Vor ziemlich genau 24 Jahren hat Sascha Philipp (Foto) seinen Traum wahr gemacht: Der gelernte Landwirt aus Witten/Ruhr erstand 1999 im Brandenburger Spreewald einen landwirtschaftlichen Betrieb – also in der Gegend, wo er Jahre zuvor eine Ausbildung zum Landwirt absolviert hatte. Nach weiteren Lehr- und Wanderjahren ist er in die Region zurückgekehrt, wo er sich nicht nur in den Reiz der Landschaft verguckt, sondern das Konzept der arbeitsteiligen Landwirtschaft kennen- und schätzen gelernt hatte. Seine Wiege stand eigentlich, wie es sich im Kohlen-Pott gehört, in einer Bergbau-Familie, die aber eines Tages dem Knochen-Job den Rücken kehrte und als Seiteneinsteiger einen landwirtschaftlichen Betrieb mit biologisch- dynamischer Produktionsweise aufbaute. Damals war Sascha im besten Knabenalter.
Heute, im besten Mannesalter, lebt der gestandene Landwirt mit eigener Familie und seinen Eltern also im Spreewald, genauer: auf dem Landgut Pretschen. Gut 40 Mitarbeiter gehen ihm zur Hand, um 820 Hektar Ackerland, Weideland und Wald zu bewirtschaften. Nicht zu vergessen das mit zwei Hektar größte Bio-Gewächshaus Brandenburgs, das in wechselnder Folge unterschiedlichen Pflanzen sommers wie winters ein Dach über dem Kopf bietet (Tomaten, Gurken, Salate und vieles mehr). Er ist mit ungebrochener Begeisterung am Werk, um mit seinem Team nach den Vorgaben der Demeter-Bewegung die 520 Rinder (davon 240 Milchkühe) zu versorgen und die landwirtschaftlichen Flächen zu bearbeiten – auch jetzt, in den Hoch-Zeiten der Ernte und unter den klimatisch bedingten Verwerfungen wie Hitze und Trockenheit.
Wer landwirtschaftliche Produkte unter dem Demeter-Siegel erzeugt und vermarktet, muss sich besonderen Herausforderungen stellen: Da geht es nicht nur darum, nach den strengen Regeln des Verbandes zu wirtschaften – Regeln, die weit über die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung hinausgehen. Darüber hinaus ist es unerlässlich, ein funktionierendes Netzwerk von gleichgesinnten Absatzpartnern aufzubauen, zu pflegen und zu erweitern.
Wenn Sascha Philipp von seinen Produkten spricht, dann fällt das Stichwort „ehrliche „Ware“. Das bedeutet mit Blick auf den Gemüseanbau, dass die Pflanzen ohne Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel aufwachsen. Mit dem Effekt, wie er sagt, „dass unsere Tomaten und Gurken einen natürlichen, kräftigen Geschmack haben und – bildlich gesprochen – einem nicht das Wasser im Munde zusammenläuft“. Die Fleisch- und Wurstprodukte wiederum zeichnen sich qualitativ dadurch aus, dass die Tiere artgerecht gehalten und nur 25 km entfernt geschlachtet werden. „Der Wurst geben wir neben den Gewürzen keine Geschmacksverstärker oder sonstigen Zusatzstoffe bei“, betont er.
Während die Milch komplett ans Ökodorf Brodowin zur Weiterverarbeitung geliefert wird, werden das Gemüse und Spezialitäten wie Leinöl und Leindotteröl über den Großhandel vermarket, und zwar ausschließlich an den Naturkostfachhandel oder an Vertreiber von Bio-Abokisten. Der Löwenanteil des Sortiments wird in Brandenburg/Berlin ausgeliefert; ein paar Touren gehen auch bis hoch an die Ostsee oder runter nach Sachsen. In diesem Sinne versteht Sascha Philipp sich und seinen Betrieb als integriertes Glied einer regionalen Wertschöpfungskette, obwohl es „keine leichte Übung ist, den gesamten Prozess vom Anbau über die Ernte und Verarbeitung bis zur Marktreife in einer Hand zu behalten. Das ist nicht ohne Risiko, aber ich stehe dazu,“ sagt er.
Neben dem Naturkost- und Abokisten-Handel hat das Landgut auch ein festes Vermarktungs-Standbein in der regionalen Gastronomie. Viel Freude bereitet dem Unternehmer ferner der Direktvertrieb im eigenen Hofladen. „Hier handelt es sich praktisch um einen Vollsortimenter, dessen Angebot nicht allein aus unseren Produkten gespeist wird. Zum Frische- kommt das Trockensortiment von anderen Anbietern aus der Region“, sagt er. Der Tante-Emmaladen auf Bio-Basis hat sich als Nahversorger auf dem Land also voll bewährt.
Dessen ungeachtet wird derzeit am Aufbau eines Online-Shops samt Lieferdienst gearbeitet, um Land- und Stadtkunden künftig auch digital zu erreichen. Gern würde Sascha Philipp auch im klassischen Lebensmitteleinzelhandel präsent sein – wenn auch nicht flächendeckend in Brandenburg und Berlin, so doch im unmittelbaren Umfeld auf lokaler Ebene. Entscheidend sei hier, dass er die entsprechenden Mengen auch vorhalten und liefern kann. Die ersten Gespräche laufen bereits, sagt er und fügt hinzu: „Das generelle Problem hier auf dem Lande ist, dass die Nachfrage zwar da ist; aber es gibt keine Bioläden. Deshalb versuchen wir, mit dem lokalen bzw. regionalen klassischen LEH ins Geschäft zu kommen.“