Die Begeisterung für das Leben und Wirtschaften auf dem Lande wurde ihm in die Wiege gelegt: Uwe Schieban (Foto) ist auf dem elterlichen Hof, der seit Generationen im Familienbesitz ist, groß geworden und war dort tagein, tagaus von Nutztieren, Kartoffeläckern und Gemüsefeldern umgeben. „Ich wollte nie etwas anderes machen“, sagt der studierte Landwirt. Nach seinen Lehr- und Wanderjahren ist sein Traum Wirklichkeit geworden: Seit 2003 ist er neben Simone Hill Vorstand der Agrargenossenschaft Unterspreewald in Dürrenhofe, einem 260-Seeleen-Dorf nahe Cottbus – Land pur sozusagen.
„Das Dorf liegt am Ende der Welt“, sagt Schieban freimütig, was aber beileibe nicht heißen soll, dass man hier hinterm Mond lebt. Dafür sorgen schon allein die vielfältigen Aktivitäten der Agrargenossenschaft, die den Verbund von sieben gesellschaftsrechtlich selbstständigen Landwirtschaftsunternehmen koordiniert. Die drei Öko- und vier konventionellen Betriebe bewirtschaften 5.300 Hektar Fläche mit insgesamt ca. 4.000 Rindern. „Diese hohe Zahl von Tieren macht absolut Sinn, da mehr als die Hälfte unserer Flächen aus Grünland besteht“, erklärt er. Die Genossenschaft selbst ist im Verbund zuständig für Produktvermarktung, Hofküche und Landtechnik (Handel, Reparatur).
Die Rinder dienen der Haltung und Aufzucht von Milch- und Mutterkühen sowie der Bullenmast. Die Mütterkühe werden dabei von den Ökobetrieben gehalten, weil das Grünland im Spreewald derart strengen Bewirtschaftungsauflagen unterliegt, dass es sich lohnt, die entsprechenden Betriebe gleich als Biounternehmen zu führen. Das wiederum bringt einen ökonomischen Mehrwert bei der Vermarktung: Die höherwertigen Fleisch- und Wurstwaren leisten einen höheren Wertschöpfungsbeitrag. Die Milch wird komplett nach Ostsachsen geliefert und dort von der Molkerei Sachsenmilch Leppersdorf (einer Tochter von Müller-Milch) verarbeitet.
Im Rahmen der Genossenschaft wird ansonsten die ganze Bandbreite landwirtschaftlicher Produkte erzeugt: alle Getreidesorten sowie Mais und Sonnenblumenkerne; dazu Kartoffeln, Möhren, rote/weiße Bete und Gurken. Und natürlich Spargel, der in der Direktvermarktung neben den Kartoffeln eine große Rolle spielt. „Spargel ist hier vom Umsatz her die Nummer eins“ erläutert der Manager und ergänzt: „Wir verkaufen rund 400 Tonnen Kartoffeln direkt, bei Getreide sind es ca. 200 Tonnen.“ Wobei „Direktvermarktung“ heißt: über den Hofladen sowie auf regionalen Märkten und in der Gastronomie im näheren Umfeld.
Der Hofladen erfüllt eine Doppelfunktion: Zum einen gilt er als Einkaufs-Attraktion für die Ausflügler aus Berlin, zum anderen aber ist er – wichtiger noch – für das Dorf mangels Alternativen der Nahversorger für Güter des täglichen Bedarfs.
Auf ungefähr 500 qm Verkaufsfläche wird unter der Eigenmarke „Dürrenhofer“ eine Vielzahl von Produkten angeboten. Da findet man Fleisch- und Wurstwaren vom eigenen Rind oder Kartoffeln und Gemüse (z.B. Möhren, rote/weiße Bete, Gurken) aus eigenem Anbau und natürlich Spargel. Hinzu kommen verschiedene Mehlsorten aus eigenem Getreideanbau oder Leinöl.
Die Hofküche steuert ebenfalls zur Sortimentsvielfalt bei und ist mit den in Gläsern abgefüllten fertigen Gerichten praktisch zuständig für das Convenience-Sortiment. Hinzu kommen die Produkte etlicher Partnerbetriebe aus der Umgebung, so dass der Hofladen über ein breit gefächertes Angebot an Premiumwaren verfügt. Und nicht zu vergessen: die angegliederte, gut frequentierte Floristikabteilung. Sie bringt nicht nur naturfrische Farbe ins Spiel, sondern bessert auch die gesamte Direktvermarktungs-Bilanz auf, deren gut 1,5 Millionen Euro Jahres-Umsatz für das eher kleinteilige Geschäft schon ein Wort sind.
Solche bemerkenswerten Zahlen fallen einem natürlich nicht in den Schoß. Das heißt, wer so erfolgreich sein will, muss kräftig die Werbetrommel rühren. Die Instrumente reichen von der herkömmlichen Printwerbung über Social Media-Aktivitäten bis zu aufwändigen Live-Events. „Wir waren schon immer bei der Brandenburger Landpartie im Juni dabei“, beginnt Uwe Schieban seine beispielhafte Aufzählung. „Beim ersten Mal schauten vielleicht 20 Besucher vorbei. Heute tummeln sich 2.000 bis 3.000 Leute mit Kind und Kegel auf unserem Hof“, sagt er. Das sieht bei den anderen Hofveranstaltungen inzwischen nicht anders aus: beim Spargelanstich im April, beim Kartoffelfest im September oder beim Weihnachtsmarkt im Dezember.
Wer da meint, dass die Einwohner solche Massen-Events eher lästig (weil ruhestörend) finden – weit gefehlt: Das ganze Dorf ist da auf den Beinen und mischt kräftig mit. Wie übrigens auch der Genossenschaftschef höchstpersönlich. Denn wenn das musikalische Bühnenprogramm startet, schnappt er sich schon mal seine „Quetschkommode“ (Akkordeon), eilt auf die Bühne, spielt und singt mit.
Den größten Teil ihrer Produkte vermarktet die Agrargenossenschaft direkt: damit verbunden ist die Chance, „die Preise ein Stück weit selbst zu bestimmen“, so Schieban. Wiederverkäufer sind deshalb keineswegs außen vor: Auch der Lebensmittelgroßhandel, Hofläden und Supermärkte (Rewe, Marktkauf) in der Umgebung werden teilweise beliefert. Weitere Vertriebspartner sind durchaus willkommen. „Unser Vorteil ist, dass wir nahe an den Kunden sind. Wir wissen, was sie wollen und was ihnen schmeckt. Von diesem Wissen kann auch der Handel profitieren“, sagt er.