Mit Fingerspitzengefühl und dem richtigen Riecher zum Erfolg
Der Mühlenstandort Luckenwalde ist schon Jahrhunderte alt. Insgesamt 13 Windmühlen gab es hier vor langer Zeit – kein Wunder, da in dieser Region immer ein Lüftchen weht, das die Mühlenflügel in Bewegung setzte oder hielt. Am Orts-rand wurde 1925 aus der Windmühle eine Motormühle erbaut und neun Jahre später vom Müllermeister Georg und seiner Frau Marie Steinmeyer, den Großeltern der heutigen jungen Müllermeisterin Karin Steinmeyer, gekauft. Deren Vater Winfried Steinmeyer führte das Unternehmen seit 1970 mit müllerischem Sachverstand durch die verschiedenen wirtschaftlichen Systeme. Nach dem nächsten Generationenwechsel 2013 hat sich die Mühle vom Mehllieferanten zur innovativen Produktmanufaktur weiterentwickelt.
Hier ist im wahrsten Sinne des Wortes alles Handwerk. Während die Produktion industrieller Großmühlen von Computern gesteuert wird, bringt Karin Steinmeyer mit flinker Bein- und Handarbeit die jetzige Mühle in Schwung. Denn bevor sich die Mahlwerke in Bewegung setzen, ist erst mal sie selbst in Bewegung: Sie eilt eine enge Stiege ins Untergeschoss hinunter, um den Strom einzuschalten; kommt wieder herauf und justiert die Maschinen mit wuchtigen Hebeln, die an die Lkw-Schalt-knüppel früherer Zeiten erinnern; erklimmt die nächste Stiege nach oben und beobachtet den Plansichter in Aktion (dort wird das Mahlgut mit horizontal kreisenden Bewegungen sortiert); steigt wieder herab und überprüft im Mahlwerk per Hand die Konsistenz des Mahlguts und so weiter.
Zum Handwerk Karin Steinmeyers gehört neben der Motorik des Mahlens die Sensorik des Sehens, Riechens und Fühlens. Das braucht viel Fingerspitzengefühl, was nicht nur gut für die Beurteilung des Mahlguts, sondern auch wie ein Seismograf für die Bewegungen des Marktes funktioniert. Die Müllermeisterin hat ein sehr feines Gespür dafür. „Wir müssen immer ganz nah an den Verbraucherwünschen sein“, so ihr Credo und: „Die Konsumenten wollen nicht immer dasselbe haben, sie sind neugierig und experimentierfreudig.“ Das betreffe nicht nur den Geschmack von Produkten, sondern auch Gesundheit und Wohlbefinden des Körpers. So habe sie vor ein paar Jahren begonnen, mit Gelbweizen in Bioqualität zu arbeiten. „Den kannte man hier gar nicht, aber die Nachfrage nach solchen Produkten ist kontinuierlich gestiegen“, erzählt sie.
Das Sortiment besteht derzeit aus vier Gruppen, und zwar
Mehle: Roggen, Dinkel und Weizen in allen Typen (von hell bis Vollkorn);
Brotbackmischungen: aus Roggen- und Dinkelmehlen in verschiedenen Sorten (ohne Weizen);
Backschrote: Roggen, Dinkel und Weizen (von fein bis grob);
Glutenfreie Produkte: Quinoa-, Buchweizen- oder Hirse-mehl, Aramanth-Waffelteig, basisches Müsli, Powerriegel.
Ganz neu auf dem Markt sind das (entschlackende) „Fastenbrot“ aus Quinoa- und anderen Mehlen sowie die Powerriegel, die aus dem glutenfreien basischen Müsli entwickelt worden sind. Das basische Müsli ist durch die Anfrage eines nahegelegenen Sportstudios entstanden. Es ist bei den Anwendern so gut angekommen, dass man auch „Muckibuden“ aus entfernterer Umgebung als Kunden gewinnen will. Das leicht nussige basische Müsli eignet sich darüber hinaus zur Bearbeitung der Tortenränder. Das bringt natürlich viele neue Ideen für Bäckereien und Tortenmanufakturen mit sich. „Ich habe erst in den letzten Jahren gelernt, wie reich unsere Möglichkeiten sind, die verschiedensten Mehle für vielfältige Anwendungen herzustellen“, sagt Karin Steinmeyer, die neben ihrer Kreativität über ein gewichtiges Alleinstellungsmerkmal verfügt: Sie ist die einzige weibliche Mehlmüllerin in Brandenburg, die täglich Mehle herstellt und immer ein bisschen Mehlstaubglitzer im Haar trägt.
Alle Produkte werden über den eigenen Mühlenladen direkt vermarktet. Das komplette Sortiment ist auch bei einigen selbstständigen Edeka-Kaufleuten Brandenburgs gelistet, für die das Unternehmen eigens ein Regal entwickelt hat, in dem das gesamte Mühlen-Sortiment Platz hat. Die Mehle wiederum werden hauptsächlich an Bäckereien geliefert. Natürlich hat die Müllermeisterin auch ein Auge auf den lukrativen Berliner Markt geworfen. Doch Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. „Die Liefermengen könnten wir zwar darstellen, aber wir passen auf, dass wir uns nicht übernehmen“, meint sie. Man setzt eben auf organisches Wachstum. Der Gedanke, die Kapazitäten zu erhöhen und eine leistungsfähige Verpackungslinie aufzubauen, ist durch die Coronakrise und den erhöhten Mehlbedarf für Produkte ohne Konservierungs- und Behandlungsmittel absolut vorhanden und hat den Weitblick der Müllermeisterin im erstellten Fortführungskonzept bestätigt. Dann könnte die Mühle – über Edeka hinaus – größere Mengen an weitere Lebensmittelhändler liefern und auch den Berliner Markt mit gesunden Steinmeyer-Mehlen aus dem Land Brandenburg dauerhaft gut bedienen.
Kontakt:
Mühle Steinmeyer
Ruhlsdorfer Chaussee 26
14943 Luckenwalde
Tel. 03371 610770
info@muehle-steinmeyer.de