Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, dass die Bio Company eine insolvente Fleischerei in Velten übernahm, wodurch der am Boden liegende Betrieb wieder auf die Beine gestellt wurde. Am Anfang der bemerkenswerten Erfolgsgeschichte stand allerdings ein millionenschwerer Parforceritt, bei dem praktisch kein Stein auf dem anderen blieb: Die Baulichkeiten wurden den Erfordernissen eines modernen Produktionsbetriebs angepasst, der marode und veraltete Maschinenpark durch zeitgemäße Gerätschaften ersetzt, das Sortiment konsequent auf die Kundenwünsche ausgerichtet. Von Beginn an dabei und mittendrin: Thomas Schubert, Geschäftsführer der Biomanufaktur Havelland.
„Manchmal sind Umbrüche Aufbrüche“, fasst der gelernte Fleischermeister die ebenso kurze wie erstaunliche Firmengeschichte zusammen. Das knappe Statement trifft auch auf ihn persönlich zu: Vor Übernahme der insolventen Veltener Fleischerei war er Chefeinkäufer Fleisch- und Wurstwaren bei der Bio Company; deren Inhaber Georg Kaiser übertrug ihm, kaum war der Kaufvertrag in trockenen Tüchern, die Geschäftsführung der Manufaktur.
„Aufbruch“ ist nach Schuberts Verständnis kein abgeschlossener, sondern ein fortwährender Prozess: Nachdem er den Betrieb mit viel Aufwand auf Vordermann, sprich: auf den neuesten Stand der Technik gebracht hatte, begann die eigentliche Arbeit: Produktion und Vertrieb von Fleisch- und Wurstwaren. Ganze elf Mitarbeiter (einschl. Verwaltung) hatte er anfangs mit im Boot, heute sind es 60; parallel ist der Umsatz von 2,7 auf knapp 17 Millionen Euro gestiegen.
Das Sortiment besteht aus ca. 350 Artikeln: Koch-, Brüh-, Roh- und Bratwurst, Schinken und Kassler, Rind-, Schweine-, Lamm- und Geflügelfleisch. Hinzu kommen verschiedene Salate (Kartoffel-, Fleisch,- Kraut- und Geflügelsalat). Selbst ein paar italienische Importspezialitäten (Parmaschinken, Mailänder Salami oder Mortadella) stehen auf dem Vermarktungszettel. „Wir produzieren täglich ca. 2,5 Tonnen Wurst“, erzählt Schubert. Darüber hinaus wandern z.B. pro Woche bis zu einer Tonne Hähnchenbrustfilets oder pro Monat etwa 1.100 Schweinehälften bzw. rund 640 Rinderviertel über die Zerlege- und Verarbeitungstische.
Die Rohware bezieht das Unternehmen von Naturland und Biopark, zwei biozertifizierten Verbänden, die mit ebensolchen landwirtschaftlichen Tierzüchtern zusammenarbeiten und auch für die Schlachtung sorgen. „Wir würden gern in eigener Regie in Berlin/Brandenburg schlachten lassen. Doch hierzulande sind die entsprechenden Kapazitäten praktisch auf Null runtergefahren worden“, bedauert Schubert. Aber mit den beiden Verbänden habe er zwei vertrauenswürdige Partner, die ihrerseits ausschließlich Betriebe des Vertrauens in ihren Reihen hätten. Wobei das Tierwohl für ihn oberste Priorität hat. Die Schlachtbetriebe müssen IFS-zertifiziert sein und somit über eine Kameraaufzeichnung verfügen. Unabhängig davon macht er sich zwei Mal im Jahr auf den Weg zu den Aufzuchtbetrieben. „Tierreisen“ nennt er das. Da kann er sich von Tierwohl, kurzen Schlachtungswegen oder Zertifizierung der Schlachtbetriebe ein Bild machen, was ihm ein besonderes Anliegen ist.
So gesehen versteht er seine Stippvisiten weniger als Kontrollbesuche, sondern vielmehr als vertrauensbildende Maßnahmen für beide Seiten, die gleichzeitig der Kontaktpflege und -festigung dienen. Die Lieferanten sind in Brandenburg/Berlin und Mecklenburg-Vorpommern angesiedelt – mit Ausnahme der Geflügelzüchter, deren Betriebe samt und sonders in Niedersachsen liegen. Warum das? „Weil wir in unserer Kernregion leider keine Hühnerzuchtbetriebe haben, die unseren Mengenanforderungen gerecht werden können“, erklärt Schubert und fügt hinzu: „Das ist hier eine riesige Marktlücke.“
Wenn auch das Bezugsgebiet für die Rohware über die Grenzen Brandenburgs hinausgeht, nennt er das Unternehmen insgesamt als „regional aufgestellt“. Denn neben der Entfernung bezeichnet er auch Faktoren wie Transparenz, Glaubwürdigkeit oder Tierwohl als bestimmende Merkmale von Regionalität, von der Verarbeitung in Velten ganz abgesehen. Als „ehrliches Handwerk“ umschreibt er diese Einstellung, wozu selbstredend auch die Produktion zählt: ohne Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker, aber mit Naturgewürzen.
Hauptabnehmer der umfassenden Produktrange sind natürlich die Märkte der Muttergesellschaft Bio Company. Aber ein Fünftel des Sortiments vermarkten die Veltener extern an Dritte: an die Betriebsverpflegung namhafter Unternehmen zum Beispiel oder an Mensen von Studierendenwerken. Auch in mehreren Betrieben der Gastronomie/Hotellerie ist man präsent; dieser Absatzweg soll noch verstärkt werden. „Insgesamt haben wir jetzt schon rund 300 Abnehmer, die wir extern beliefern, darunter auch eine Vielzahl von Imbiss-Ständen wie z.B. Curry 36 in Berlin“, resümiert Schubert.
Die beiläufig eingestreute Bemerkung „jetzt schon“ ist ein Hinweis auf mehr. In der Tat hat sich der Veltener Fleischereibetrieb zum Ziel gesetzt, auch bei den klassischen Vollsortimentern Rewe und Edeka gelistet zu werden – allerdings unter einer anderen Marke als „Biomanufaktur Havelland“, um den Absatz der Bio Company nicht zu kannibalisieren. Deshalb arbeite man derzeit an einer neuen Wortmarke, befinde sich aber noch in der „Findungsphase“. Während der Grünen Woche bzw. der von pro agro organisierten Handelsrundgänge habe es bereits vielversprechende Kontakte mit der Edeka und Rewe gegeben. „Wir sind eben nicht nur der Hauslieferant von Bio Company“, fasst Thomas Schubert zusammen. „Der gute Mix bringt’s.“