haben, die realen Zahlen von 2019 zu erreichen. Also vor Corona. Die Menschen kaufen extrem preisbewusst ein und greifen in der Regel zu Preiseinstiegsprodukten oder Eigenmarken. Das schlägt natürlich auf die Handelsmarge durch. Die Lage ist also sehr angespannt.

Und was erwarten Sie für 2024?

Ich finde es erstaunlich, dass sich Krisen unterschiedlichster Art – auch solche, die nicht unbedingt vor unserer Haustür stattfinden – unmittelbar auf das Konsumklima auswirken. Und wenn ich sehe, wie beunruhigt die Menschen sind und sich voller Sorge fragen, welche Krisen uns womöglich noch bevorstehen, dann kann ich für 2024 nicht viel Optimismus für den Handel verbreiten.

Was sagt „Konsumentenbindung“ aus, wenn Verbraucher von einem Handelsformat zum anderen wandern, bloß weil es etwas preiswerter ist?

Der Handel hat den Verbraucher über Jahrzehnte dazu erzogen, den Preis zum Maßstab seines Kaufverhaltens zu machen. Wer zur Preissensibilität erzieht, kriegt preissensible Kunden. Das ist nicht wirklich Kundenbindung. Die entsteht nach meiner Erfahrung viel eher durch ein verlässliches Angebot sowie durch Wiedererkennen und persönliche Ansprache der Kunden im Markt. Das ist wichtiger als jedes Rabattheftchen.

Nun nach Brandenburg. Warum zeigt der Handel bei der Unternehmer-Initiative kaum Flagge?

Busch-Petersen: Gegenfrage, was soll eine national verbreitete Handelskette als „regional“ definieren? Darüber zerbrechen sich die zentralen Marketingabteilungen den Kopf. Anders sieht es bei regionalen Handelsunternehmen aus. Und bei selbstständigen Einzelhändlern, die sich mit einem stärker regional ausgerichteten Sortiment profilieren können und sollten. Da sehe ich noch Potenzial.

Kai Rückewold: Ich würde mir wünschen, dass sich der Handel insgesamt hier ein Stück mehr engagiert. Der Einzelhändler kann ja nicht alles allein entscheiden.

Busch-Petersen: Die Selbstständigen haben mehr Entscheidungs-Freiraum, als man denkt. Das gilt vor allem für regionale Spezialitäten. Anders sieht es beim Basis- oder Standardsortiment aus. Diese Produkte werden ihnen in der Tat von ihrer unternehmenseigenen Großhandlung bzw. Regionalgesellschaft geliefert.

Aber auch der Produzent von Lebensmitteln ist im Spiel und muss sich kümmern.

Rückewold: Völlig richtig. Unsere Brandenburger Lieferanten werden nur dann erfolgreich sein, wenn sie beim Verbraucher und auch beim Handel sichtbar und hörbar sind. Wenn sie umgekehrt nichts tun und folglich als Marke nicht oder nur kaum wahrgenommen werden, werden sie auch nicht als relevant im Regal betrachtet.

Busch-Petersen: Nur mit Appellen kommen wir nicht weiter. Das Produkt selbst muss für sich sprechen: Geschmack, Qualität, Nachhaltigkeit, artgerechte Haltung von Tieren und ähnliche Vorzüge sollten in den Vordergrund gestellt werden. Es reicht nicht der Hinweis, du musst das Produkt kaufen, weil du dadurch etwas für die Region tust. Oder anders ausgedrückt: Es geht darum zu vermitteln, was für fantastische Produkte aus der Region kommen, und nicht darum, wie fantastisch die Region ist, in der auch schöne Produkte hergestellt werden.

Sitzen Handel und Hersteller, so gesehen, nicht in einem Boot?

Rückewold: Ja. Als Partner mit den gleichen Vermarktungsinteressen sollten sie sich zusammensetzen und gemeinsam nach optimalen Lösungen suchen. Es geht dabei um Gespräche auf Augenhöhe. Ich selbst bin überzeugt davon, dass wir als pro agro den Handel noch stärker in unsere Überlegungen und Aktivitäten einbeziehen könnten, um für beide Seiten das Geschäft zu optimieren.

Herr Busch-Petersen, was wünschen Sie sich fürs nächste Jahr? Wir brauchen endlich deutlichere Signale, dass wir uns wieder in eine friedlichere Welt bewegen. Für Deutschland wünsche ich mir eine klarere politische Führung und die Verwirklichung von Programmen, die denjenigen mehr Bewegungsspielräume gibt, die für Arbeitsplätze sorgen, so dass sie sich angemessen entfalten und entsprechend agieren können – sprich: weniger Bürokratie und kürzere Genehmigungsverfahren.

Kunella: Marktbearbeitung mit vollem Einsatz

Er ist ein Unternehmer mit Bodenhaftung: tatkräftig und besonnen; mutig, aber nicht übermütig; heimatverbunden und zukunftsorientiert. Lothar Parnitzke (Foto) hat die Marke „Kunella“ in Brandenburg groß und über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht; er scheut sich nicht, sein vielfältiges Sortiment auch in „exotischen“ Regionen wie Asien und Südamerika zu vertreiben. Trotz aller Mobilität und Weitsicht ist er indessen als echtes Cottbuser Gewächs seiner Heimat treu geblieben. Und der Firma auch: 1965 begann er als Lehrling im damals noch privaten Unternehmen Gebrüder Kunert; neun Jahre später war er Betriebsdirektor im dann verstaatlichten VEB Feinkost. 1991 schließlich übernahm er das Unternehmen von der Treuhand, firmierte es zur Kunella Feinkost GmbH um und leitet es seitdem als geschäftsführender Gesellschafter.

Stillstand ist für den Cottbuser Firmenchef ein Fremdwort. „Ich habe dreißig Jahre lang unser ostdeutsches Verbreitungsgebiet aufgebaut, die nächsten 30 Jahre konzentriere ich mich auf Westdeutschland“, sagt er schmunzelnd. Und das glaubt man ihm gern, denn er verfügt über eine wichtige unternehmerische Tugend: Beharrlichkeit. Seit eh und je investiert er in die Produktion und den Maschinenpark, um in der Zusammenarbeit mit dem Handel flexibel zu werden und zu bleiben, das heißt die georderten Mengen – mal mehr, mal weniger – stets liefern zu können.

Viel Geld investiert Parnitzke auch in die Aus- und Fortbildung seiner Mitarbeiter, denn die müssen ja die High-Tech-Maschinen bedienen können, ganz abgesehen davon, dass jeder Schritt zu mehr Automatisierung den körperlichen Einsatz verringert. Seine Leute danken’s ihm auf ihre Weise: „Wir haben kaum Fluktuation“, erzählt er und fügt hinzu: „Wer bei uns zehnjähriges Firmenjubiläum hat, ist für unsere Begriffe noch nicht lange da.“ Was natürlich auch etwas über‘s Betriebsklima aussagt. Kurzum, als er den Betrieb 1991 übernahm, waren weit mehr als 40 Mitarbeiter an Bord, heute sind es gerade mal 38, obwohl sich der Absatz seitdem verzehnfacht hat. Von einer derart starken Produktivitätssteigerung können andere Unternehmen nur träumen.

Entsprechend umfangreich und vielfältig ist heute das Sortiment von Kunella. Hier ein Ausschnitt: Mayonnaise, Remoulade und Salatcreme; Speise- und Spezialitätenöle; Ketchup, Saucen und Spreewälder Meerrettich. Ein Renner sind seit jeher die unterschiedlichen Leinöl-Varianten. Auf diesem Polster ruht sich der Unternehmer allerdings nicht aus. Er hat, im Gegenteil, immer ein Auge darauf, dass seine Produkte mit der Zeit gehen bzw. den Verbrauchertrends auf den Spuren bleiben. Soll heißen: Innovationen stehen hoch im Kurs, ob es die vegane Mayonnaise ist, die nach vielversprechenden Markttests jetzt Gegenstand der Listungsgespräche mit dem Lebensmittelhandel ist; oder die vier Fruchtessige (Himbeere, Schwarze Johannisbeere, Apfel/Orange/Balsamico, Kirsche/Balsamico), die auf der diesjährigen ANUGA in Köln auf großes Handelsinteresse gestoßen sind und das Kunella-Highlight auf der Grünen Woche 2024 sein werden.

Stichwort Beharrlichkeit: Ebenso konsequent wie seinen Vertrieb in Deutschland baut er sein Auslandsgeschäft auf. Kunella-Produkte findet man inzwischen in den Supermärkten Asiens und Südamerikas. Das hat er systematisch eingefädelt und weiterentwickelt. Schon früh hat er damit begonnen, unter den Fittichen der CMA auf Messen in aller Welt präsent zu sein oder als Teil von Wirtschaftsdelegationen ferne Länder zu erkunden und nachhaltige Kontakte zu Handelsunternehmen zu knüpfen. Diese Vorgehensweise hat er stets als Investition in die Zukunft betrachtet, das heißt er musste in Vorleistung gehen. „An maßgebliche Gewinne war in der Anfangsphase nicht zu denken. Aber es hat sich gelohnt: Wir haben unseren Bekanntheitsgrad bei Handelsentscheidern und Konsumenten erhöht. Heute sage ich: Das war meine Strategie, doch damals lautete meine Devise schlicht und einfach: Ich muss was tun“, erzählt er.

Auslandsaktivitäten, Produktqualität und Verbrauchernachfrage haben auch das Kunella-Image beim deutschen Lebensmittelhandel erhöht. In Deutschland ist das Sortiment heute praktisch in allen Vertriebsformen des LEH präsent – schwerpunktmäßig in den neuen Bundesländern. Neben der Vermarktung von Fertigprodukten vertreiben die Cottbuser auch Rohware an die verarbeitende Industrie; Mayonnaise und Ketchup zum Beispiel, die in Feinkostsalaten der Partnerbetriebe eingesetzt werden. Dieses Geschäft macht heute immerhin mehr als zehn Prozent des Absatzes aus.

Ein wichtiger Baustein der Vermarktungs-Aktivitäten ist auch die Präsenz auf deutschen Messen. Da fährt Kunella praktisch eine Doppelstrategie. So dient die Teilnahme an der Kölner ANUGA neben der Präsentation von Produkt-Innovationen vor allem der Kontaktaufnahme und -pflege mit Handelseinkäufern bzw. -entscheidern; die Grüne Woche in Berlin (19. bis 28. Januar 2024) wiederum schafft die Gelegenheit, im Rahmen der pro agro-Handelsrundgänge mit der „Basis“ zu sprechen, also am Messestand mit den Supermarkt-Mitarbeitern in einen konstruktiven und persönlichen Dialog über die Produkte (einschl. Verkostung) zu treten. Nicht zu vergessen den direkten Kontakt zu Verbrauchern, wie Lothar Parnitzke hervorhebt: „Wir haben auf der Grünen Woche im Januar 2023 rund 3.000 Artikel verkauft, das heißt wir haben 3.000 Gespräche mit unserer Zielgruppe geführt.“

Edeka Dorfmann: „Regionalen Partnern Türen öffnen“

Aus der Vogelperspektive: So wird die gesamte Anlage des Zukunftsmarkts nach Fertigstellung aussehen (Foto: bloomimages GmbH)

Christian Dorfmann (Foto) ist ein Unternehmer mit Herzblut: zupackend, innovativ, zukunftsorientiert. Und ein richtiges EDEKA-Gewächs dazu. „Ich habe blau-gelbes Blut in mir“, scherzt er. Als Azubi hat er Lebensmittel nicht nur lieben, sondern auch präsentieren und verkaufen gelernt. In sieben Jahren Mitarbeit in verschiedenen Berliner EDEKA-Märkten und dem parallelen Besuch von Führungsseminaren und Aufbaulehrgängen hat er sich in Theorie und Praxis fit gemacht für die Selbstständigkeit. Im Jahre 2018, als er den blau-gelben Supermarkt in Ketzin (Havelland) übernahm, war er am Ziel. Oder besser gesagt: am Zwischenziel.

In den wenigen Jahren von 2018 bis heute hat Christian Dorfmann eine Menge auf die Beine gestellt. Erst hat er sein Stammgeschäft in Ketzin aufgemöbelt, dann folgte die Eröffnung des Funkstadtcafés in Nauen und des Nachbarschaftsladens „Nah & Gut“ ebendort. Für einen Jung-Unternehmer im Lebensmittelhandel hat er ein bemerkenswertes Expansionstempo vorgelegt – drei Geschäfte mit insgesamt 80 Mitarbeitern plus sechs Azubis. Und das nächste folgt sogleich: der „Zukunftsmarkt“, der im Spätsommer 2024 die Tore öffnen wird. In der zweiten Januarhälfte 2024 wird im Beisein von lokaler und regionaler Prominenz Richtfest gefeiert.

Der Name des neuen Objekts in der Nauener Südstadt ist Programm. Dort spielt eben richtig Zukunftsmusik, und zwar was das Konzept und das Warenangebot betrifft. So zeichnet sich die Architektur durch den Einsatz spezieller Materialien wie Holz, natürliche Dämmstoffe und CO2-armer Beton aus; überdies werden regenerative Energiequellen genutzt und vieles mehr (Details siehe hier). Auf 2.500 qm Verkaufsfläche finden bis zu 20.000 Artikel in den Regalen Platz. Innovativ ist in diesem Zusammenhang die bewusste Verbindung von Handel und Gastronomie, und zwar als gleichwertige Bereiche.

„Die Zukunft soll sich nicht nur in den baulichen Vorgaben zeigen, sondern auch im Inneren, also beim Warenangebot“, betont Christian Dorfmann. Darunter versteht er schwerpunktmäßig regionale Produkte aus dem Havelland. „Ich versuche, lange Lieferwege zu vermeiden: Warum soll die Tomate aus Werder erst die Reise ins Zentrallager nach Minden und wieder zurück machen, um bei mir im Regal zu liegen?“, fragt er. Außerdem will er den Weg vom Lieferanten zum Vermarkter gewissermaßen verkürzen: „Da ich in meiner Entscheidungsfreiheit recht flexibel bin, kann ich eher eine Partnerschaft auf Augenhöhe bieten und mit Handschlag besiegeln“, sagt er. So lassen sich die manchmal langwierigen und komplizierten Listungsprozesse vermeiden.

Integrierter Bestandteil des Ladenlayouts wird der so genannte Regionalmarkt sein, eine separate Fläche also, wo neue regionale Produkte eine prominente Präsentationsplattform erhalten „und nicht in der Masse der Ware untergehen“, wie der Kaufmann sagt. Hier können Lieferanten sich selbst und ihre Erzeugnisse persönlich vorstellen, Verkostungen anbieten und in direkten Kontakt mit Kunden treten. Optisch wird die Fläche so gestaltet, dass eine Hofladen-Atmosphäre entsteht. Solche und andere Aktionen sowie Warenangebote sollen künftig verstärkt digital kommuniziert werden. Das spart nicht nur Druckkosten (Handzettel), sondern ist auch der gegenwärtigen Zeit eher angemessen.

Laut Christian Dorfmann „liegt es in der Natur der Sache, dass wir im Havelland vor allem frisches und verarbeitetes Obst und Gemüse vermarkten wollen. Das ist schon immer die Gemüsekammer Berlins gewesen“. Grundsätzlich sei er indessen für alle Warengruppen offen. Zentral wichtig sei aber die Qualität der Produkte, und zwar nach den EDEKA-Standards. Langer Rede kurzer Sinn: „Ich will regionalen Partnern die Tür öffnen und mögliche Berührungsängste abbauen. Mir ist es wichtig, mit meinen Partnern persönlich über das Produkt, dessen Herkunft und Qualität zu sprechen. Lieferanten können sich schon heute bei mir melden; die Detailgespräche werden dann ab Januar stattfinden.“ Aktiv unterstützt wird die Lieferantensuche von pro agro. Nach der Grünen Woche 2024 wird der Verband eine Art „Stammtisch“ veranstalten, wo sich interessierte Erzeuger und Verarbeiter mit Christian Dorfmann über Produkte und Modalitäten der Zusammenarbeit austauschen können.

Regionalkampagne geht in die dritte Phase

Die auf 30 aktive Mitstreiter angewachsene Unternehmer-Initiative Ernährungswirtschaft Brandenburg wartet gespannt auf den 2. Runden Tisch Ernährungswirtschaft mit den Ministern Dr. Jörg Steinbach (MWAE) und Axel Vogel (MLUK) am 18. Dezember in Potsdam. Nach dem ersten Austausch im Mai dieses Jahres (siehe pro agro-Newsletter 06/2023) sind die Erwartungen bei den Unternehmern hoch: Die Minister hatten seinerzeit zugesagt, sowohl bei den Themen Verbraucherkommunikation, Investition und Finanzierung als auch mit Blick auf die enorm gestiegenen Kosten hilfreiche Lösungen zu finden. Die Unternehmen setzen nun auf valide Rahmendaten durch die Politik, um ihre Budgets an die geplanten und notwendigen Aktivitäten im Rahmen der Kampagne „Regionale Lebensmittel kaufen – jetzt erst recht!“ anpassen zu können.

Aus Sicht der Initiatoren, die bereits viel Geld und Zeit in die Kampagne investiert haben, stellt sich die Lage folgendermaßen dar: Nach fast einem Jahr seit der ersten „Solidaritätsaktion Regionale Ernährungswirtschaft“ mit aufmerksamkeitsstarken Kundgebungen vor dem Potsdamer Landtag und dem Berliner Senat wird die Negativdynamik der wirtschaftlichen Krise bei den Ansprechpartnern der Politik offensichtlich noch nicht so energisch angegangen, wie es aufgrund der ökonomischen Bedeutung der Ernährungswirtschaft für das Land Brandenburg eigentlich angezeigt wäre. Auch deshalb hat die Unternehmer-Initiative die Fraktionsvorsitzenden der im Landtag vertretenen Parteien und die beiden Vorsitzenden der jeweiligen Fachausschüsse Wirtschaft und Agrarwirtschaft auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht.

Tatsache ist, dass sich die Situation der Unternehmen nicht verbessert hat. Die massiv gestiegenen Kosten (Energie, Rohstoffe, Löhne und Gehälter) können kaum an den Handel weitergegeben werden; Inflation und die damit verbundene Kaufzurückhaltung führen dazu, dass regionale Lieferanten mit teilweise deutlichen Absatzrückgängen zu kämpfen haben. Umso wichtiger ist es, die Verbraucher weiter für den Kauf regionaler Produkte zu gewinnen und die Bedeutung für Arbeitsplätze, den Erhalt des ländlichen Raums und die positiven Effekte durch kurze Transportwege und direkte Nähe zum Verbraucher zu kommunizieren.

Ab 1.12. wird auf den Kanälen der ProSieben-Gruppe für regionale Produkte aus Brandenburg geworben.

Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) hat den Verband pro agro Mitte Oktober gebeten, das Thema Regionalität im Rahmen einer Kommunikations-Kampagne noch einmal bis zur Jahreswende zu positionieren. Trotz des hohen Zeitdrucks konnte ein „sehenswerter“ Mix aus TV, Radio und Kinowerbung zusammengefügt werden. In Brandenburg und Berlin wird auf 130 Kinoleinwänden bis nach Weihnachten ein 25 Sekunden-Spot werben. BB-Radio öffnet mit der Crew der Morgenshow seit 27. November einen Adventskalender, bei dem regionale Lebensmittel von den Hörern entdeckt und gewonnen werden können.

Ferner wird erstmalig das Medium TV genutzt. Auf den Kanälen der ProSieben-Gruppe werden bis zu eine Million Haushalte beim Umschalten im Programm über einen Werbeframe zum Kauf regionaler Produkte aufgefordert. „Mit dem knapp sechsstelligen Budget können wir vor dem Weihnachtsfest bereits einen gewissen Aufmerksamkeitsdruck erzeugen. Leider erlauben die Mittel nur eine recht allgemeine Ansprache der Menschen, das heißt ohne die Nennung von Unternehmens- oder Produktmarken,“ freut sich der Koordinator der Kampagne, pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold, dennoch über die Chance auf intensive Verbraucherkommunikation. Um der genannten Aktion noch mehr Power zu verleihen, hat die Unternehmer-Initiative beschlossen, die seit November laufende Kampagne im Radio und auf den Kinoleinwänden mit einem eigenen Zusatzinvestment abzurunden.

Die Unternehmer setzen darauf, dass das Land Brandenburg den Wert der Lebensmittelproduzenten vor der Haustür richtig einschätzt und nach dem Jahresauftakt der Grünen Woche 2024 die aktive Verbraucherkommunikation weiter unterstützt und fördert. „Eigentlich gibt es für das Image des Landes Brandenburg keine besseren Botschafter als die regional erzeugten Lebensmittel auf den Tischen von über sechs Millionen Menschen in der Hauptstadtregion. Liebe geht eben nach wie vor durch den Magen.“ resümiert die Mitbegründerin der Initiative und Vorstandvorsitzende von pro agro, Hanka Mittelstädt, mit einem kleinen Schmunzeln.

Saisongeschäft mit Weihnachtsgänsen

Alle Jahre wieder…steht der Gänsebraten auf dem Tisch. In deutschen Haushalten wird das weihnachtliche Ritual nach wie vor gern zelebriert. Mag auch die festtägliche Speisekarte nicht den jährlichen Höhepunkt internationaler Kochkunst versprechen – für eine liebgewordene und gepflegte Tradition steht sie allemal: für deftige Hausmannskost im Kreise der Familie statt exotischer Kulinarik in Sterne-Restaurants. Wir sind der Frage nachgegangen, wie sich diese Tradition in Zahlen ausdrückt und welche Rolle das spezifische Marktgeschehen im Land Brandenburg spielt. Wobei es in diesem Bericht ausschließlich um Gänse geht und nicht um Puten, Enten & Co.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gesamtsituation in Deutschland. Hier liefert uns das Statistische Bundesamt (Destatis) recht eindeutige Zahlen. So wurden hierzulande über das gesamte Jahr 2022 knapp 1,8 Millionen Tonnen Geflügelfleisch verbraucht. Die Rede ist dabei von Hühnern, Enten, Gänsen und Puten. Hühnerfleisch liegt mit gut 1,3 Millionen Tonnen einsam an der Spitze, gefolgt von Puten- (406.000 Tonnen) und Entenfleisch (gut 55.000 Tonnen). Weit abgeschlagen liegt Gänsefleisch mit gerade mal 22.000 Tonnen Verbrauch auf dem letzten Platz – ein klarer Hinweis darauf, dass die Gans eher ein Saisonprodukt ist. Darüber hinaus berichtet Destatis, dass die deutschen Gänsefleisch-Importe 2022 insgesamt knapp 14.800 Tonnen betrugen, wovon der Löwenanteil (gut drei Viertel) aus Polen und 21,5 Prozent aus Ungarn stammten.

Ergänzend schickte uns der Geflügelwirtschaftsverband Brandenburg die Information, dass in Deutschland jährlich ca. 800.000 Gänse gemästet werden, was einer Produktion von rund 4.100 Tonnen Gänsefleisch entspricht; davon wird etwa die eine Hälfte direkt vermarktet bzw. privat gehalten und die andere in Gänseschlachtereien verarbeitet und vermarktet. Das Preisniveau für deutsche Gänse liegt in diesem Jahr etwa auf dem Niveau von 2022, der Abgabepreis an Verbraucher pendelt zwischen 18 und 21 Euro pro Kilo Frischware. „Importware ist wesentlich günstiger zu haben“, sagt Geschäftsführerin Dr. Katharina Standke. „Diese Gänse kosten neun bis zehn Euro für ganze Schlachtkörper. Dabei handelt es sich allerdings um Tiefkühlware.“

Soweit die „Großwetterlage“ des Gänsefleischmarktes. Wie aber stellt sich die Situation hier in der Region dar? Der Verband schätzt die gezüchtete und verkaufte Zahl der Tiere in Brandenburg auf ca. 100.000 bis 120.000 Stück, was „über die letzten Jahre als recht stabil“ einzustufen sei. Es sei ferner davon auszugehen, dass etwa 60 Prozent frisch an Weihnachten und 40 Prozent zum Martinstag (ebenfalls frisch) oder als TK-Ware vermarktet werde. Die Nachfrage nach deutschen Gänsen wird als gut bezeichnet. Und: „Da die Geflügelhalter ihre Bestände als Folge der Vogelgrippe etwas reduziert haben, dürfte es keine Überhänge im Markt geben.“

Wie man sich das Weihnachtsgans-Geschäft (einschl. Martinstag) in der Praxis vorzustellen hat, soll am Beispiel zweier Betriebe aus Brandenburg dargestellt werden, nämlich Hof Kremmen und Dithmarscher Geflügel (Seddiner See).

Hof Kremmen. Hier werden vor Ort ca. 5.000 Tiere gemästet und nach der Schlachtung direkt (regional) vermarktet. Die Haltung ist artgerecht, d.h. die Gänse können sich „rund um die Uhr im nahrhaften Grünland des Rhinluchs bewegen. Wir nennen das auch gern bäuerlich, da wir das zugefütterte Getreide in unserem Betrieb selbst anbauen und ernten“, betont Geschäftsführerin Beate Gebauer. Etwa 55 Prozent der Tiere werden über den eigenen Hofladen stationär und online (kein Versand, nur Bestellservice) sowie 23 Prozent auf Wochenmärkten vermarktet; im Hofrestaurant kommen 17 Prozent des Bestandes zum Verzehr auf den Tisch und 5 Prozent verlassen als fertige Braten mit allen Beilagen den Betrieb. Der Kilopreis beträgt wie im Vorjahr 18,90 Euro. „Wir rechnen mit einer steigenden Nachfrage“, sagt die Geschäftsführerin.

Dithmarscher Geflügel. Im Unterschied zu regionalen Direktvermarktern ist der Vertrieb dieses Unternehmens bundesweit aufgestellt; verkauft wird die Ware praktisch ausschließlich über Absatzmittler. Entsprechend hoch liegen die Zahlen, die uns Geschäftsführer Mirko Pabel zur Verfügung gestellt hat. Da reden wir beispielsweise über eine Stückzahl von rund 200.000 Gänsen, die während der Saison in ganz Deutschland vermarktet werden, davon die Mehrzahl (60 Prozent) als tiefgekühlte Ware. Ebenso sieht das Verhältnis von ganzen Tieren zu Teilstücken aus, nämlich 60 zu 40 Prozent. Gut zwei Drittel der verarbeiteten Gänse (65 Prozent) werden an den LEH, ein Viertel an den Großhandel und der Rest anderweitig vermarktet.

Bei diesen hohen Stückzahlen stellt sich die Frage, woher das Unternehmen die Gänse bezieht. „Wir arbeiten mit ca. zwanzig Mastbetrieben in Nord- und Ostdeutschland zusammen, rund ein Drittel davon ist in Brandenburg angesiedelt.“, sagt Mirko Pabel. An den Endverbraucher geht frische Ware zum Preis von rund 18 Euro pro Kilo, wobei er je nach Region und Vertriebsweg zwischen 16 und 20 Euro schwanken kann. „Die Nachfrage ist lebhaft, Gänse werden rege gesucht“, fügt er hinzu. Sehr wichtig ist ihm der Hinweis, dass die von den Partnerbetrieben gemästeten Gänse ausschließlich in „bäuerlicher Freilandhaltung“ aufwachsen. Das sei durch unabhängige Kontrollen des Bundesverbands Tierschutz sichergestellt. „Die Gänse bekommen ausschließlich natürliches, gentechnikfreises Futter ohne Soja“, ergänzt er. Versteht sich, dass Lebendrupf und Stopfmast ein absolutes Tabu sind.

Auf Augenhöhe mit den Kunden

Frisch vom Acker: „Dürrenhofer“ Kartoffeln in Reih‘ und Glied.

Die Begeisterung für das Leben und Wirtschaften auf dem Lande wurde ihm in die Wiege gelegt: Uwe Schieban (Foto) ist auf dem elterlichen Hof, der seit Generationen im Familienbesitz ist, groß geworden und war dort tagein, tagaus von Nutztieren, Kartoffeläckern und Gemüsefeldern umgeben. „Ich wollte nie etwas anderes machen“, sagt der studierte Landwirt. Nach seinen Lehr- und Wanderjahren ist sein Traum Wirklichkeit geworden: Seit 2003 ist er neben Simone Hill Vorstand der Agrargenossenschaft Unterspreewald in Dürrenhofe, einem 260-Seeleen-Dorf nahe Cottbus – Land pur sozusagen.

„Das Dorf liegt am Ende der Welt“, sagt Schieban freimütig, was aber beileibe nicht heißen soll, dass man hier hinterm Mond lebt. Dafür sorgen schon allein die vielfältigen Aktivitäten der Agrargenossenschaft, die den Verbund von sieben gesellschaftsrechtlich selbstständigen Landwirtschaftsunternehmen koordiniert. Die drei Öko- und vier konventionellen Betriebe bewirtschaften 5.300 Hektar Fläche mit insgesamt ca. 4.000 Rindern. „Diese hohe Zahl von Tieren macht absolut Sinn, da mehr als die Hälfte unserer Flächen aus Grünland besteht“, erklärt er. Die Genossenschaft selbst ist im Verbund zuständig für Produktvermarktung, Hofküche und Landtechnik (Handel, Reparatur).

Die Rinder dienen der Haltung und Aufzucht von Milch- und Mutterkühen sowie der Bullenmast. Die Mütterkühe werden dabei von den Ökobetrieben gehalten, weil das Grünland im Spreewald derart strengen Bewirtschaftungsauflagen unterliegt, dass es sich lohnt, die entsprechenden Betriebe gleich als Biounternehmen zu führen. Das wiederum bringt einen ökonomischen Mehrwert bei der Vermarktung: Die höherwertigen Fleisch- und Wurstwaren leisten einen höheren Wertschöpfungsbeitrag. Die Milch wird komplett nach Ostsachsen geliefert und dort von der Molkerei Sachsenmilch Leppersdorf (einer Tochter von Müller-Milch) verarbeitet.

Im Rahmen der Genossenschaft wird ansonsten die ganze Bandbreite landwirtschaftlicher Produkte erzeugt: alle Getreidesorten sowie Mais und Sonnenblumenkerne; dazu Kartoffeln, Möhren, rote/weiße Bete und Gurken. Und natürlich Spargel, der in der Direktvermarktung neben den Kartoffeln eine große Rolle spielt. „Spargel ist hier vom Umsatz her die Nummer eins“ erläutert der Manager und ergänzt: „Wir verkaufen rund 400 Tonnen Kartoffeln direkt, bei Getreide sind es ca. 200 Tonnen.“ Wobei „Direktvermarktung“ heißt: über den Hofladen sowie auf regionalen Märkten und in der Gastronomie im näheren Umfeld.

Der Hofladen erfüllt eine Doppelfunktion: Zum einen gilt er als Einkaufs-Attraktion für die Ausflügler aus Berlin, zum anderen aber ist er – wichtiger noch – für das Dorf mangels Alternativen der Nahversorger für Güter des täglichen Bedarfs.

Auf ungefähr 500 qm Verkaufsfläche wird unter der Eigenmarke „Dürrenhofer“ eine Vielzahl von Produkten angeboten. Da findet man Fleisch- und Wurstwaren vom eigenen Rind oder Kartoffeln und Gemüse (z.B. Möhren, rote/weiße Bete, Gurken) aus eigenem Anbau und natürlich Spargel. Hinzu kommen verschiedene Mehlsorten aus eigenem Getreideanbau oder Leinöl.

Die Hofküche steuert ebenfalls zur Sortimentsvielfalt bei und ist mit den in Gläsern abgefüllten fertigen Gerichten praktisch zuständig für das Convenience-Sortiment. Hinzu kommen die Produkte etlicher Partnerbetriebe aus der Umgebung, so dass der Hofladen über ein breit gefächertes Angebot an Premiumwaren verfügt. Und nicht zu vergessen: die angegliederte, gut frequentierte Floristikabteilung. Sie bringt nicht nur naturfrische Farbe ins Spiel, sondern bessert auch die gesamte Direktvermarktungs-Bilanz auf, deren gut 1,5 Millionen Euro Jahres-Umsatz für das eher kleinteilige Geschäft schon ein Wort sind.

Gut frequentiert: Die Floristikabteilung des Hofladens

Solche bemerkenswerten Zahlen fallen einem natürlich nicht in den Schoß. Das heißt, wer so erfolgreich sein will, muss kräftig die Werbetrommel rühren. Die Instrumente reichen von der herkömmlichen Printwerbung über Social Media-Aktivitäten bis zu aufwändigen Live-Events. „Wir waren schon immer bei der Brandenburger Landpartie im Juni dabei“, beginnt Uwe Schieban seine beispielhafte Aufzählung. „Beim ersten Mal schauten vielleicht 20 Besucher vorbei. Heute tummeln sich 2.000 bis 3.000 Leute mit Kind und Kegel auf unserem Hof“, sagt er. Das sieht bei den anderen Hofveranstaltungen inzwischen nicht anders aus: beim Spargelanstich im April, beim Kartoffelfest im September oder beim Weihnachtsmarkt im Dezember.

Wer da meint, dass die Einwohner solche Massen-Events eher lästig (weil ruhestörend) finden – weit gefehlt: Das ganze Dorf ist da auf den Beinen und mischt kräftig mit. Wie übrigens auch der Genossenschaftschef höchstpersönlich. Denn wenn das musikalische Bühnenprogramm startet, schnappt er sich schon mal seine „Quetschkommode“ (Akkordeon), eilt auf die Bühne, spielt und singt mit.

Den größten Teil ihrer Produkte vermarktet die Agrargenossenschaft direkt: damit verbunden ist die Chance, „die Preise ein Stück weit selbst zu bestimmen“, so Schieban. Wiederverkäufer sind deshalb keineswegs außen vor: Auch der Lebensmittelgroßhandel, Hofläden und Supermärkte (Rewe, Marktkauf) in der Umgebung werden teilweise beliefert. Weitere Vertriebspartner sind durchaus willkommen. „Unser Vorteil ist, dass wir nahe an den Kunden sind. Wir wissen, was sie wollen und was ihnen schmeckt. Von diesem Wissen kann auch der Handel profitieren“, sagt er.

Tag der Direktvermarktung und des Ernährungshandwerks

Bewährtes Format: Gelungener Mix aus unternehmerischer Praxis und politischer Flankierung

Auch die 16. Ausgabe der von pro agro und dem „Forum ländlicher Raum – Netzwerk Brandenburg“ organisierten Veranstaltung fand großen Zuspruch. Insgesamt 65 Teilnehmer aus Unternehmen der Direktvermarktung und des Ernährungshandwerks im Land Brandenburg, Vertreter der regionalen Wirtschaftsförderung und der ländlichen Entwicklung sowie Gäste aus Politik und Vermarktung waren am 19. Oktober der Einladung in die Heimvolkshochschule am Seddiner See gefolgt, um über innovative Vermarktungsstrategien zu diskutieren. Der von pro agro-Bereichsleiterin Kristin Mäurer moderierte inhaltliche Mix aus Grundsatzfragen, Praxiserfahrungen und Handlungsempfehlungen hatte sich auch diesmal bestens bewährt.

Zu Beginn der Veranstaltung wies die Unternehmerin und stellvertretende pro agro-Vorsitzende Dorothee Berger auf die fundamental wichtige Rolle der Ernährungswirtschaft in Brandenburg hin. Sie machte deutlich, dass es eben nicht nur um die Herstellung von Produkten, sondern auch um die Rolle der Branche im sozialen Gefüge des Landes geht. „Wir gehören zur ländlichen Familie“, sagte sie und ergänzte: „Wir sind das Rückgrat des ländlichen Raumes. Wir sind das Gesicht Brandenburgs.“ Es müsse darüber diskutiert werden, „wie wir unsere Bedeutung für das Land nicht nur in die Köpfe der Verbraucher, sondern auch in die Köpfe von Handel und Politik bekommen“.

Aus Sicht der Politik thematisierte MLUK-Staatssekretärin Anja Boudon die derzeit größten Herausforderungen der Branche, nämlich die massiv gestiegene Kostenbelastung der Unternehmen und die hohe Preissensibilität der Konsumenten. Politik und Wirtschaft müssten angesichts dieser Situation die Lieferketten resilienter gestalten und die regionalen Wertschöpfungsketten stärken. Sie bekräftigte, dass das Brandenburger Landwirtschaftsministerium weiter an der Seite der heimischen Lebensmittelerzeuger und -verarbeiter steht. Beispielhaft nannte sie unter anderem die Unternehmerinitiative „Regionale Lebensmittel kaufen – jetzt erst recht!“, die vom Ministerium unterstützt wird; weitere Förderung der Kampagne im nächsten Jahr stellte sie in Aussicht.

Der Wert der Veranstaltung besteht indessen nicht nur in der gegenseitigen Vergewisserung des kooperativen Miteinanders von Politik und Wirtschaft, sondern vor allem in der Wissensvermittlung über den Einsatz geeigneter und erfolgversprechender Vermarktungsinstrumente. So wurden auch diesmal etliche Best Practice-Beispiele präsentiert – wie immer aus berufenem Munde, meistens von handelnden Personen aus Brandenburg und nicht ohne Blick über den regionalen Tellerrand. Hier die Beispiele:

Dorothee Berger (links) und Anja Boudon (Mitte) sprachen die Eröffnungsworte, Benedikt Bösel war als einer von insgesamt acht Referenten eingeladen.

Kristin Rotherm, HOF Direkt – Die Zeitschrift für Direktvermarkter. Die Journalistin aus dem Landwirtschaftsverlag (Münster) stellte interessante Direktvermarktungs-Varianten vor, die über den üblichen Online-Shop oder Hofladen hinausgehen: z.B. Verkaufsautomaten (mit und ohne Bargeld) oder Selbstbedienungsläden. Alle Maßnahmen müssen von modernem Marketing (Website, Social Media etc.) begleitet werden. Informationen zur Zeitschrift finden Sie hier.

Benedikt Bösel, Gut & Bösel. Der Landwirt des Jahres 2022 aus Briesen (Mark) referierte über sein innovatives Konzept der regenerativen, multifunktionalen Landnutzung, das auf dem Leitmotiv beruht: „Vom Boden aus denken“. Zentrale Bausteine sind u.a. Biodiversität, Agroforst, neue Kompostierungs-Ansätze oder nachhaltige Weidewirtschaft und Tierhaltung.  Weitere Informationen finden Sie hier.

Hannes-Peter Dietrich, Ökohof Kuhhorst. Der Leiter des landwirtschaftlichen Betriebes in der Gemeinde Fehrbellin sieht ein „riesiges Potenzial“ für regionale Produkte. 120 Mitarbeiter, darunter 93 mit Behinderung, produzieren ein vielfältiges Lebensmittelsortiment nach Demeter-Standard. Direkter Kundenkontakt, Verlässlichkeit und authentisches Storytelling sind aus seiner Sicht unabdingbar für den Vermarktungserfolg. Weitere Informationen finden Sie hier.

Christoph Lehmann, Bergsdorfer Weiderind. Der Landwirt berichtete von der Rinderzucht seines in der Oberhavel gelegenen Betriebes. Die Besonderheit liegt hier in der geschlossenen lokalen Wertschöpfungskette – Geburt, Aufzucht, Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung der Tiere geschehen ausschließlich vor Ort. Die Produkte werden über den Hofladen, den Einzelhandel, die Gastronomie und die Marktschwärmereien vermarktet. Weitere Informationen finden Sie hier.

Marie Läser, Café Schauwerk. Die Konditormeisterin aus Altdöbern (Oberspreewald-Lausitz), erzählte, wie sie ihren Kindheitstraum von einem eigenen Café realisierte. Entstanden ist ein moderner Betrieb, dessen Name Programm ist: Die Kunden können den Genusshandwerkern nach dem Prinzip der „Gläsernen Produktion“ bei der Arbeit zuschauen. Das gilt auch für die Herstellung von Eis, dessen Qualität selbst Kunden aus der Ferne anlockt. Weitere Informationen finden Sie hier.

Uwe Schieban, Agrargenossenschaft „Unterspreewald“. Der Geschäftsführer präsentierte einen stark diversifizierten Betrieb, dessen Angebot auf drei Standbeine verteilt ist: Hofladen, Hofküche und Landtechnik. Die Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Erzeugung firmieren in Anlehnung an den Standort des Betriebes unter dem Label „Der Dürrenhofer“. Großveranstaltungen sorgen neben dem vielfältigen Sortiment für Kundenbindung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Franka Pätzke, Marktschwärmer. Die Netzwerkkoordinatorin Berlin-Brandenburg beschrieb die Online-Plattform für Direktvermarktung als ein dezentrales Netzwerk von Erzeugern und Verbrauchern aus einer Region. Beide Seiten sollen davon profitieren: die Verbraucher durch direkten Zugang zu regionalen Lebensmitteln und die Erzeuger durch faire Bezahlung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Maik Neumann, Mobile Käserei Nordfriesland. Mit einem zur Käserei ausgebauten Kühl-Lkw steuert der Molkerei-Experte auf Bestellung Milchviehbetriebe in Schleswig-Holstein an und stellt vor Ort unterschiedliche Käsesorten her. Der Auftraggeber kann dadurch ohne hohe Investitionskosten das Angebot in seinem Hofladen vergrößern und erzielt darüber hinaus wesentlich bessere Erträge aus seinem Rohstoff Milch. Weitere Informationen finden Sie hier.

Homemade GbR: Voller Einsatz für die Region

„Multitasking“ ist für Eva Paulus kein modisches Organisations-Etikett, sondern gelebte Realität: Die wissenschaftlich geschulte und journalistisch versierte Medienfrau hat sich einerseits einen Ruf als exzellente Kommunikationsexpertin und kreative Impulsgeberin erarbeitet; dafür steht ihre Agentur für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Event-Marketing. Andererseits hat sie sich der Vermarktung regionaler Fleisch- und Wurstwaren sowie weiterer kulinarischer Spezialitäten verschrieben – dies wiederum unter dem Blickwinkel von Nachhaltigkeit, Tierwohl und Stärkung der regionalen Wertschöpfung. Beide „Gewerke“ managt die vielseitige Unternehmerin von Karstedtshof aus, einem Ortsteil von Wittstock/Dosse.

Dort, im Nordwesten von Brandenburg (Ostprignitz/Ruppin), hat Eva Paulus im Jahre 2015 gemeinsam mit ihrem Sohn Jo Thießen (siehe Foto), damals Student der Veterinärmedizin, einen landwirtschaftlichen Betrieb und die Vermarktungsgesellschaft homemade GbR gegründet. So kam es, dass sich auch der Junior im Multitasking übte, und zwar als Jungbauer, Vertriebler und angehender Tierarzt in Personalunion. „homemade – Da weiß man, wo’s herkommt“ lautet bis heute der Slogan des familiären Start-ups, der nicht nur den Firmennamen, sondern auch das Geschäftsmodell der beiden Macher programmatisch beschreibt.

„Begonnen haben wir nur mit Jo’s Idee und fünf eigenen Schafen. Über die Jahre ist daraus eine ansehnliche Herde mit rund 350 Köpfen auf ca. 55 Hektar gepachtetem Grünland und jeder Menge Familienarbeit gewachsen“, erzählt Eva Paulus. „Das haben wir bis ins Jahr 2022 mit viel Freude gemeinsam bewältigt. Dann folgte der Aufbau und die Eröffnung der ersten Tierarztpraxis, und wir mussten uns von der Landwirtschaft verabschieden. Auch bei uns hat der Tag einfach nur 24 Stunden.“ Bis heute dienen als „Rohstoff“ für die Fleisch- und Wurstverarbeitung allerdings noch immer die Schafe aus der ehemals eigenen Zucht und die Charolais-Rinder vom benachbarten bäuerlichen Familienbetrieb Siekerkotte. „Egal, ob unsere Schafe oder die Rinder von Bauer Siekerkotte: Alle leben jahrein, jahraus auf der Weide. Tierwohl und regionale Herkunft sind für uns nicht verhandelbar“, betont sie.

Geschlachtet, zerlegt und verarbeitet werden die Tiere ebenfalls seit Unternehmensgründung von zertifizierten Partnerbetrieben aus der Umgebung. Vermarktet werden die produzierten Fleisch- und Wurstwaren vom Rind, Lamm und Wild ausschließlich über homemade – in den ersten Geschäftsjahren zum Beispiel über einen festen samstäglichen Stand in der Berliner Markthalle Neun. Während der Corona-Zeit zog man sich dort allerdings zurück und konzentrierte sich auf das Geschäft im eigenen Hofladen (siehe Foto). Der war schon bald so gut frequentiert, dass er sich nicht nur zu einem Nahversorger vor Ort entwickelte, sondern auch Sogwirkung auf weiter entfernte Kundschaft ausübte. Das liegt am aufwendigen Ambiente und – vor allem – an der gewachsenen Sortimentsvielfalt: Heute werden in den Regalen um die 50 Produkte aus der Region nach allen Regeln der Verkaufskunst angeboten: individuelle Präsentation, authentische Herkunft, hochwertige Qualität.

Aus der ursprünglichen Idee, Fleischprodukte in nachhaltiger Weise produzieren zu lassen und selbst zu vermarkten, ist in den vergangenen Jahren etwas Größeres entstanden. Neben dem eigenen Hofladen ist da natürlich der Online-Shop, der für bestimmte Zielgruppen vorgehalten wird; und da sind diverse Wiederverkäufer wie Q-Regio, Feinkostgeschäfte oder klassische Supermärkte, die ebenso wie ausgewählte Gastro-Betriebe mit Wurst, Schinken und Fleisch von homemade beliefert werden. Als stärkste Vertriebswege erlebt Eva Paulus indessen überregionale Food Events, Spezialitätenmärkte, regionale Messen und ähnliche Veranstaltungen, „bei denen wir unsere Ware aufwändig präsentieren und zum Kauf anbieten. Mit Ausnahme von etwa zehn Wochenenden im Jahr sind wir immer irgendwo in der Region unterwegs. Das ist anstrengend, aber es lohnt sich und macht großen Spaß.“

Als wäre das nicht genug, betreibt Eva Paulus inzwischen auch regelmäßige Kooperationen mit erfahrenen Köchinnen und Köchen. „Der Wunsch nach hochwertigen Caterings, die vegane und vegetarische Speisen ebenso inkludieren wie perfekt zubereitete Fleischgerichte, wächst aus unserer Sicht immer mehr. Außerdem schafft eine gute Küche und das gemeinsame Essen immer dieses besondere Miteinander, und wir genießen es sehr, unterschiedliche Menschen und Ideen um einen Tisch zu versammeln“, freut  sie sich über ihr zusätzliches Standbein. Mit diesem Ziel hat sie zu Beginn dieses Jahres neben dem Hofladen eine kleine Cateringküche eingerichtet und inszeniert regelmäßige kulinarische Sommerevents oder auch nur den abendlichen Absacker mit Freunden auf dem eigenen weiträumigen Grundstück.

Auch wenn sich Sohn Jo zugunsten seiner Kleintierpraxen „Die Hoftierärzte“ weitgehend aus dem operativen Geschäft von homemade zurückgezogen hat, bleiben die Gründungspartner ein festes Gespann. „Wir haben viel Freude daran, gemeinsam Neues zu entwickeln und treiben uns gegenseitig an.“ Parallel zum Tagesgeschäft bauen die beiden gerade eine Wittstocker Immobilie zum weiteren Praxisstandort aus. Den homemade-Event-Kalender organisiert die Unternehmerin allerdings im Wesentlichen allein bzw. mit einem guten Team aus freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sie als Kleingewerbetreibende projektgebunden unterstützen.

Als Gründungsmitglied und stellvertretende Vorsitzende der „Regionalinitiative „Prignitz/Ruppin“ engagiert sich Eva Paulus darüber hinaus schon seit 2017 ehrenamtlich für die Belange von über 50 kleinen Betrieben, Gastgewerben und regionalen Erzeugern. Ziel ist es, auf regionale Wirtschaftskreisläufe aufmerksam zu machen und Verbraucher über die Angebotsvielfalt heimischer Produkte zu informieren. „Ostprignitz-Ruppin und die Prignitz haben unendlich viel zu bieten, aber nicht jeder Schatz ist sofort sichtbar. Wir wollen zu mehr Entdeckerfreude motivieren und helfen gern, die richtigen Adressen zu finden“, erfreut sie sich auch an dieser Gemeinschaft.

Fleischerhandwerk: Gemeinsam auftreten und sich zeigen

Gleich zwei pro agro-Veranstaltungen widmeten sich im Oktober ein und derselben (Teil-) Branche der Brandenburger Ernährungswirtschaft. Zunächst hatte der Verband am 12. Oktober zum 1. Branchentreff des Fleischerhandwerks nach Paaren-Glien eingeladen. Es ging dabei um die Ortung spezifischer Struktur-Probleme (weniger Fleischverzehr der Konsumenten, massive Ausdünnung der regionalen Schlachtkapazitäten etc.) und die Suche nach zukunftsfesten Lösungen. Nur Tage später (20./21. Oktober) fand auf dem MAFZ-Gelände das traditionsreiche 25. Brandenburger Schlachtefest statt, dessen überaus hohe Resonanz (mehr als 10.000 Besucher!) als Antwort auf die brennenden Fragen gewertet werden kann und soll.

Volles Haus: Angeregte Diskussion, kreative Lösungen, gemeinsames Vorgehen.

1. Branchentreff des Fleischerhandwerks. Eine aktuelle Branchenzahl zur Einstimmung: Dem kürzlich veröffentlichten BMEL-Ernährungsreport 2023 zufolge verzehren immer weniger Menschen täglich Fleisch- und Wurstwaren. Laut einer Befragung (1.000 Personen) liegt der Anteil heute gerade mal bei 20 Prozent, im Jahr 2015 waren es noch 34 Prozent. Umgekehrt hat sich der Anteil derjenigen, die jeden Tag zu Fleischersatz-Produkten greifen, im selben Zeitraum von fünf auf zehn Prozent verdoppelt. Nach Auffassung der Teilnehmer wird dieser Trend durch die von bestimmten Gruppen in der Öffentlichkeit immer wieder vehement geforderte Reduzierung des Fleischkonsums forciert. Im Verein mit der momentan allgemeinen Kaufzurückhaltung der Verbraucher trifft diese Entwicklung das deutsche Traditionsgewerbe der Fleischverarbeitung besonders heftig, und zwar vom Direktvermarkter bis zum mittelständischen Produzenten.

Der Einladung zum 1. Branchentreff folgten denn auch 40 Unternehmerinnen und Unternehmer, die das von pro agro zusammengestellte Programm – einer Mischung aus Fachvorträgen und interner Situationsanalyse – aktiv und begeistert aufnahmen. Im Zentrum stand die Frage, wie pro agro die vielfältige Struktur des regionalen Fleischerhandwerks am effektivsten unterstützen und begleiten kann. „Wir müssen raus aus dem Teufelskreis von Personalmangel, überbordender Bürokratie und steigenden Kosten“, fassten pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold und Kristin Mäurer, pro agro-Fachbereichsleiterin Agrar- und Ernährungswirtschaft, in einem ersten Resümee zusammen. Es sei an der Zeit, „innerhalb eines sich unterstützenden Branchennetzwerks Lösungsansätze zu erarbeiten“.

pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold appelliert an die anwesenden Betriebe.

Ganz zentral stand für die Unternehmen die Frage im Raum, welche Zukunftsperspektive regionale Tierhaltung und damit die Versorgung der Bevölkerung mit tierischen Produkten überhaupt noch hat. Dabei war man sich einig, dass Betrachtungen der Negativfolgen eines weltweit steigenden Fleischkonsums kein Maßstab für eine Bewertung in regionalen Märkten sein dürfen. Denn „jedes Tier, das künftig nicht mehr in der Region produziert wird, verschlimmert die globalen Auswirkungen“, hieß es. Und: „Die Schweineproduktion verlagert sich nach Spanien und Rindfleisch aus Südamerika wird schwindende Marktanteile aus regionaler Herkunft sofort übernehmen.“ Die Folge seien weniger Nachhaltigkeit, weniger Klimaschutz und weniger Zugriff auf die Gestaltung von Tierwohl.

Die Teilnehmer stimmten darin überein, dass es eine nach außen gerichtete Kommunikation „pro hochwertige Fleischerzeugung aus der Region“ geben muss. Der Verband bot hier direkte Unterstützung im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an. Dass zusätzlich auch politische Meinungsführer angesprochen werden sollen, um einer „schweigenden Mehrheit“ von Konsumenten wieder eine Stimme zu geben, war eine wichtige Anmerkung vieler Diskutanten.

Was sich kurzfristig an Handlungsideen entwickeln und umsetzen lässt, war Inhalt der folgenden Vortragsreihe:

Fleischermeister und Sommelier Justin Hosseini, Inhaber der Medienagentur „Mund Werk“, wies darauf hin, dass erfolgreiche Kommunikationsarbeit mit der klaren Definition der Zielgruppe beginnt. Sein Credo: „Gutes Bewegtbildmaterial ist Pflicht, aber vergessen Sie nicht, eine direkte Möglichkeit zur Kaufreaktion anzubieten. Egal, ob Online-Shop, Laden oder Marktstand – Darstellung und Vertrieb müssen von Beginn an verzahnt werden.“

Fleischsommelier Olaf Mahr plädiert für ein Selbstverständnis als Botschafter der Zunft.

Fleischsommelier Olaf Mahr wiederum unterstrich die Bedeutung eines ganzheitlichen Querschnittsdenkens, das auch die Zusammenarbeit mit Berufskollegen (Köchen, Grillmeistern und andere) umfasst. Insgesamt wünscht er sich einen moderneren, mutigeren Auftritt des Fleischerhandwerks. Seine Quintessenz für den Zukunftserfolg: „Wir müssen als Botschafter unserer Zunft eine positive Ausstrahlung senden. Menschen spüren es, wenn man liebt, was man tut.“

Teil des fachlichen Dialogs war auch der Vortrag „Fleischhygiene und Lebensmittelkontrolle“ von Amtstierärztin Christine Kraft, die viele Aspekte zwischen Gesetzgebung, Umsetzung und betrieblicher Realität praxisnah und unternehmensbezogen ansprach. Sie appellierte an die Anwesenden, gemeinsam mit der Amtsebene vorhandene Spielräume im Sinne einer guten fachlichen Praxis zu nutzen.

Fazit: Alle Teilnehmer sahen es als wertvoll an, die gesamte Kette der regionalen Fleischbranche am Tisch vertreten zu sehen – vom Schweinezüchter und lokalen oder großen Schlachtbetrieb bis zum direktvermarktenden Fleischermeister und mittelständischen Fleischverarbeiter. Alle waren sich einig, dass der „pro agro-Branchentreff Fleischerhandwerk“ fortgesetzt werden soll, um im Sinne einer noch stärkeren Wertschöpfungskette das zu nutzen, was der eine Branchenkollege hat und der andere sucht, und darüber hinaus durch gemeinsames Wirken sichtbarer zu werden. Apropos sichtbar machen: pro agro hat einen Film produzieren lassen, in deren Zentrum drei Betriebe des Brandenburger Fleischerhandwerks stehen.

Ein Klick ins Foto bringt Sie zum Beitrag.

25. Brandenburger Schlachtefest. Ein Beispiel für effiziente Öffentlichkeitsarbeit mit nachhaltiger Wirkung ist das von pro agro organisierte Brandenburger Schlachtefest, das alljährlich an einem Herbstwochenende Scharen von Besuchern mit Kind und Kegel nach Paaren-Glien lockt. Weit über 10.000 Teilnehmer hatten sich diesmal an den beiden Tagen eingefunden und damit quasi mit den Füßen darüber abgestimmt, wie wichtig ihnen traditionelle Handwerkskunst, authentische Produkte, Nähe zum Lebensmittelhersteller und Erhaltung der heimischen Wirtschaft sind. „Versorgung aus sich selbst heraus ist eben nicht nur schmückendes, touristisches Beiwerk, sondern Grundvoraussetzung für die Lebensfähigkeit unserer Region“, bekräftigte Kai Rückewold. Weitere Informationen finden Sie hier.

Hallen-Spektakel: Menschen, wohin das Auge reicht.

Galeria Markthallen Berlin: Kleine und wenig bekannte Lieferanten gefragt

Galeria-Warenhäuser mit Premium-Lebensmittelabteilungen sind in der Bundeshauptstadt gleich vier Mal präsent: auf dem Hermannplatz, in der Steglitzer Schlossstraße, am Ku’damm und in Tempelhof. „GALERIA Markthalle“ nennen sich die Genusstempel, wo die Kundschaft Feinkost aus aller Welt ebenso findet wie kulinarische Spezialitäten aus der unmittelbaren Nachbarschaft, aus Berlin und Brandenburg also. Vom letztgenannten Angebot darf’s gern auch etwas mehr sein, wie uns gesagt wurde: Regionale Lieferanten sind gesucht und immer willkommen.

„Wir differenzieren unser Lebensmittelangebot ganz klar nach den einzelnen Standorten“, erzählt Sebastian Poetschke (Foto links), der als Category Manager unter anderem in Berlin/Brandenburg für das Trockensortiment zuständig ist. „Bei der einen Filiale steht die Nahversorgung im Vordergrund, während im anderen Haus touristische Angebote ein größeres Gewicht haben können“, erklärt er. Aber: Zentraler Sortimentsbaustein ist immer Feinkost. Die Artikelzahl variiert je nach Standort von ca. 14.000 (Tempelhof) bis rund 25.000 (Hermannplatz).

Dass die Fokussierung auf heimische Produkte keine Worthülse ist, zeigen die „regionalen Tage“ – eine zweiwöchige Aktion in allen Filialen, die jetzt am 30. September zu Ende geht. In diesem Zeitraum hat beispielsweise das Haus in der Schlossstraße ca. 100 qm Sonderfläche zur Verfügung gestellt. Auf dieser prominent gelegenen und aufmerksamkeitsstark gestalteten Fläche haben während des gesamten Aktions-Zeitraums mehr als 20 regionale Lieferanten ihre Produkte angeboten.

Der Zuspruch der Verbraucher ist sehr positiv, was sich konkret an den Absatzzahlen ablesen lässt. Doch: „Hier geht es nicht allein ums Verkaufen“, sagt Volker Apostel, Marktleiter in der Schlossstraßen-Filiale (Foto rechts) und präzisiert: „Der Imagegewinn ist ebenfalls sehr wichtig – nicht nur für uns, sondern auch für die gesamte Region.“ Ein Beleg dafür sei, dass das vom Kooperationspartner pro agro zur Verfügung gestellte Informationsmaterial über ländliche Einkaufsstätten und Produzenten bei den Kunden „reißenden Absatz“ finde.

Ein Schlaraffenland für alle Liebhaber regionaler Produkte: Das Angebot der Galeria Markthallen.

Während der Aktionswochen werden in einem begleitenden Flyer (Slogan: „Das Gute liegt so nah“), alle teilnehmenden Lieferanten, deren Unternehmensphilosophie und Produkte vorgestellt. Das auch als Zeichen dafür, welch‘ große Rolle regionale Spezialitäten bei den Entscheidern spielt, heißt es. „Dort ist man sehr daran interessiert, dass wir das Konzept der regionalen Lieferanten in Berlin stark forcieren. Das gilt auch für die Häuser in anderen Regionen, aber wir haben hier eine gewisse Vorreiterfunktion“, bekräftigen Sebastian Poetschke und Volker Apostel.

Bei der GALERIA Markthalle hat sich, wie beim sonstigen Lebensmittelhandel auch, das Angebot regionaler Produkte über die Jahre Zug um Zug erhöht. „Die Konsumenten wollen das. Deshalb machen wir ja solche Aktionen mit dem starken Partner pro agro, um unsere Sortimente in dieser Richtung wachsen zu lassen. Kurz: Der Anteil an regionalen Spezialitäten wird bei uns immer größer“, sagt Sebastian Poetschke und kündigt schon mal an, dass die nächste Berliner Aktion im kommenden Januar rund um die Grüne Woche stattfinden soll.

Eine Besonderheit bei der Lieferanten-Akquise ist, dass das Unternehmen speziell nach kleinen Erzeugern und Verarbeitern Ausschau hält, die nicht jeder kennt. Die GALERIA Markthallen brauchen nun mal nicht permanent die Massen an Waren wie etwa der klassische Vollsortimenter. Das schafft Vorteile für beide Seiten: Die Berliner Warenhäuser profitieren von der Exklusivität des Angebots, und die Lieferanten bekommen die Möglichkeit, sich auf prominenter Fläche zu präsentieren. „In der Vergangenheit sind so schon manch heute große Namen in der Region gestartet“, wissen die beiden Manager.

Hin und wieder braucht man einen langen Atem

Trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen und Widrigkeiten als Folge von Corona und Ukraine-Krieg sowie der damit einhergehenden Preis- und Kostenexplosion ist sich das mitten im Naturpark Barnim gelegene Unternehmen treu geblieben: Bei aller Notwendigkeit zur strukturellen Anpassung an die schwierige Lage steht der Gedanke der „sozialen Milchwirtschaft“ weiter im Zentrum des ökonomischen Denkens und Handelns, sprich: In der Bio-Molkerei arbeiten nach wie vor behinderte und nicht behinderte Menschen zum Wohle des Betriebes und des Gemeinwesens einträchtig zusammen. Und erfolgreich noch dazu.

Mag auch das soziale Geschäftsmodell eine Konstante geblieben sein, so hat sich im betrieblichen Prozess über die Zeit einiges verändert. Vor fünf Jahren lieferten beispielsweise 200 eigene Kühe und ein externer Partnerbetrieb Tag für Tag die notwendigen 6.000 Liter Bio-Rohmilch für die Verarbeitung. Heute ist die Rede von nur 80 eigenen Tieren, dafür aber von drei Partnerbetrieben; das bringt im Tagesschnitt ein Volumen von ca. 8.500 Litern, die zu 7.000 bis 8.000 kg Fertigprodukten veredelt werden.

An dieser Stelle legt Betriebsleiter Reinhard Manger (Foto) besonderen Wert auf den Hinweis, „dass wir bei allen Anpassungen an das Marktgeschehen eine reine Bio-Molkerei geblieben sind. Unsere Milchlieferanten sind im Naturland- oder Bioland-Verband organisiert. Alle versorgen ihre Tiere zu 100 Prozent mit Eigenfutter, und es wird kein Kraft- oder Fremdfutter zugekauft.“

Die Jahre überdauert hat auch die Kooperation mit dem Naturpark Barnim, wobei die Lobetaler von jedem verkauften Joghurt im so genannten Naturschutzbecher drei Cent für Projekte des Naturparks spenden und auf der Platine des Bechers im monatlichen Wechsel Ausflugsziele vorstellen. So verbinden sich gesunder Genuss eines Bio-Joghurts, der in der Region hergestellt wird, und konkreter Umweltschutz, der ebenfalls der Region zugutekommt.

Das gegenwärtige Sortiment von Naturjoghurts mit 1,5 und 3,7 Prozent Fett und zehn Fruchtjoghurts (alle in 150- und 500 gr-Bechern) ist behutsam aufgebaut und vor wenigen Jahren um eine Quarkproduktion (20 und 40 Prozent) plus drei Fruchtquarks bereichert worden. Zum Programm zählen ferner Schlagsahne, saure Sahne, Schmand und das salzige Joghurt-Getränk Ayran. Die ganze Produktpalette gibt es „im Kleinen wie im Großen“, also nicht nur für den privaten Supermarkt-Kunden, sondern auch für Großverbraucher, zum Beispiel Anbieter von Kita- und Schulverpflegung – hier aber im 5 kg- und 10 kg-Eimer oder im 10 Liter-Schlauch.

Großverbraucher wie Mensen oder Krankenhäuser zählen ebenfalls zu den Abnehmern. Den jüngsten Coup landeten die Lobetaler vor zwei Jahren, als sie die Berliner Charité als Kunden gewannen und seitdem drei ihrer Häuser mit 100 gr-Bechern für den klassischen Krankenhaus-Nachtisch beliefern. Was die Kundenstruktur insgesamt angeht, hat sich das Verhältnis im Laufe der Jahre stetig zugunsten der Großverbraucher entwickelt, so dass deren Absatzanteil heute bei ungefähr 60 Prozent liegt.

Der Hofladen mit angeschlossener Molkerei.

Vermarktet werden die Produkte fast ausschließlich in der Region Brandenburg/Berlin – etwa 98 Prozent des Endverbraucher-Absatzes werden hier erzielt. Der mit Abstand größte Vertriebspartner ist der im Nordosten Deutschlands gut vernetzte Großhändler

Terra Naturkosthandel. Die Hauptabnehmer im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sind Bioläden sowie die klassischen Vollsortimenter Edeka, Rewe und Kaufland. Kleinere Mengen werden über den Großhändler auch nach Erfurt geliefert, was allerdings der einzige überregionale Absatz ist.

Zum Kundenkreis zählen darüber hinaus gewerbliche Verwender – eine namhafte Zahl von Eisdielen zum Beispiel, die ihr Frischeis mit Lobetaler Bio-Milch herstellen. Da handelt es sich von Fall zu Fall zwar nur um Klein- und Kleinstmengen, also von 500 bis runter zu 20 Litern pro Tag und Geschäft. Man könnte meinen, das sei nicht eben viel und noch dazu nur während der Saison. Aber: Die hohe Zahl der Eisdielen bringt’s!  Das gilt auch für die vielen Kunden im Bäckerei-Gewerbe, wo zum Beispiel Milch, Quark, Joghurt oder Sahne zum Einsatz kommen. Und nicht zu vergessen die Cafés, die jede Woche mit 40 bis 50 Litern Milch beliefert werden. „Für industrielle Maßstäbe mögen das winzige Mengen sein“, sagt Reinhard Manger, „aber wir können und wollen auch diese Kundschaft abdecken und pflegen. Das sehen wir als unsere Aufgabe an.“

Mit Blick auf die Großverbraucher gehört diese Haltung quasi zum Geschäftsmodell. Das sieht folgendermaßen aus: Angenommen, die Küchen von Kitas wollen zusätzlich Milchreis oder Griesbrei auf den Speiseplan setzen, sind sich aber nicht sicher, ob und in welchem Umfang diese Mahlzeiten angenommen werden. Also ordern sie zunächst nur 20 oder 30 Liter Milch pro Tag. Obwohl sich dieses Geschäft für die Molkerei langfristig nicht rentiert, lässt sie sich darauf ein, sofern sie entsprechendes Zukunftspotential sieht. Die Lobetaler gehen praktisch in Vorleistung, um dann, wenn die Kundennachfrage nach mehr Milch steigt, als Lieferant bereits an Bord zu sein.  

„Da müssen wir hin und wieder einen langen Atem haben; aber auf Dauer rechnet es sich, wenn man geduldig ist. Das gilt übrigens für beide Partner“, resümiert Manger. Ganz generell sieht er in der Region noch gutes Absatzpotential; die Kapazitäten für eine Erweiterung des Geschäfts seien durchaus vorhanden, sagt er. Und gedanklich spielt er schon eine Erweiterung der Produktpalette durch: „Lobetaler Bio-Butter“ würde er gern produzieren, dazu vielleicht noch Frischkäse.

Power mit regionalen Produkten

Ein spannendes Jahr für den Lebensmittel-Discounter: Nicht nur, dass der dänische Händler im Februar 2023 damit begonnen hat, mit seinem deutschen Hauptquartier von Stavenhagen (Mecklenburg-Vorpommern) samt seinen Büros in Wustermark (Brandenburg) nach Berlin umzuziehen. Mehr noch: In den neuen Räumen des TechnoCampus am Siemensdamm hat das Unternehmen Mitte September gleich seinen allerersten deutschen Lieferantentag veranstaltet. Und damit ist nicht Schluss mit den Premieren, denn in den nächsten Wochen wird die neue „Netto+ App“ frei geschaltet, ein digitales Kundenbindungsinstrument mit vielen, auch außergewöhnlichen Anwendungen. Doch eins nach dem anderen.

Rund 50 Lieferanten waren im September aus dem gesamten Verbreitungsgebiet des Discounters (das ist der mit dem Maskottchen „Scottie“) der Einladung nach Berlin gefolgt. Ins neue deutsche Hauptquartier waren also nicht allein Partner aus Berlin/Brandenburg, sondern auch aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg gekommen. Dabei handelte es sich um eine reine Informationsveranstaltung, also um ein Updating der Lieferanten, und nicht um eine klassische Handelsmesse oder Warenbörse, wie sie etwa pro agro veranstaltet und wo die Teilnehmer ihre Unternehmen und Produkte präsentieren. „Einen solchen Lieferantentag wollen wir künftig jedes Jahr veranstalten“, bekräftigt Marketingleiter Timo Schroedel (Foto).

Bei der Gelegenheit erfuhren die Teilnehmer die jüngsten Kennzahlen des Unternehmens: Rund 6.000 Mitarbeiter erwirtschafteten 2022 in insgesamt 344 Filialen (davon 98 in Brandenburg und 45 in Berlin) gut 1,2 Milliarden Euro Umsatz. Von den im Schnitt 2.400 Artikeln pro Filiale zählen mehr als 1.000 zum Eigenmarken-Segment; etwa ein Drittel des gesamten Sortiments besteht inzwischen aus regionalen Produkten – für Discounter-Maßstäbe ein echtes Pfund. „Wir stehen hierzulande wie kein anderer Lebensmittel-Discounter für Regionalität“, betont der Marketingleiter. „Das belegen unter anderem die Zahlen des Kundenmonitors Deutschland jedes Jahr neu.“ Konkret: Netto liegt demzufolge in der Kategorie „Auswahl an Produkten mit regionaler Herkunft“ bei Discountern auch 2023 auf Platz 1.

In Berlin/Brandenburg hat Netto mehr als 20 Lieferanten, die aus dieser Region kommen. Um die Orientierung für die Kunden zu vereinfachen, hat das Unternehmen im Jahr 2021 die Eigenmarke „GO Regio“ eingeführt. Das Label signalisiert nicht allein regionale Herkunft, sondern darüber hinaus nachhaltige und faire Produktion. Bei den Artikeln, die unter dieser Marke firmieren, steht Transparenz im Vordergrund: Hersteller und Firmenlogo sind abgebildet, damit den Verbrauchern klar ist, wer das Produkt herstellt und woher es kommt. Dieses Vorgehen gilt für jeden Sortimentsbereich.

In den nächsten Wochen folgt ein nächster großer Schritt Richtung Kundenbindung und -einkaufsverhalten. Mit der Einführung der „Netto+ App“ stellt der Händler den Verbrauchern ein umfangreiches und ausgeklügeltes Tool zur Verfügung, das den Einkauf effizienter und „spielerisch“ einfacher macht. Ob Hinweise auf Sonderangebote, digitale Kassenbons und Gewinnspiele, ob Hilfsmittel wie Marktfinder, individuelle Einkaufsliste oder Preisscanner – den Nutzer erwartet eine Vielzahl sinnvoller Hilfsmittel.

Von vergleichbaren Wettbewerbs-Tools unterscheidet sich die Netto+ App u.a. durch die digitale Frischegarantie. „Dieses Angebot ist wirklich einmalig in Deutschland“, schwärmt Timo Schroedel. Und darum geht’s im Prinzip: Wer zu Hause feststellt, dass ein Produkt nicht mehr genießbar ist, macht ein Foto und bekommt umgehend einen Rabatt-Coupon in der App, den er beim nächsten Einkauf einlösen kann. „Wir hoffen, dass wir im ersten Jahr mindestens 10 Prozent der Netto-Kunden dazu bewegen können, diese App zu nutzen,“ sagt er.

Generell weist Timo Schroedel mit Nachdruck darauf hin, dass Netto Deutschland nach wie vor stark daran interessiert ist, zusätzliche Produkte aus der Region in seinen Regalen zu haben. Allerdings müssen sich potenzielle Lieferanten darüber im Klaren sein, worauf sie sich einlassen (können) – ob auf Liefermengen für eine zeitlich limitierte Aktion oder eine unbefristete Listung, ob für alle Filialen des Verbreitungsgebiets oder nur für Standorte der heimischen Region. „Wir bieten auch saisonale Listungen an, die nur ein paar Wochen oder Monate gelten, wie beispielsweise Ostern, Weihnachten oder die Spargelzeit – daran sind wir ebenfalls interessiert“, fügt er hinzu. Kurz: Flexibilität ist angesagt.

Appell an mehr Geschlossenheit und Beachtung

Zu Beginn des 6. Norddeutschen Ernährungsgipfels am 21. September 2023 in Rostock-Warnemünde, einer Gemeinschaftsveranstaltung der Marketinggesellschaft der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern (AMV) und des Agrarmarketingverbandes pro agro, hat die pro agro-Vorsitzende Hanka Mittelstädt in einer engagierten Rede vor rund 200 Branchenteilnehmern die Zukunftsfähigkeit der regionalen Lebensmittelerzeuger und -verarbeiter beschworen. Ihr eindringlicher Appell richtete sich sowohl an die Branche selbst wie auch an die Politik. So ermutigte sie einerseits die Unternehmerschaft, ihre Anliegen in der Öffentlichkeit offensiv und mit einheitlicher Stimme zu vertreten; andererseits forderte sie die Politik auf, die mittelständisch geprägte Branche nachhaltig zu unterstützen – auch im Interesse des Gemeinwohls. Hier die leicht gekürzte Rede im Originalton:

200 Branchen-Fachleute kamen in Rostock zum 6. Norddeutschen Ernährungsgipfel zusammen
200 Branchen-Fachleute kamen in Rostock zum 6. Norddeutschen Ernährungsgipfel zusammen

„Am 22.3. dieses Jahres wurde ich als Abgeordnete der SPD-Fraktion im Landtag Potsdam als Nachrückerin von Inka Grossmann-Reetz vereidigt. Unverhofft kommt oft, und mit der Annahme des Mandats verbinde ich künftig noch vehementer den Wunsch, als Unternehmerin der Ernährungswirtschaft eine aktive Rolle in der politischen Gestaltung an der Nahtstelle Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft, Handel und Verbraucher einzunehmen.

Zur Landtagswahl im September 2024 werde ich mich erneut als Direktkandidatin meines Heimatwahlkreises aufstellen lassen, um auch auf politischer Ebene weiter für die Branche eintreten zu können. Es spricht also heute zu Ihnen nicht nur eine engagierte Unternehmerin der Ernährungswirtschaft, die ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende von pro agro, sondern auch eine aktuelle Mandatsträgerin in der Landespolitik Brandenburgs.

Viele der schlimmsten Befürchtungen sind nicht eigetreten: Unsere Produktion stand nicht still, wir sind nicht in unseren Wohnzimmern erfroren, wir haben trotz Putin mit Weihnachtsgans und Gloria gefeiert und sind wieder in Urlaub gefahren. Aber es hat uns dennoch mit voller Wucht erwischt: steigende Strompreise, unkalkulierbare Entwicklungen der Kosten für fossile Brennstoffe, inflations- und gesetzesgetriebene Lohnkostensteigerungen etc.

Und das Allerschlimmste: Mit der Verteuerung der Lebensmittel (warum auch immer…) greift der Deutsche Michel zum noch billigeren Produkt. Unsere Vollsortimenter im LEH relaunchen ihre Discounter-Mentalität, und noch nie befanden sich – trotz massiv höherer Preise – so viele Eigenmarken des Handels in den Einkaufskörben der Haushalte. Fast scheint es so, dass wir bei all den abwechselnden Untergangsnachrichten (ich erinnere hier ganz kurz auch an Themen wie Klimawandel, Wetterkatastrophen, Transformationsgebrüll, Mr. Trump usw.) langsam abstumpfen und Krise als Normalität wahrnehmen.

Ich bitte Sie: Lassen Sie uns das nicht tun!

Was in unserem Land gerade passiert, kann nicht die Normalität bleiben. Die Ignoranz zu Mittelstandsthemen können wir als Unternehmerinnen und Unternehmer nicht einfach schlucken.

Engagierter Auftritt der pro agro-Vorsitzenden Hanka Mittelstädt.

Gemeinsam müssen wir geschlossen gegenüber den Interessengruppen, die uns kaum noch wahrnehmen, auftreten.

Es stimmt mich daher froh, dass – fast zeitlich mit dem Ende des letzten Ernährungsgipfels – im vorigen Oktober 15 Unternehmen der Ernährungswirtschaft aus Brandenburg den Mut gefunden haben, ihre Stimme laut zu erheben. Heute sind wir 25 Unternehmen, und es fehlen nur ein paar bedeutende Marken, um für die Hauptstadtregion komplett repräsentativ zu sein.

Mit der Aussage „Regionale Lebensmittel einkaufen – Jetzt erst recht!“, unterlegt mit einem politischen Forderungspapier, standen die Unternehmerinnen und Unternehmer vor dem Landtag in Potsdam und vor dem Senat in Berlin. Sie diskutierten in Fachausschüssen und Fraktionen.

Die Unternehmen investierten gemeinsam rund 200.000 Euro in Webseite, Radiokampagnen, Instore-Marketing, Infomaterialien und Presse-Events vor und nach der Internationalen Grünen Woche. Mit klaren Worten, kämpferisch und klug. All das adressierte sowohl an die Verbraucher, die Handelspartner und die Politik. Und unsere Kampagne wurde wahrgenommen. So unterstützte die Politik unsere zweite Kampagne mit einem Förderbetrag. REWE und EDEKA unterstützten unsere Kommunikationsziele.

Wenn ich heute eine erste Lehre aus meiner kurzen parlamentarischen Zeit mit Ihnen teilen darf: Das System Deutschland ist träge geworden und wenn wir nicht an den Stühlen ruckeln, dann wird sich für uns nichts bewegen. Wir müssen als Unternehmerinnen und Unternehmer einer kleinstrukturierten mittelständischen Ernährungswirtschaft in den neuen Bundesländern wieder Gemeinsamkeiten entwickeln – stark als Gemeinschaft und nicht nur erfolgreich als „wettbewerbsorientierte Windhunde“, deren einziges Ziel das eigene Wohl und der eigene Erfolg ist.

pro agro führt eine Delegation von knapp zwanzig Brandenburger Nahrungsmittelproduzenten an

Gemeinsam müssen wir als Vertreter unserer Branche über die Grenzen der neuen Bundesländer hinweg – laut und unbequem und klug und kontinuierlich – den mühevollen Dialog mit politischen Entscheidungsträgern suchen. Nur dann werden wir wieder Gehör finden zwischen dem Getöse von Lufthansa und Intel oder Tesla und Zalando.

Es ist überhaupt nicht unschicklich, dass Unternehmer in einer Landespresskonferenz die Versäumnisse deutlich machen und die Frage stellen, ob regionale Nahrungsmittelproduktion noch einen Stellenwert in der „Agenda Zukunft Deutschland“ hat oder warum es nicht möglich sein soll, auch mit weiteren Fördermitteln die kontinuierliche Branchenkommunikation in Richtung Verbraucher zu ermöglichen.

Abgewandelt heißt es heute leider: Die Leisesten beißen die Hunde oder wenn es so weitergeht die freilaufenden Wölfe…

Zu Beginn meiner Begrüßung hatte ich Sie gewarnt.  Ja es stimmt – vor Ihnen steht auch eine Politikerin, also eine Vertreterin des teilweise als sehr selbstgefällig eingeordneten Systems. Aber wenn Sie mich nicht ganz allein lassen, darf ich Ihnen versprechen, dass weder mein unternehmerischer Geist noch mein Wille, in diesem System wieder Veränderung, Dynamik und Zukunftsfähigkeit zu etablieren, nachlassen werden.

Lassen Sie uns gemeinsam mit unseren Mitgliedsverbänden der Ernährungswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen Politikern und Meinungsführern in der Gesellschaft mit lauter Stimme täglich zurufen: „Regionale Lebensmittel – jetzt erst recht!“.

Wenn wir verschwinden, wird es nie wieder mittelständische Ernährungswirtschaft in den neuen Bundesländern geben. Und lassen Sie uns mit diesem lauten Ruf auch unsere Partnerverbände von Schleswig-Holstein bis in den Süden Deutschlands mitnehmen und mit einer Stimme die Interessen der Ernährungswirtschaft in den Regionen vertreten!“

Kompakte Plattform für die Lebensmittelbranche

Vierzig regionale Lebensmittelerzeuger und -verarbeiter hatten im Rahmen der 2. Warenbörse am 11. Juli 2023 Gelegenheit, über 150 Vertretern aus Lebensmittelhandel, Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung sowie von Markthallen, Online-Plattformen, Regional- oder Hofläden in Brandenburg/Berlin ihre Produkte im persönlichen Kontakt zu präsentieren. Die zeitlich und räumlich kompakte Veranstaltung, die der Verband pro agro alle zwei Jahre organisiert, fand auch diesmal auf dem Gelände des Spargelhofs Buschmann & Winkelmann in Klaistow statt. Beide Vermarktungspartner nutzten die intensive Gesprächsatmosphäre, um neue Geschäftsbeziehungen zu knüpfen oder bereits vorhandene aufzufrischen und auszubauen – ein für beide Seiten erneut ertragreicher Austausch.

Ordentlich was los: Vierzig regionale Erzeuger und Verarbeiter in der Festscheune des Spargelhofs Klaistow.

Von Fachbesucherseite war beispielweise die EDEKA mit einer großen Delegation von Marktleitern zu Gast, die aktiv das Gespräch mit bereits vorhandenen sowie potentiellen Geschäftspartnern suchten sowie die Gelegenheit wahrnahmen, neue Produkte zu entdecken. Persönliche Vor Ort-Termine wurden ebenso vereinbart wie gemeinsame Aktionen. Gerade mit Blick auf innovative Angebote hoben REWE-Kaufleute die Wichtigkeit hervor, „die Ware einmal live zu sehen“ und gegebenenfalls auch zu verkosten, um einen konkreten Bezug zu den Produkten in der zentralen Artikelübersicht bzw. im Ordersatz zu bekommen.

Mit von der Partie waren unter anderem auch Vertreter von Kaufland (Region Ost), dem Handelsunternehmen also, das gemäß der Devise „Unser Herz schlägt regional“ agiert und demzufolge auch hier in Brandenburg intensiv nach Lebensmittelerzeugern und -verarbeitern Ausschau hält (siehe pro agro-Newsletter 06/2023). Zum Ausbau des gemeinsamen Geschäfts stehen für den Großflächenbetreiber derzeit vor allem Obst- und Gemüselieferanten hoch im Kurs – was im Übrigen für den Berliner Großhändler Peter Keuthmann gleichermaßen gilt (siehe unseren Bericht in der Rubrik PARTNER dieses Newsletters).

Im Gespräch: Uwe Engelmann vom Löwendorfer Geflügelhof (links) mit EDEKA-Kaufleuten.

Auch die Hersteller zeigten sich hochzufrieden und zogen eine überaus positive Bilanz. Nicht jeder von ihnen verfügt über eine exklusive Vertriebsmannschaft, so dass Plattformen wie die Warenbörse „eine sehr gut Gelegenheit“ für den persönlichen Kontakt sind, wie die Gläserne Molkerei urteilt. Und gerade weil es sich bei diesem Format um keine Massenveranstaltung handelt, hatten beide Seiten hinreichend Zeit für intensive Gespräche, so die Glina Whisky Destillerie. Newcomer wie die Agrargenossenschaft Dürrenhofe – sie war zum ersten Mal dabei – konnten viele neue und nützliche Kontakte knüpfen. Mit einem Augenzwinkern hieß es auf deren Stand: „Wollten wir die Nachfrage nach Obst und Gemüse komplett befriedigen, müssten wir noch 5.000 ha Land dazupachten“.

Einen weiteren wichtigen und grundlegenden Aspekt brachte Golßener Lebensmittel auf den Punkt. Neben den Gesprächen mit dem Handel und anderen Vermarktern entstehen bei solchen Veranstaltungen Partnerschaften mit Branchenkollegen aus dem Lieferantenkreis – ein wesentlicher Baustein für regionales Netzwerken. Insgesamt: Die Begegnung von Ausstellern und Fachbesuchern hat sich für beide Seiten auch diesmal gelohnt.

Gut drauf: Vivian Böllersen von der gleichnamigen Walnussmeisterei.

Der Zeitpunkt der Warenbörse hätte übrigens nicht besser gewählt werden können, und zwar zeitlich wie inhaltlich. Denn just am 11. Juli 2023, dem Tag der Warenbörse, wurden parallel die Ergebnisse der Trendumfrage 2023 – das ist die integrierte Halbjahres-Umfrage des jährlichen pro agro-Branchenbarometers – per Pressemitteilung veröffentlicht (siehe den Bericht in der Rubrik Branche dieses Newsletters). Hier wurden die regionalen Lebensmittelhersteller unter anderem gefragt, ob sie „die aktuelle (Krisen-) Situation nutzen, um strategische Anpassungen im Unternehmen vorzunehmen“. Ergebnis: Weit über die Hälfte der befragten Unternehmen (59 Prozent) gaben zu Protokoll, sie würden sich auf die Suche nach weiteren Absatzmöglichkeiten bzw. Vermarktungspartnern machen; und fast ein Drittel (32 Prozent) sagten, sie wollten nach „strategischen Kooperationen entlang der Lieferkette“ Ausschau halten. Dazu pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold: „Gewollte Terminüberschneidung oder nicht – das Konzept der Warenbörsen unterstützt, wie andere pro agro-Aktivitäten auch, diesen in der Online-Umfrage zum Ausdruck gebrachten Vernetzungsgedanken in der Praxis. Die Warenbörse war wieder ein Beleg dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Kopf hoch in der Krise!

Nach einem schwachen ersten Halbjahr zeigt sich die Ernährungswirtschaft in Brandenburg auch für das gesamte Jahr 2023 skeptisch, wenn nicht sogar pessimistisch. Dieses negative Stimmungsbild vermittelt die pro agro-Trendumfrage, die vor kurzem veröffentlicht worden ist. Angesichts der weiter bestehenden Absatzkrise sieht sich die Branche mit wachsenden Problemen und Herausforderungen konfrontiert. Inzwischen sucht ein maßgeblicher Anteil von Erzeugern und Verarbeitern nach neuen Absatzwegen und -potentialen. Ferner zeichnet sich ab, dass der Abbau von Personal gedanklich kein Tabu mehr ist, selbst wenn Betriebsschließungen in diesem bedrohlichen Szenario noch nicht im Raum stehen. Lesen Sie nachfolgend die Kernergebnisse der Online-Befragung.

Die harten Basisfakten, mit denen die Lebensmittelhersteller in Brandenburg seit Beginn der Ukrainekrise leben müssen, sehen folgendermaßen aus: Im Rückblick auf die Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr 2023 erwartet eine übergroße Mehrheit der befragten Unternehmen, dass das gesamte Jahr miserabel ausfallen wird. 62 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung der Entwicklung, 19 Prozent sogar mit einer „deutlichen Verschlechterung“. Nur 12 Prozent meinen, dass sich die Geschäftsaussichten verbessern werden (siehe Grafik „Deutliche Verschlechterung der Geschäftsaussichten“).

Ein direkter Zusammenhang besteht dabei sicherlich mit den beschränkten Möglichkeiten, gegenüber dem Handel oder Verbraucher Preissteigerungen durchzusetzen. Der überwiegende Teil der Unternehmen (77 Prozent) konnte nur weniger als 30 Prozent der erhöhten Erzeugerpreise kompensieren. Eine vollständige Weitergabe der krisenbedingten Belastungen ist lediglich 4 Prozent der Befragten gelungen.

Konkret rechnen 27 Prozent der befragten Unternehmen damit, dass ihre Umsätze über’s Jahr gesehen sinken, ein Drittel geht von bestenfalls stagnierenden Erlösen aus – wenn auch mit der Einschränkung „auf niedrigem Vorjahres-Niveau“. Rund 40 Prozent sehen das Ende der Talsohle erreicht und glauben, dass sich das Geschäft „langsam mit positiver Tendenz stabilisiert“. Nur eine Handvoll Unternehmen (3 Prozent) erwartet deutlich steigende Umsätze (siehe Grafik „Umsatzstabilisierung mit leichtem Positiv-Trend“).

Wenn auch diese Zahlen in der Gesamtbetrachtung alles andere als berauschend sind, weist Kai Rückewold dennoch auf ein positives Phänomen hin: „Trotz der andauernden Krisen durch Ukrainekrieg, Inflation und Energieteuerung für die regionalen Lebensmittelhersteller stecken die meisten Unternehmen den Kopf nicht in den brandenburgischen Sand, sondern suchen aktiv in ihren Netzwerken und in Kooperation mit unserem Verband nach neuen Absatzkanälen und neuen strategischen Partnerschaften,“ sagt er.

In der Tat stehen auf die Frage, welche strategischen Anpassungen in der Krise vorgenommen werden, die Suche nach neuen Absatzchancen (59 Prozent) und Kooperationspartnern (32 Prozent) oben auf dem Aktionsplan. Im Produktionsbereich wiederum wird teilweise mit der Anpassung der Sortimente (z.B. Fokussierung auf Bestseller) an die betriebswirtschaftlichen Anforderungen reagiert. Ohne Einschnitte bzw. strukturelle Veränderungen im Personalbereich wird es nach Auffassung von 18 Prozent der befragten Unternehmen allerdings nicht mehr gehen (siehe Grafik „Fokus liegt auf weiteren Vermarktungswegen“.

Informationen zur Umfrage Von den rund 650 Branchenunternehmen in Brandenburg haben sich 98 an der Online-Befragung beteiligt. Davon sind mehr als die Hälft als GmbH, GbR, OHG oder KG organisiert; der andere Teil besteht aus kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) sowie Einzelunternehmen. Das Trendbarometer 2023 hat keinen Anspruch auf wissenschaftliche Repräsentativität. Über 60 Prozent der Umfrageergebnisse stammen direkt von pro agro-Mitgliedern. Grafiken zur Umfrage können Sie unter folgender Adresse anfordern: presse@proagro.de.

Reiches Sortiment – von regional bis exotisch

Wahrlich eine runde Sache: Rund um den Globus und rund um die Uhr erkundet. bezieht und vermarktet das Unternehmen „exotische Früchte aus den Gärten der Welt“, wie es heißt. So weitläufig ist die 1951 von Peter Keuthmann gegründete Berliner Obst- und Gemüsegroßhandlung heute aufgestellt. Seit 1994 wird die Firma von der Familie Weihe geführt und kontinuierlich weiterentwickelt. Im Zuge dessen hat man sich vom Lieferservice getrennt; er liegt heute in den Händen der Partnergesellschaft Weihe GmbH (siehe unser Porträt hier). Mit der Konzentration auf das Vor-Ort-Geschäft am Fruchthof Berlin hat sich der Direktverkauf an Lebensmittelhändler und -vermarkter auf dem Großmarkt sowie der Vertrieb im Agentur- und Streckengeschäft deutschlandweit etabliert. Auf diese Weise verbinden sich Tradition und Innovation mittlerweile in der vierten Generation.

Fein gestapelt: Frisches Obst und Gemüse auf der Verkaufsfläche im Berliner Fruchthof.
Fein gestapelt: Frisches Obst und Gemüse auf der Verkaufsfläche im Berliner Fruchthof.

Rund 65 Mitarbeiter kümmern sich tagein, tagaus um den reibungslosen Fullservice für die Kunden – sei es für den Lebensmitteleinzelhandel oder den Wochenmarkthändler, für Feinkostgeschäfte, Caterer oder Gastronomen; auch Onlinehändler stehen auf der umfangreichen und vielseitigen Kundenliste. „Zitrusfrüchte oder exotische Sorten aus aller Welt haben wir ebenso im Portfolio wie frische Lebensmittel aus der Region“, umschreibt Geschäftsführer Björn Weihe das Sortiment und betont: „Egal woher: Wir beziehen unsere Produkte von zertifizierten Erzeugern und Partnern“. Das sei aber nicht der einzige Nachweis für die „exzellente Qualität“ der Produkte: Auch langjährige Partnerschaften mit den Lieferanten sowie regelmäßige Vor-Ort-Besuche des Einkaufsteams würden dazu beitragen.

Bei aller Internationalität der Lieferbeziehungen kommen regionale Produkte nicht zu kurz: Etliche hundert Erzeuger und Verarbeiter aus Brandenburg und Berlin sorgen für eine Bereicherung des Sortiments mit heimischen Produkten. Dazu Geschäftsführer Weihe: „Wir bauen unser regionales Lieferantennetzwerk ständig aus. Unter der Maxime ‚So regional und saisonal wie möglich‘ treiben wir die Einbeziehung unseres direkten landwirtschaftlichen Umfeldes weiter voran und stellen unsere mittlerweile breite Palette an regionalen Angeboten unseren Kunden zur Verfügung.“

Diese Maxime orientiert sich natürlich an dem wachsenden Verbraucherbedürfnis nach Lebensmitteln aus dem benachbarten Umfeld, das heißt nach Nähe in zweifacher Hinsicht: vertraute Herkunft einerseits und kurze Transportwege andererseits. Das Prinzip des „Direktvertriebs ab Ursprung“ (was übrigens auch für das internationale Geschäft gilt) ist so gesehen ein wichtiger Aspekt für umweltschonendes Wirtschaften – ein zentraler Baustein der Firmenphilosophie. Auch deshalb ist das Keuthmann-Einkaufsteam regelmäßig bei Partnern vor Ort, also nicht nur aus Gründen der Kontaktpflege, sondern auch, um ein Auge darauf zu haben, ob Erzeugung und Verarbeitung der Ware den Ansprüchen des Unternehmens genügen.

Gesprächsbedarf: Kommunikativer Austausch im gekühlten Lager.
Gesprächsbedarf: Kommunikativer Austausch im gekühlten Lager.

Neben den hohen Standards in Sachen Transparenz, Zuverlässigkeit und Produktqualität zeichnet Keuthmann ein weiteres Merkmal unternehmerischen Handelns aus: Neugierde. Und dies nicht als Selbstzweck, sondern als Ausdruck strikter Kundenorientierung. Konkret: Regelmäßig sind Mitarbeiter rund um den Erdball unterwegs, um Ausschau nach interessanten Produkten zu halten, die den deutschen Markt bereichern könnten. Die so genannten Food-Scouts schwärmen in die „Gärten der Welt“ aus und suchen nach speziellen Zitrusfrüchten, exotischen Kräutern oder seltenen Gemüsesorten – immer in der Gewissheit, dass die deutschen Verbraucher zwar knauserig sein mögen, aber experimentierfreudig sind.

Abgesehen von den Ausflügen in die große weite Welt ist Keuthmann weiter daran interessiert, neue Lieferpartnerschaften in der heimischen Region einzugehen. „Regionale Spezialitäten und saisonale Angebote fragen unsere Kunden immer stärker nach“, sagt Björn Weihe. Ganz stark entwickeln sich hier Erzeugnisse wie diverse Salate und Kohlsorten, Kern- und Steinobst, Kartoffeln, Erdbeeren, Spargel und spezielle Gemüse. Dennoch: Den Großteil der Produkte bezieht der Großhändler von internationalen Lieferanten, um eine möglichst große und vielfältige Produktpalette anbieten zu können – ganz im Einklang mit der unternehmerischen Doppelstrategie, die da lautet: „Regional frisch und international direkt!“.

Ein Demeter-Landwirt mit Leib und Seele

Vor ziemlich genau 24 Jahren hat Sascha Philipp (Foto) seinen Traum wahr gemacht: Der gelernte Landwirt aus Witten/Ruhr erstand 1999 im Brandenburger Spreewald einen landwirtschaftlichen Betrieb – also in der Gegend, wo er Jahre zuvor eine Ausbildung zum Landwirt absolviert hatte. Nach weiteren Lehr- und Wanderjahren ist er in die Region zurückgekehrt, wo er sich nicht nur in den Reiz der Landschaft verguckt, sondern das Konzept der arbeitsteiligen Landwirtschaft kennen- und schätzen gelernt hatte. Seine Wiege stand eigentlich, wie es sich im Kohlen-Pott gehört, in einer Bergbau-Familie, die aber eines Tages dem Knochen-Job den Rücken kehrte und als Seiteneinsteiger einen landwirtschaftlichen Betrieb mit biologisch- dynamischer Produktionsweise aufbaute. Damals war Sascha im besten Knabenalter.

Heute, im besten Mannesalter, lebt der gestandene Landwirt mit eigener Familie und seinen Eltern also im Spreewald, genauer: auf dem Landgut Pretschen. Gut 40 Mitarbeiter gehen ihm zur Hand, um 820 Hektar Ackerland, Weideland und Wald zu bewirtschaften. Nicht zu vergessen das mit zwei Hektar größte Bio-Gewächshaus Brandenburgs, das in wechselnder Folge unterschiedlichen Pflanzen sommers wie winters ein Dach über dem Kopf bietet (Tomaten, Gurken, Salate und vieles mehr). Er ist mit ungebrochener Begeisterung am Werk, um mit seinem Team nach den Vorgaben der Demeter-Bewegung die 520 Rinder (davon 240 Milchkühe) zu versorgen und die landwirtschaftlichen Flächen zu bearbeiten – auch jetzt, in den Hoch-Zeiten der Ernte und unter den klimatisch bedingten Verwerfungen wie Hitze und Trockenheit.

Wer landwirtschaftliche Produkte unter dem Demeter-Siegel erzeugt und vermarktet, muss sich besonderen Herausforderungen stellen: Da geht es nicht nur darum, nach den strengen Regeln des Verbandes zu wirtschaften – Regeln, die weit über die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung hinausgehen. Darüber hinaus ist es unerlässlich, ein funktionierendes Netzwerk von gleichgesinnten Absatzpartnern aufzubauen, zu pflegen und zu erweitern.

Gurken dicht an dicht im Gewächshaus.

Wenn Sascha Philipp von seinen Produkten spricht, dann fällt das Stichwort „ehrliche „Ware“. Das bedeutet mit Blick auf den Gemüseanbau, dass die Pflanzen ohne Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel aufwachsen. Mit dem Effekt, wie er sagt, „dass unsere Tomaten und Gurken einen natürlichen, kräftigen Geschmack haben und – bildlich gesprochen – einem nicht das Wasser im Munde zusammenläuft“. Die Fleisch- und Wurstprodukte wiederum zeichnen sich qualitativ dadurch aus, dass die Tiere artgerecht gehalten und nur 25 km entfernt geschlachtet werden. „Der Wurst geben wir neben den Gewürzen keine Geschmacksverstärker oder sonstigen Zusatzstoffe bei“, betont er.

Während die Milch komplett ans Ökodorf Brodowin zur Weiterverarbeitung geliefert wird, werden das Gemüse und Spezialitäten wie Leinöl und Leindotteröl über den Großhandel vermarket, und zwar ausschließlich an den Naturkostfachhandel oder an Vertreiber von Bio-Abokisten. Der Löwenanteil des Sortiments wird in Brandenburg/Berlin ausgeliefert; ein paar Touren gehen auch bis hoch an die Ostsee oder runter nach Sachsen. In diesem Sinne versteht Sascha Philipp sich und seinen Betrieb als integriertes Glied einer regionalen Wertschöpfungskette, obwohl es „keine leichte Übung ist, den gesamten Prozess vom Anbau über die Ernte und Verarbeitung bis zur Marktreife in einer Hand zu behalten. Das ist nicht ohne Risiko, aber ich stehe dazu,“ sagt er.

Im Warenkorb: Aus dem Trockensortiment des Hofladens.

Neben dem Naturkost- und Abokisten-Handel hat das Landgut auch ein festes Vermarktungs-Standbein in der regionalen Gastronomie. Viel Freude bereitet dem Unternehmer ferner der Direktvertrieb im eigenen Hofladen. „Hier handelt es sich praktisch um einen Vollsortimenter, dessen Angebot nicht allein aus unseren Produkten gespeist wird. Zum Frische- kommt das Trockensortiment von anderen Anbietern aus der Region“, sagt er. Der Tante-Emmaladen auf Bio-Basis hat sich als Nahversorger auf dem Land also voll bewährt.

Dessen ungeachtet wird derzeit am Aufbau eines Online-Shops samt Lieferdienst gearbeitet, um Land- und Stadtkunden künftig auch digital zu erreichen. Gern würde Sascha Philipp auch im klassischen Lebensmitteleinzelhandel präsent sein – wenn auch nicht flächendeckend in Brandenburg und Berlin, so doch im unmittelbaren Umfeld auf lokaler Ebene. Entscheidend sei hier, dass er die entsprechenden Mengen auch vorhalten und liefern kann. Die ersten Gespräche laufen bereits, sagt er und fügt hinzu: „Das generelle Problem hier auf dem Lande ist, dass die Nachfrage zwar da ist; aber es gibt keine Bioläden. Deshalb versuchen wir, mit dem lokalen bzw. regionalen klassischen LEH ins Geschäft zu kommen.“

28. Brandenburger Landpartie

So viel Publikum aus Berlin und Umgebung bekommt das ländliche Brandenburg nicht jeden Tag zu Gesicht. Doch an einem ganz bestimmten Termin im Jahr, nämlich jeweils am zweiten Juni-Wochenende, schwärmen Scharen von interessierten Menschen aus nah und fern aus, um einen Blick hinter Scheunentore und Stalltüren, in Gärten, Vorratskammern und Hofläden zu werfen und sich ein Bild vom Leben auf dem Lande zu machen. Anlässlich der 28. Brandenburger Landpartie am 10. und 11. Juni 2023 war es wieder so weit:  Rund 70.000 Besucher schauten bei über 150 Betrieben und Höfen in 140 Orten vorbei und informierten sich über Themen wie Erzeugung und Produktion von Lebensmitteln, Regionalität und Kreislaufwirtschaft oder die Potentiale der Brandenburger Landwirtschaft als Grundversorger.

Unter dem Motto „Entdecken – Erleben – Genießen“ waren in diesem Jahr 25 Betriebe zum ersten Mal dabei. Zu den insgesamt 151 Gastgebern zählten ferner zwei Dutzend Ökohöfe und 15 landwirtschaftliche Ausbildungsbetriebe. Die Landpartie bot außer den klassischen Inhalten auch praktische Hilfe zur Berufswahl. Neben den an der täglichen Praxis orientierten Themen ging es ferner um drängende Zukunftsfragen und -herausforderungen wie Klimawandel, Fachkräftemangel und Digitalisierung.

Während der zentralen Eröffnungsveranstaltung auf dem Hof der PAE Marktfrucht GmbH in Putlitz (Prignitz) charakterisierte Landwirtschaftsminister Axel Vogel das Ereignis als eine Möglichkeit, „wahrzunehmen, was Landwirtschaft bedeutet bzw. wieviel Zeit und Arbeitskraft darin steckt, Nahrungsmittel zu produzieren“. Nur noch jeder fünfzigste Deutsche habe einen Bezug dazu. Das Wissen darüber sei in der Bevölkerung verloren gegangen, so dass es sehr lehrreich sei zu erfahren, „mit wieviel Aufwand und auch persönlichen Einschränkungen gearbeitet werden muss, damit wir unser tägliches Brot bekommen“.

Die Eröffnung: Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Mitte) auf dem Hof der PAE Marktfrucht GmbH in Putlitz.

pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold wiederum äußerte die Hoffnung, dass es mit Veranstaltungen wie der Landpartie nicht nur gelingt, Wissen zum Thema Landwirtschaft zu vermitteln, sondern auch „die Menschen dafür zu begeistern, die heimische Region gemeinsam weiterzuentwickeln“. Damit dies gelingt, sei es wichtig, immer wieder die Bedeutung regionaler Wirtschaftskreisläufe zu betonen. Das geschehe hier und jetzt mit der Brandenburger Landpartie oder am Anfang des Jahres in der Brandenburghalle der Grünen Woche und zum Jahresende mit dem Brandenburger Schlachtefest.

Aus Sicht eines Gastgebers beschrieb Gerrit van Schoonhoven, Geschäftsführer von Gut Schmerwitz im Landkreis Potsdam-Mittelmark den Wert der Landpartie wie folgt: „Wir haben dadurch die Gelegenheit, den gesamten Hof zu zeigen. Zudem haben wir immer nach einer Möglichkeit gesucht, einmal im Jahr ein Hoffest mit all unseren Partnern im Dorf und darüber hinaus zu veranstalten; genau das machen wir jetzt. Darüber hinaus findet die Landpartie zur idealen Zeit statt – zwischen dem Einsäen, dem Drillen und der Ernte.“

Hereinspaziert! Patrick Schulz vom gleichnamigen Gartenbaubetrieb in Bergsdorf.

Apropos: Für die bevorstehende Erntezeit warben Gastgeber und Organisatoren der Brandenburger Landpartie um Geduld und Verständnis, wenn auf den nächsten Fahrten durchs Land ein Traktor oder eine Erntemaschine die Fahrtzeit bis zum Ziel ein wenig verlängert. Auch das gehöre nun mal zur Realität in einem landwirtschaftlich geprägten Flächenland, damit die regionalen Lebensmittel jeden Tag frisch auf den Tisch kommen. Alles rund um die diesjährige Landpartie finden Sie hier.

Die Brandenburger Landpartie wurde 1994 als Initiative des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) des Landes Brandenburg ins Leben gerufen. Die publikumsstärkste Wochenend-Veranstaltung im ländlichen Raum wird vom Agrarmarketingverband pro agro, dem Landesbauernverband und dem Landfrauenverband gemeinschaftlich organisiert.

Gemeinsame Suche nach Lösungen

Nach einem ersten Austausch auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin setzten sich die brandenburgische Ernährungswirtschaft sowie die beiden Ministerien für Wirtschaft und Landwirtschaft erneut zusammen, um konkret über die Auswirkungen der Energiekrise und der negativen Inflationseffekte auf die Unternehmen zu beraten und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Die Rede ist vom 1. Runden Tisch „Zukunft Ernährungswirtschaft“, der am 26. Mai in den Räumen der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) in Potsdam stattfand. Dem Kreis gehörten auf Einladung der WFBB und des Verbandes pro agro die Minister Jörg Steinbach und Axel Vogel sowie 17 Unternehmen an.

Fruchtbarer Meinungsaustausch beim 1. Runden Tisch „Zukunft Ernährungswirtschaft“.

Im Wesentlichen wurden zwei aus Sicht der Unternehmen wichtige Themen mit den Ministern erörtert und nach Lösungswegen gesucht.

Thema eins: Aktuelle Krisen und deren Bewältigung

Dr. Sebastian Schornberg (Havelia GmbH) und Sebastian Kühn (Eberswalder Wurst) berichteten über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen in 2023/2024. Im Vordergrund standen hier die Energiekosten und Energieverträge 2024 einerseits sowie fehlende Renditen und damit verbundene Liquiditäts- und Finanzierungsengpässe andererseits. Hervorgehoben wurden insbesondere die – trotz einer gewissen Entspannung am Energiemarkt – dreifach höheren Energiekosten im Vergleich zum Vorkrisenniveau und die fehlende Bereitschaft von Energieversorgern, neue Verträge für 2024 abzuschließen.

Minister Steinbach empfahl, in energiesparende neue Energieversorgungssysteme zu investieren. In diesem Zusammenhang wies Sebastian Kühn darauf hin, dass die Ertragslage für Zukunftsinvestitionen keinen Spielraum lässt. Zusätzlich machte er die Minister auf eine zunehmende Zurückhaltung von Banken gegenüber der Ernährungswirtschaft aufmerksam. Anders ausgedrückt: Die Risikobewertung der Branche durch die Banken führt infolge der krisenbedingten Rahmenbedingungen zunehmend zu Problemen bei Finanzierungen.

Minister Vogel und Minister Steinbach nahmen diese Sorge auf und sagten zu, zu diesem Thema ein Spitzengespräch mit Finanzinstituten herbeizuführen.

Thema zwei: Förderung einer langfristigen Verbraucherkampagne für regionale Produkte

Hanka Mittelstädt (Ucker-Ei) und Klaus Voigt (Vion Schlachthof Perleberg) wiederum machten sich im Namen der Unternehmer-Initivative für die Fortführung der Verbraucherkampagne „Regionale Lebensmittel kaufen – jetzt erst recht!“ stark. Dabei verdeutlichten sie die Notwendigkeit einer mittelfristig angelegten Kampagne (mindestens drei Jahre) und eines ausreichenden Budgets von rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr. Es wurde ferner hervorgehoben, dass hier ein namhafter Teil aus Landesmitteln bestritten werden muss. Auch eine entsprechende Förderung koordinativer Zusatzaufgaben von pro agro im Zuge der Kampagnenumsetzung kam zur Sprache.

Minister Steinbach und Minister Vogel fanden anerkennende Worte für die konkrete Aufbereitung der Vorstellungen der Unternehmer-Initiative, um nach sachdienlichen Lösungsansätzen zu suchen. Es wurde vereinbart, dass pro agro und die WFBB Ende Juni entsprechende Informationen aus den Ministerien erhalten.

Fortsetzung des konstruktiven Austauschs Die Teilnehmer vereinbarten, sich Anfang Oktober zu einem 2. Runden Tisch „Zukunft Ernährungswirtschaft“ in identischem Format erneut zu treffen. pro agro wird zeitnah die Auswertung der 1. Runde mit der Unternehmer-Initiative vornehmen und die Vorarbeit für den 2. Runden Tisch skizzieren. Noch offen ist der gemeinsame Austausch über Themen wie das Zusammenwirken mit dem Handel in Richtung nachhaltiger Marktbeziehungen oder Fachkräftemangel/ Automatisierung.

Edeka: „Wir werden die Zusammenarbeit vertiefen“

Das Branchentreffen, das kürzlich in den Räumen des Sanddorn-Produzenten Christine Berger GmbH & Co. KG in Petzow stattfand, beschäftigte sich diesmal vor allem mit dem Thema „Regionalität“. Dabei ging es u.a. darum, wie der Lebensmittelhandel in der Hauptstadtregion die Marktchancen regionaler Produkte einschätzt. Die zahlreich teilnehmenden Hersteller hatten Gelegenheit, die damit verbundenen Fragen direkt mit der Edeka Berlin/Brandenburg – vertreten durch Geschäftsführer Hans-Ulrich Schlender und den Leiter Regionaleinkauf Marcus Reh – zu erörtern. Intensiv diskutiert wurden außerdem die Potentiale für einen Ausbau der Zusammenarbeit und der Vermarktungschancen.

Gespannte Aufmerksamkeit: pro agro-Unternehmerstammtisch ganz im Zeichen der Zusam-menarbeit mit dem Handel.
Gespannte Aufmerksamkeit: pro agro-Unternehmerstammtisch ganz im Zeichen der Zusammenarbeit mit dem Handel.

Zur Einstimmung gab Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin/Brandenburg, einen aktuellen Lagebericht über den gesamten Einzelhandel in der Hauptstadtregion. Demzufolge sind die Verbraucher nach wie vor verunsichert, ob sie angesichts der Inflation mit ihrem Geld auskommen. Das spiegelt sich auch im Konsumklima wider, dessen Werte vom Sommer 2021 bis zum Herbst 2022 regelrecht abgestürzt sind; zwar hat sich die Stimmung inzwischen leicht erholt, aber noch längst nicht das Ausgangsniveau erreicht.

Die Kaufzurückhaltung hat, so der Verbandschef weiter, im Lebenshandel zuerst den Bio-Bereich getroffen, gefolgt von regionalen, fair gehandelten und veganen Produkten. Der Einzelhandel werde sich zwar behaupten können, aber ohne Investitionshilfen für Digitalisierung und Energieeffizienz werde das Überleben schwer. „Wir müssen uns darauf einrichten, dass bei uns die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, sagte er, zumal die Kaufkraft in Berlin und Brandenburg „nach wie vor nur schlechtes Mittelmaß“ sei. In Sachen Regionalität merkte Busch-Petersen an, dass das Thema in den Köpfen der Verbraucher offenbar noch nicht richtig angekommen sei. Da es sich hier auch um eine gesellschaftspolitische Frage handele, sei noch jede Menge Informationsarbeit zu leisten.

Mit dem Stichwort Regionalität gab er den rhetorischen Staffelstab weiter an Hans-Ulrich Schlender, der zunächst einige Kennziffern der Edeka Minden-Hannover des Jahres 2022 bekanntgab: knapp 11,3 Milliarden Euro Umsatz, rund 75.800 Mitarbeiter (einschließlich der selbstständigen Einzelhändler), zwei Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche, ca. 1.500 Märkte, 622 selbstständige Einzelhändler; hinzu kommen zwei Fleischwerke, fünf Backwaren-Betriebe und ein Fisch verarbeitender Betrieb. Überdies wurden im Vorjahr 65.000 Quadratmeter Verkaufsfläche neu erschlossen und 230 Millionen Euro in Märkte investiert (Renovierung, Umbau und Neubau); in Brieselang entsteht bis 2026 ein zusätzliches Edeka-Logistikzentrum für rund 1.000 neue Mitarbeiter. Kurzum: Mit diesen Zahlen repräsentiert Minden-Hannover die umsatzstärkste Regionalgesellschaft des Edeka-Verbundes; zum Verbreitungsgebiet gehören Ostwestfalen, Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin.

Edeka-Privatissimum: Hans-Ulrich Schlender (links) und Marcus Reh im Fachgespräch mit Constance Trautmann (Klosterfelder Senfmühle).

Was die Listung regionaler Produkte angeht, machte der Geschäftsführer deutlich, dass Edeka für diese Thematik stets offen ist – nicht nur aus Gründen der Verbrauchernachfrage und der Sortimentsvielfalt, sondern auch aus übergeordneten Überlegungen, denn „wir wollen die Region stärken“, wie er betonte. Grundsätzlich stehe Edeka „beratend zur Verfügung, und zwar vom kleinen bis zum größeren Hersteller in der Region“. Marcus Reh erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass Regionalität allein als Verkaufsargument nicht reicht: „Das Produkt muss auch den Qualitätsansprüchen der Konsumenten gerecht werden“, sagte er und bekräftigte, dass er dies als Gesamtpaket einer Zusammenarbeit des Händlers mit den Herstellern sieht.

Zur Brandenburger Unternehmer-Initiative „Regionale Lebensmittel einkaufen – Jetzt erst recht!“ merkte Hans-Ulrich Schlender an, dass er eine solche Aktion für richtig und gut hält und der Handel gern von Anfang an dabei ist. Gleichzeitig gab er zum Ausdruck, dass er den Ruf nach Unterstützung durch die Politik nur bedingt für zielführend hält. Dahinter steht die Überzeugung, dass es Sache der Lebensmittelwirtschaft selbst ist, für eine erhöhte Nachfrage nach regionalen Produkten zu sorgen.  „Denn Regionalität kann nicht jeder“, bekräftigte er, „aber wir als Handelsunternehmen können und wollen das, um eine win-win-Situation für uns und die Produzenten zu schaffen“.

Sebastian Kühn (Eberswalder Wurst) erläuterte in diesem Zusammenhang das Ziel der Kampagne, nämlich Nachfragedruck beim Verbraucher aufzubauen. Da die notwendigen Marketingmaßnahmen viel Geld kosten (was die Initiatoren finanziell teilweise überfordert), hat man sich eben auch um Landesmittel bemüht. „Allein kommen wir nicht von der Stelle“, sagte Kühn und appellierte an die Edeka, „gemeinsam mit uns dafür zu sorgen, dass die Kunden verstärkt regionale Produkte kaufen“.

Entspannte Atmosphäre: Sebastian Kühn (Eberswalder Wurst, links) und Rainer Kempkes (Golßener).

Bei den beiden Edekanern fiel der Appell auf fruchtbaren Boden. „Wir werden die Zusammenarbeit vertiefen“, versprach Marcus Reh, wies aber gleichzeitig darauf hin, „dass wir unsere selbstständigen Einzelhändler für die regionale Sortimentsstrategie ebenfalls gewinnen müssen“. Hintergrund: Listung allein genügt nicht, die Marktleiter müssen die gelisteten Produkte auch ordern. Das ist mit individueller Überzeugungs- und viel Kleinarbeit verbunden.

Einen Tag nach diesem offenen und fruchtbaren Gedankenaustausch erreichte uns folgende Mail des Teilnehmers Frank Gersdorf (Gläserne Molkerei): „Es war für mich eine sehr informative und gelungene Veranstaltung, auch wenn es zu den Themen Regionalität und Zusammenarbeit mit dem Handel noch Luft nach oben gibt. Ansätze sind sichtbar, nur muss noch viel getan werden, um auch wirklich in der Fläche voranzukommen und regionale Produkte deutlich wahrnehmbar für den Kunden zu platzieren und in sein Bewusstsein zu rücken.“

Ein persönliches Fazit, das Inhalte sowie eine gewisse Aufbruchstimmung auf den Punkt gebracht hat!