pro agro-Branchenbarometer: Die Lage bleibt angespannt!
Datum: 19. September 2024
Brandenburgs Lebensmittelerzeuger und -produzenten zeichnen weiter ein düsteres Bild ihrer Lage, wenn auch das Urteil über die Geschäftsaussichten für den Rest des laufenden Jahres um Nuancen freundlicher ausfällt als im Januar 2024 für das gesamte Jahr. Das ändert nichts daran, dass die Stimmung generell weiter pessimistisch ist. Kein Wunder, dass die Appelle der Unternehmen an die Politik nichts an Dringlichkeit verloren haben – auch und gerade im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg (22. September 2024). Nachfolgend berichten wir über die wichtigsten Ergebnisse der pro agro-Onlinebefragung vom Juli-August 2024, die vor kurzem veröffentlicht worden sind.
Die jüngst erhobenen Daten für die Geschäftsaussichten im zweiten Halbjahr 2024 zeigen, dass die Stimmung in den Unternehmen der Ernährungswirtschaft nach wie vor miserabel ist. Mag sein, dass die positiven Erwartungen mit 25 Prozent leicht gestiegen sind und die Zahl der negativen Prognosen mit 32 Prozent im Vergleich zum Beginn des Jahres abgenommen haben (vgl. Ausgabe 01-02/2024 des Newsletters). Doch Zuversicht sieht anders aus. Denn 43 Prozent der Befragten geben jetzt zu Protokoll, dass sie ihre Meinung nicht geändert haben, also mehrheitlich negativ in die Zukunft blicken.
Als Hauptgründe für diese Lagebeurteilung werden die anhaltend hohen Kostenbelastungen bei Löhnen/Gehältern sowie Rohstoff- und Energiepreisen genannt; das sagt deutlich über die Hälfte aller Befragten. Von einem Drittel der Befragten werden weiter zurückgehende Absatzmengen beklagt. Nach positiven Tendenzen für die Erzeugerpreise befragt, glauben 49 Prozent, dass keine Veränderungen zu erwarten sind, 39 Prozent hoffen auf einen leichten Anstieg.
Dazu pro agro-Geschäftsführer Kai Rückewold: „Es gibt nach wie vor mehr Verlierer als Gewinner in der Inflationskrise, selbst wenn einige Unternehmen bei den Absatzmengen wieder ein kleines Plus vermerken. Für die Mehrheit der Unternehmen ist die Lage aber unverändert: Die Kosten sind hoch, Absatz und zu erzielende Preise stagnieren. Es wird also von der Substanz gelebt oder gespart, wo es nur geht. Das Hauptaugenmerk muss daher auf Absatzförderung liegen, um das Marktgewicht für regionale Produkte zu stützen.“
Angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg hat pro agro die Lebensmittelproduzenten exklusiv befragt, was sie von den politischen Entscheidern nach dem 22. September erwarten. Hier ein Auszug aus dem „Wunschzettel“:
- Reduzierung der bürokratischen Lasten (49 Prozent)
- Offensive der Landesregierungen in Berlin/Brandenburg zur Stärkung des Selbstversorgungsgrades (45 Prozent)
- Bessere Förderangebote für Investitionen ohne KMU-Barrieren (44 Prozent)
- Weitere finanzielle Unterstützung der Verbraucherkampagne für regionale Produkte (43 Prozent).
Ein weiteres aufschlussreiches Ergebnis der Befragung ist, dass die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) bei den Lebensmittel-Produzenten noch nicht in der Breite angekommen ist. 70 Prozent der Unternehmen haben bisher keine Berührungspunkte; 30 Prozent berichten zwar von ersten Anwendungen, allerdings hauptsächlich nur bei Textverarbeitung, Korrespondenz und Werbung. In Prozessen der Produktion, des Vertriebs oder der Personalplanung kommt KI indessen kaum vor (alle Werte unter 20 Prozent). Verankert ist das Thema überwiegend bei den Inhabern und in der Geschäftsleitung; bei den Nichtanwender fehlen Ideen für die praktische Anwendung oder das Wissen über die Vorteile von KI.
Zu den wirtschaftlichen Sorgen zählt bei 44 Prozent der Unternehmen nach wie vor der Arbeitskräftemangel. Hauptsorge ist nach wie vor die Stabilisierung der Personaldecke in den Bereichen Hilfskräfte und Fachpersonal in der Produktion (je 59 Prozent). Allerdings geben auch 37 Prozent der Unternehmen Engpässe beim Verkaufspersonal an. Und was tun die Unternehmen, um Personal zu gewinnen? 56 Prozent sagen, dass neue Mitarbeiter über bereits vorhandene Mitarbeiter geworben werden. 50 Prozent wählen Stellenangebotsoffensiven als wichtigen Punkt aus. Dabei nennen 79 Prozent der Unternehmen Social-Media als Hauptrekrutierungsplattform, gefolgt von der eigenen Unternehmenswebseite (68 Prozent). Im öffentlichen Raum werden Plakate/Aushänge (36 Prozent) und Zeitungen (29 Prozent) genutzt.
Viele Unternehmen glauben, dass ein starker Hebel bei einer Verbesserung der Angebote zur beruflichen Integration durch die Arbeitsagentur liegen könnte. Jeweils 28 Prozent wünschen sich mehr überbetriebliche Schulungs- und Fortbildungsinitiativen der Branche und eine Landeskampagne zur Imageförderung von Arbeitsplätzen in der Land- und Ernährungswirtschaft.
Informationen zum pro agro Branchenbarometer
Rund 550 Unternehmen wurden an der Online-Befragung beteiligt, 111 Unternehmen haben mitgemacht: davon sind über 50 Prozent als GbR, GmbH, OHG oder KG organisiert, der andere Teil besteht aus KMUs und Einzelunternehmen. Das Branchenbarometer hat keinen Anspruch auf wissenschaftliche Repräsentativität. Über 60 Prozent der Umfrageergebnisse kommen direkt von pro agro–Mitgliedern.
Hinweis: Die Grafiken zur Umfrage können Sie hier herunterladen: