Mit seinem FairMast-Konzept hat der Geflügelfleisch-Anbieter Plukon neue Maßstäbe gesetzt – auch in Brandenburg, wo es vor ziemlich genau vier Jahren eingeführt worden ist. Tierwohl und Nachhaltigkeit stehen dabei im Vordergrund, ergänzt und verstärkt durch die Partnerschaft mit dem Deutschen Tierschutzbund und die Kooperation mit ausgewählten Geflügelzüchtern. Heute entscheidend ist jedoch, dass das ehrgeizige und aufwendige Programm im Markt angekommen und vom Handel wie von den Verbrauchern angenommen worden ist. Die Bilanz einer Erfolgsgeschichte.
„Die Vermarktung war anfangs alles andere als leicht“, erzählt Marketingleiterin Ulrike Rücker (Foto). „Der Verbraucher musste erst lernen, warum er jetzt für das Hähnchen mehr bezahlen soll. Doch die Akzeptanz und die Verkaufszahlen sind kontinuierlich gestiegen.“ Eine wichtige Rolle habe dabei der Handel gespielt, da er sich – vom Vollsortimenter bis zum Discounter – zunehmend dem Tierwohl verpflichtet fühle. „Davon hat unser Konzept natürlich auch profitiert“, ergänzt sie.
Das 2019 in Brandenburg eingeführte FairMast-System stützt sich im Wesentlichen auf folgende Maßnahmen: weitläufige Ställe mit Bewegungsfreiheit, Ruheflächen und Beschäftigungsmaterial; langsames Wachstum der Hähnchen, das heißt maximal 45g durchschnittliche Gewichtszunahme proTag; gentechnikfreies, hochwertiges Getreidefutter, hauptsächlich aus regionalem Anbau; Aufzucht nach den strengen Vorgaben des Deutschen Tierschutzbundes, kontrolliert von unabhängigen Zertifizierungsstellen nach den Tierschutz-Kriterien der Einstiegsstufe.
In den wenigen Jahren seit 2019 hat sich das Schlachtvolumen in Storkow verzehnfacht, nämlich von seinerzeit 10.000 auf heute rund 100.000 Tiere pro Woche. Allein diese Zahlen sind ein deutliches Signal dafür, wie grundlegend und positiv sich ökologisches Bewusstsein und entsprechendes Einkaufsverhalten der Verbraucher verändert haben. Die Tiere stammen ausschließlich von Landwirten aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (kurze Transportwege!), werden in den Haltungsstufen zwei und drei gezüchtet und im Lebensmittelhandel entsprechend vermarktet.
„Mit allen Landwirten, die uns beliefern, haben wir persönliche Kontakte“, betont Ulrike Rücker. So schwärmt der Plukon-Außendienst in regelmäßigen Abständen aus, besucht die Partnerbetriebe und macht sich ein Bild von der Tierhaltung vor Ort. Dabei geht es nicht allein um Kontrolle; ein wichtiges Element dieser Besuche ist auch die Betreuung bzw. Beratung der Züchter – egal, ob es um Stallgestaltung oder Investitionsplanung geht.
„Die Landwirte werden von uns nicht alleingelassen“, umschreibt die Marketinchefin die partnerschaftliche Zusammenarbeit und fügt hinzu: „Da wir mit einer überschaubaren Zahl von Betrieben kooperieren, können wir mit ihnen auch persönliche Kontakte pflegen“. Die offizielle Kontrolle der 20 Betriebe obliegt allerdings in regelmäßigen Abständen den vom Tierschutzbund akkreditierten Zertifizierungseinrichtungen oder, in Sachen Tiergesundheit, den Tierärzten, was insbesondere vor der Schlachtung geschieht.
Auch in Storkow hat sich die gegenwärtige Krisensituation bemerkbar gemacht: Die Verbraucher halten eher ihr Geld zusammen. Aber das ist aus Sicht des Unternehmens nur eine Momentaufnahme und kein Trend auf lange Sicht. Die Lage beruhige sich wieder, heißt es, das gesamte Konzept werde ohnehin nicht in Frage gestellt. „Deshalb wird es bei uns auch kein Zurück auf die rein konventionelle Methode geben. Wir wollen weg vom Mehr und hin zum Besser“, fasst Ulrike Rücker zusammen.
Dieser Überzeugung wurde auch die Arbeitsorganisation des Unternehmens angepasst: Der Betrieb in Storkow zählt derzeit 650 Mitarbeiter – über 200 mehr als noch vor einem Jahr. Darüber hinaus hat man vor kurzem eine Menge Geld in die Hand genommen und in die Logistik bzw. Lagertechnik investiert: zum Beispiel in Palettier-Roboter zum Sortieren, Bestücken und Kommissionieren der Ware oder in fahrerlose Transportsysteme sowie automatisches Wiegen und Etikettieren. Solche kostenintensiven Maßnahmen kompensieren einerseits den akuten Fachkräftemangel und optimieren andererseits die Logistik, also auch die Lieferqualität für den Handel.
In den Kühlregalen bzw. -truhen der Handelskunden sind die Fair-Mast-Produkte nämlich in der Regel mit deren jeweiligen Eigenmarken vertreten. Das erfordert ein individuelles, also differenziertes Branding der Verpackungen – ein Kraftakt bei flächendeckender Listung, wie man sich vorstellen kann. Und nicht nur das: Auch das Warenangebot wird differenzierter. Denn derzeit, so die Marketingchefin, kaufen die Verbraucher nicht mehr nur Brustfilets, sondern auch die etwas preisgünstigeren Schenkel. Das erhöht zwar den Verarbeitungs- und Logistik-Aufwand für’s Unternehmen, aber: „Wir begrüßen das sehr, da die Verwendung des ganzen Tiers viel nachhaltiger ist.“