Wertvoller Beitrag zur Strukturentwicklung
Christoph Lehmann (Foto) war 28 Jahre alt und frisch gekürter Absolvent eines Landwirtschafts-Studiums an der Berliner Humboldt-Universität, als er vor gut zehn Jahren einen LPG-Nachfolgebetrieb mit Mastschweine- und Milchkuhhaltung übernahm. Mit im Gepäck hatte er eine klare Vorstellung von dem, was er daraus machen wollte: einen praktisch autarken Rindermastbetrieb mit artgerechter und nachhaltiger Tierhaltung sowie eigener Schlachtung und Verarbeitung; der größte Teil der Wertschöpfungskette sollte auf dem Hof selbst entstehen. Zug um Zug hat er seine Vision verwirklicht.
„Was seinerzeit mit der bewussten Abschaffung von Schweinemast und Milchproduktion begann, ist heute ein Unternehmen, das ausschließlich Rindfleisch produziert und dessen Fokus auf Produktqualität sowie den richtigen Umgang mit Boden und Tier liegt“, fasst Inhaber und Geschäftsführer Lehmann zusammen. Seine 18 Mitarbeiter bringen ihre fachliche Expertise in alle relevanten „Gewerke“ ein: Pflanzenanbau und Futterherstellung, Rinderzucht, Schlachtung und Fleischveredelung, Direktvermarktung und Verwaltung.
Die ca. 850 ha Fläche dienen dem Ackerbau (650 ha) und der Grünlandbewirtschaftung (200 ha). „Wir verbinden konventionelle und umweltverbundene Methoden mit dem Ziel, unser größtes Kapital, den Boden, in seinem Leben und seiner Fruchtbarkeit nachhaltig zu fördern“, so Lehmann. Der Ackerbau steht dabei für Weizen, Mais, Raps, Gerste, Roggen und Dinkel, wobei der Mais komplett als Winterfutter und ein kleiner Teil des Getreides als Kraftfutter für die Rinder dient; der Löwenanteil wird als Marktfrüchte an den Getreidehandel und an Mühlen verkauft.
Die Grünlandbewirtschaftung wiederum setzt in der Vegetationszeit ein und funktioniert nach den Prinzipien der „Umtriebsweidewirtschaft“. Hier leben die Tiere, aufgeteilt in drei Herden, ausschließlich in Freilandhaltung und bekommen „portionsweise“ unterschiedliche Weiden zum Abfressen zugeteilt. „Umtrieb“ heißt: Wenn eine Koppel abgehütet ist, geht’s zur nächsten. Und im Laufe der Vegetation, wenn das Gras wieder nachgewachsen ist, kommen die Tiere schließlich dort an, wo der Futter-Kreislauf begonnen hat. Die kalte Jahreszeit verbringen die Rinder auf einer Winterkoppel.
Die Tiere der Rasse „Uckermärker“ leben also von der Geburt bis zur Schlachtung stressfrei vor Ort. „Das ist eine runde Sache“, sagt Lehmann und ergänzt: „Wir wollen schließlich was von den Tieren und nicht umgekehrt. Da kann man ihnen das Leben und Sterben so angenehm wir möglich machen.“ Die Rede ist hier von etwa 600 Rindern, darunter 200 Mutterkühe und etliche Zuchtbullen, die für den Nachwuchs zuständig sind.
Geschlachtet wird im eigenen Schlachthof, der 2019 auf dem Betriebsgelände errichtet worden ist. Die gereiften Rinderviertel werden verarbeitet zu Frischfleisch in diversen Zubereitungsformen (vom Filet über Rouladen bis zu Spare Ribs), zu Schinken und Wurst (frisch oder in Gläsern) sowie zu Convenienceprodukten (Soljanka und Tafelspitz hausgemacht). Versteht sich, dass auf den Einsatz von Geschmacksverstärkern, Farbstoffen oder sonstigen produktverfälschenden Zusätzen verzichtet wird; verwendet werden ausschließlich Naturgewürze.
Vermarktet werden die Produkte unter dem Label „Bergsdorfer Wiesenrind“, und zwar über den eigenen Hofladen, die Gastronomie, Fach- und Feinkostgeschäfte sowie über ausgewählte Supermärkte von EDEKA und ab August von REWE. Darüber hinaus nutzen die Bergsdorfer die „Marktschwärmer“ als speziellen Vertriebsweg (Online-Bestellung mit persönlicher Abholung an festen Ausgabepunkten, siehe auch das Interview im pro agro-Newsletter 06/2022).
Insgesamt erfüllt das Gesamtkonzept von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zur Vermarktung schon heute essenzielle Anforderungen an die Ernährungsbranche: Tierwohl, Schonung der Umwelt und Nachhaltigkeit. Mehr noch: Das Unternehmen leistet einen wertvollen Beitrag zur Strukturentwicklung im Landkreis Oberhavel, zum Beispiel durch Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen sowie durch Generierung eines entsprechenden Steueraufkommens.