Zum Jahreswechsel 2024/2025 vermittelt die Umfrage des Agrarmarketing-Verbandes bei Unternehmen der Brandenburger Ernährungswirtschaft ein nicht ganz so düsteres Bild wie noch vor Jahresfrist. Wir erinnern uns: Seinerzeit war die Stimmung in der Unternehmerschaft ziemlich im Keller, was sich bis zur folgenden Erhebung in der Jahresmitte 2024 kaum änderte. Die jüngsten Ergebnisse lassen sich so interpretieren, dass zwar keine weitergehenden Ausschläge Richtung Stimmungstief zu verzeichnen sind, andererseits aber die Aussage von „gleichbleibenden“ Geschäftsaussichten stark gestiegen ist – „gleichbleibend schlecht“ müsste man eigentlich sagen, da die überwiegende Mehrheit der Befragten im Sommer 2024 eine eher düstere Geschäftsentwicklung erwartete. Hier die Hauptergebnisse des aktuellen Branchenbarometers.
Konkret: Insgesamt vermittelt das Branchenbarometer ein gespaltenes Meinungsbild innerhalb der regionalen Ernährungswirtschaft (landwirtschaftliche Direktvermarkter, Ernährungshandwerk und Lebensmittelproduzenten). 46 Prozent der Befragten sagten, die Geschäfte seien 2024 im Vergleich zum Vorjahr deutlich besser bis gleich gut gelaufen, 53 Prozent hingegen gaben eine schlechtere Performance zu Protokoll.
Die Aussichten für das laufende Jahr fallen ebenso gemischt aus: 33 Prozent erwarten eine Verschlechterung, 25 Prozent eine Verbesserung und 42 Prozent keine Änderung, also gewissermaßen gleichbleibend schlechte Geschäfte. Das belegt der Vergleich mit den Zahlen von Anfang 2024. Damals sprachen 51 Prozent von schlechteren, 24 Prozent von besseren und 27 Prozent von gleichbleibenden Aussichten

Dass die konjunkturelle Gesamtwetterlage in Deutschland auch die Brandenburger Ernährungswirtschaft nicht verschont hat, ist keine Überraschung. Kein Thema wurde in den Medien häufiger diskutiert als der Preisanstieg bei Lebensmitteln. Von höheren Preisen des Handels profitiert die Branche allerdings kaum. Ursache für die zurückhaltende Marktprognose ist – und das konstant seit Beginn der Erhebungen – die Schere zwischen stark steigenden Kosten und nur moderat durchsetzbaren Preiserhöhungen. So sagen 79 Prozent der Unternehmen, dass zu erlösende Preise bei Handelspartnern oder beim Verbraucher um mehr als 10 bis über 20 Prozent steigen müssten, um nachhaltige wirtschaftliche Zukunftsaussichten zu haben.
Dazu pro agro-Geschäftsführers Kai Rückewold: „Auf der einen Seite machen den Verbrauchern gestiegene Lebensmittelpreise zu schaffen, auf der anderen fehlt den regionalen Erzeugern der nötige Umsatz mit besseren Margen. Da die Umfrage erneut bestätigt, dass über den Lebensmitteleinzelhandel (52 Prozent) und die Direktvermarktung (25 Prozent) der größte Umsatzanteil bei den Erzeugern erwirtschaftet wird, ist es umso wichtiger, die Bedeutung der regional erzeugten Lebensmittel in den Kern-Käufergruppen weiter zu verankern. Regionale Marken haben die besten Entwicklungsoptionen.“

Als Hauptgrund für die kritische Lagebeurteilung werden die bürokratischen Auflagen wie gesetzliche Vorschriften, höhere Umweltauflagen, zunehmende Dokumentationspflichten etc. genannt. Mit 73 Prozent (Vorjahr: 55 Prozent!) der Antworten liegt das Thema Bürokratie einsam an der Spitze. Aus Sicht der Wirtschaft handelt es sich hier um ein doppeltes Ärgernis: erstens, weil die Politik (EU, Bund) schon lange darüber spricht, aber wenig bis gar nichts tut; zweitens, weil in den Betrieben wertvolle Ressourcen wie Zeit, Personal und Geld vergeudet werden. Auf den nächsten Plätzen der Negativ-Skala folgen hohe Personalkosten (58 Prozent), gestiegene Rohstoff- und Beschaffungskosten (55 Prozent) und hohe Energiekosten (52 Prozent).
Allein auf die Ermittlung der wirtschaftlichen Problemfelder wollte sich pro agro indessen nicht beschränken. Also hat der Verband zusätzlich mögliche Lösungsvorschläge aus Sicht der Unternehmerschaft abgefragt. Beim Thema „bürokratische Auflagen/Überregulierung“ schlagen 61 Prozent vor, viele Vorschriften und Nachweispflichten erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße erfüllen zu müssen. Inhaltlich wäre eine Entlastung durch Abschaffung und/oder Bündelung folgender Probleme wünschenswert: Mehrfacherhebung statistischer Daten, Verwaltungsaufwand durch minutengenaue Arbeitszeiterfassung, Meldungen an Sozialversicherungsträger, Datenschutz oder Nachweise zur Verpackungsordnung.
In Sachen Personalkosten wiederum sprechen sich 66 Prozent für die Erhöhung des Grundfreibetrages auf beispielsweise 20.000 Euro aus. Das könnte zu mehr Attraktivität der Angebote im Segment Mindestlohn und zu spürbarer Entlastung der Lohnspirale führen. Und mit Blick auf die hohen Energiepreise im europäischen Vergleich sehen über zwei Drittel Handlungsbedarf für deren Senkung.
Doch trotz der insgesamt angespannten Lage werden 73 Prozent der Unternehmen der Brandenburger Ernährungswirtschaft investieren, und zwar in Anlagen und Maschinen (88 Prozent) sowie Gebäude (50 Prozent). Aber auch Investments in Digitalisierung (48 Prozent) und alternative Energieversorgung (50 Prozent) stehen hoch im Kurs. Die geplanten Investitionssummen belaufen sich bei 13 Unternehmen auf einer bis 25 Million Euro. Bei knapp der Hälfte stehen auch Neueinstellungen auf dem „Zettel“, allerdings nur auf niedrigem Niveau.

Interessant sind auch die Rückmeldungen zum „Investitionsstau in Deutschland“ und der damit verbunden Frage zur Lockerung der Schuldenbremse. Sind die Unternehmer auf Ebene des Bundes nur zu 51 Prozent für eine Veränderung der Schuldenbremse, so sieht es für das Land Brandenburg ganz anders aus. Hier halten 85 Prozent der Umfrageteilnehmer die Lockerung der Schuldenbremse für einen richtigen Weg zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen.
Zu guter Letzt wurde nach geeigneten Dialogformaten mit der Politik gefragt. Die eindeutige Präferenz liegt dabei in regelmäßigen Dialogrunden auf Landesebene (62 Prozent) und einer Bündelung der Interessen durch eine aktive Verbandsarbeit (52 Prozent). Auch die Bundesebene kam hier ins Spiel: 39 Prozent sehen in diesem Rahmen Dialogrunden zwischen der Branche und politischen Entscheidern als wichtige Plattform.
Informationen zum pro agro-Branchenbarometer: Von den rund 550 zum Jahreswechsel 2024/2025 angeschriebenen Unternehmen haben sich 77 aktiv an der Online-Befragung beteiligt. 52 Prozent der teilnehmenden Betriebe erwirtschaften bis zu einer Million Euro Jahresumsatz, 21 Prozent bis zehn Millionen Euro und 26 Prozent verteilen sich auf Umsatzgrößen von bis zu 25 Millionen Euro bzw. bis zu über 75 Millionen Euro. Rund 40 Prozent beschäftigen weniger als sechs Mitarbeiter, 29 Prozent haben über 50 Beschäftigte, davon 21 Prozent mehr als 100 Mitarbeiter. Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf Repräsentativität, beschreibt aber ein belastbares Meinungs- und Stimmungsbild der Brandenburger Ernährungswirtschaft. 79 Prozent der Umfrageergebnisse kommen direkt von pro agro-Mitgliedern.