Realschule, Zimmermann-Lehre, Abitur auf dem zweiten Bildungsweg, Studium mit Abschluss Bauingenieur. So sahen die Lehrjahre des Brandenburger „Gewächses“ Tobias Fahlberg aus. Das war die Pflichtübung. Doch sein eigentlicher Sehnsuchtsort war und ist die Landwirtschaf, also quasi als „Kür“. Die hat er zwischendrin absolviert, z.B. nach dem Schulabschluss als Spargelstecher auf den Äckern Brandenburgs oder nach dem Studium als Mitarbeiter auf den Feldern Marokkos. Zwei Jahre hat er in dem nordafrikanischen Land verbracht, hat dort geheiratet und ist mit seiner Frau Khadija nach Brandenburg zurückgekehrt. Nach einem kurzen Zwischenspiel als Bauingenieur hat er sich wieder seiner Passion zugewendet: Seit 2018 baut er die Knollen des Safrankrokus an, erntet, bearbeitet und vermarktet das edle Gewürz in Handel und Gastronomie.
Es hört sich an wie eine etwas schräge Idee, Safran in Brandenburg anzubauen, eine Pflanze also, die üblicherweise in wärmeren Ländern wie Iran, Indien, Marokko oder Spanien gedeiht. „Keineswegs“, entgegnet Tobias Fahlberg, „in Brandenburg ist es in den vergangenen spürbar wärmer geworden, so dass die Pflanze in unseren Breitengraden besser wächst als früher“.
Um auf der sicheren Seite zu sein, hat er erst mal unterschiedliche Knollen ausprobiert; für den Feldversuch mussten eine gepachtete Ackerfläche von 1.500 qm sowie eine Ecke in Mutters Garten reichen. Ergebnis: Der Safran fühlt sich in den schweren Böden am Rande des Oderbruchs sichtlich wohl.
„Labortests haben bestätigt“, schreibt die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg, die mit dem Start-up eine Investitionspartnerschaft eingegangen ist, „dass die Qualität des Safrans in der ersten und damit besten Güteklasse liegt“. Na, wer sagt’s denn! Labortests und Partnerschaft haben schließlich dazu geführt, dass das derzeit aus zwei Mitarbeitern bestehende Familienunternehmen (das Ehepaar Fahlberg) die Anbaufläche kontinuierlich auf rund einen halben Hektar vergrößert hat.
In Deutschland gibt es nur wenige Vermarkter von Safran; das „wertvollste und teuerste Gewürz der Welt“, wie der Jungunternehmer sagt, wird in der Regel aus den Erzeugerländern importiert und als getrocknete Stempelfäden oder Pulver verkauft – meist in Kleinstmengen, weil es so teuer ist. Das hat weniger mit einem neumodischen Hype zu tun, denn schon unsere Altvorderen hantierten etwa beim Backen mit dem Gewürz. Man rufe sich nur die Zeile „Safran macht den Kuchen gehl“ des berühmten Kinderliedes ins Gedächtnis, wobei „gehl“ für „gelb“ steht.
Der knallrote Safran nimmt nämlich beim Koch- oder Backeinsatz eine gelbe Färbung an. Ansonsten punktet er weniger wegen einer auffälligen oder speziellen Aromanote, sondern vor allem als Geschmacksverstärker. Zugeschrieben werden ihm darüber hinaus etliche gesundheitsdienliche Eigenschaften: entzündungshemmend, schmerzlindernd, antioxidativ. Auch eine bestimmte Wirkkraft als natürliches Antidepressivum und sogar als Aphrodisiakum wird ihm nachgesagt. Die Produktion ist keine Geheimwissenschaft, aber sehr aufwendig, da die roten Stempelfäden der Blüten, und um die geht‘s, in mühevoller Handarbeit gezupft werden müssen.
Mit Anbau und Verarbeitung einer derart exotischen Frucht steht Tobias Fahlberg in Brandenburg allein auf weiter Flur. „Wir verstehen uns als eine Art Pionier“, sagt er. Neben diesem Alleinstellungsmerkmal kann er auf zwei weitere Markenkerne seines Safrans verweisen: Er ist bio und regional, und zwar durch und durch. Dies alles hat ihm 2022 im Rahmen des pro agro-Marketingpreises den Regionalpreis der EDEKA Minden-Hannover und damit eine Listung bei dem Händler eingebracht.
Während der diesjährigen Internationalen Grünen Woche konnte er im Zuge der von pro agro organisierten Handelsrundgänge in der Brandenburghalle einer Vielzahl von interessierten Kaufleuten sein Produkt präsentieren – nicht nur den Edekanern, sondern auch REWE und Kaufland. Wobei Fahlberg neben dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel natürlich auch weitere Absatzwege „in Arbeit“ hat: den Online-Shop zum Beispiel oder Social Media-Kanäle wie Instagram und Facebook. Nicht zu vergessen die Gastronomen, die er selbst per Strecke oder über die Plattform 2020 beliefert.